(Weitergeleitet von Herzschwäche)
Synonym: Herzschwäche
Englisch: congestive heart failure, heart failure
Eine Herzinsuffizienz liegt vor, wenn das Herz unfähig ist, das vom Organismus benötigte Herzzeitvolumen bei normalem enddiastolischen Ventrikeldruck bereit zu stellen.
Nach WHO ist die Herzinsuffizienz als verminderte körperliche Belastbarkeit aufgrund einer ventrikulären Funktionsstörung definiert.
Es handelt sich um ein klinisches Syndrom unterschiedlicher Ätiologie.
In einigen Fällen bleibt die Ursache der Herzinsuffizienz unbekannt.
Eine Herzinsuffizienz wird nach ihrem klinischen Schweregrad in 4 NYHA-Stadien eingeteilt:
Weiterhin kann die Herzinsuffizienz nach der AHA (American Heart Association) in 4 Stadien eingeteilt werden:
Eine etwas gröbere Einteilung erfolgt in:
Je nachdem, welcher Teil des Herzens betroffen ist, unterscheidet man:
Eine Herzinsuffizienz entsteht, wenn die Pumpleistung nicht mehr ausreicht, um sich selbst und extrakardiale Organstromgebiete adäquat mit Blut, Sauerstoff und Substraten zu versorgen. Kompensatorisch werden verschiedene Adaptationsmechanismen angeschaltet, mit denen es gelingt, vorübergehend das erforderliche Herzminutenvolumen aufrechtzuerhalten. Bei chronischer Aktivierung tragen diese Mechanismen jedoch zur Progression der Herzinsuffizienz, wobei ein Circulus vitiosus entsteht.
Die chronische Herzinsuffizienz wird in den meisten Fällen durch eine Verminderung des kontraktilen Herzmuskelgewebes verursacht. Histologisch sieht man einerseits ein krankhaftes Wachstum einzelner Herzmuskelzellen (myozytäre Hypertrophie), andererseits einen gesteigerten Zellverlust (myozytäre Apoptose).
Sympathikusaktivierung und Katecholaminausschüttung führen anfangs zur Steigerung der Herzfrequenz und der Kontraktionskraft. Mit zunehmender Herzinsuffizienz steigt der Noradrenalinspiegel an. Gleichzeitig vermindert sich die Zahl der kardialen Betarezeptoren (Downregulation). Noradrenalin wirkt dadurch am Herzen immer weniger inotrop, erhöht aber den peripheren Widerstand (Afterload).
Die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems führt über eine erhöhte Produktion von Angiotensin II zur Vasokonstriktion und damit zur Erhöhung der Vorlast. Dieser Effekt wird durch Aldosteron verstärkt, das eine Natrium- und Wasserretention bewirkt.
Die Aktivierung von ADH (Vasopressin) führt ebenfalls zu einer Wasserretention und damit zu einer Erhöhung der Vorlast.
In späteren Krankheitsstadien führen diese hilfreichen neuroendokrinen Kompensationsmechanismen allerdings zu einer Verschlechterung der hämodynamischen Situation der Herzinsuffizienz und somit zu einem "Circulus vitiosus", welcher therapeutisch unterbrochen werden muss.
Die Natriuretischen Peptide (NP) sind die wichtigsten Gegenspieler des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS). Mit ihrer Hauptfunktion, der Reduktion des Plasmavolumens und der Senkung des Blutdrucks, schützen sie das gesunde Herz vor einer übermäßigen Volumen- und Druckbelastung. NPs werden z.B. bei erhöhtem Druck und durch Überdehnung der Vorhöfe ausgeschüttet. BNP ist daher bei Herzinsuffizinz ein guter Parameter zur Diagnosesicherung und Prognoseabschätzung. Dieser Wert kann allerdings auch durch andere Faktoren vermehrt (Adipositas mit BMI > 30) oder vermindert (Niereninsuffizienz, COPD, Myokarditis) sein. Deswegen sind immer Anamnese, Klinik und Echobefund mit zu beurteilen.
Unter Remodelling versteht man molekulare, biochemische und zelluläre Mechanismen, die nach einer Schädigung des Herzens seine Struktur und Funktion verändern.
Die Symptomatik der Herzinsuffizienz ist vielseitig. Unter anderem zählen dazu:
Betroffene schlafen häufig auf Grund von Atembeschwerden in einer erhöhten Kopflage
Diagnostik einer eventuellen
Blutuntersuchungen werden nur benötigt, um Ursachen und Komplikationen der Herzinsuffizienz (z.B. Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz oder Elektrolytstörungen) und mögliche Nebenwirkungen der Therapie erkennen zu können.
Seit Anfang des 21. Jahrhunderts steht mit der Bestimmung der Plasmakonzentration des brain natriuretic peptide (BNP bzw. NT-proBNP) ein Test zur Verfügung, der auch in der Alltagsroutine für die Diagnostik einer Herzinsuffizienz hilfreich sein kann. Je nach Ausmaß der Herzinsuffizienz sind die Werte mäßig bis stark erhöht, während niedrig normale BNP- oder NT-proBNP-Spiegel bei einem unbehandelten Patienten eine Herzinsuffizienz weitgehend ausschließen. Der Normbereich ist vom Alter und Geschlecht abhängig. Die Messung des BNP zur Differentialdiagnose und Verlaufskontrolle der Herzinsuffizienz ist inzwischen in die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und Kinderkardiologie eingeflossen.
Außerdem steigt mit zunehmender Herzinsuffizienz der Plasmaspiegel des Noradrenalin an und korreliert mit einer Prognoseverschlechterung.
Untersuchungsverfahren | Begründung |
---|---|
Blutbild |
|
Harnstoff und Kreatinin |
|
Elektrolyte |
|
y-GT (ggf. GOT, GPT) |
|
TSH |
|
Gesamteiweiß, Albumin |
|
Blutuntersuchungen, die für seltenere und speziellere Fragestellungen eingesetzt werden können: | |
Glucose |
|
CK, LDH, Troponin |
|
Cholesterin, HDL, LDL |
|
Virustiter |
|
Autoantikörper |
|
Ferritin |
|
Die nicht-medikamentöse Basistherapie der Herzinsuffizienz besteht aus einer Reihe von Allgemeinmaßnahmen, die die Arbeitslast des Herzens reduzieren bzw. eine weitere Schädigung des Myokards verhindern sollen:
Die Therapie mit Medikamenten erfolgt in Abhängigkeit vom Schweregrad der Herzinsuffizienz. Darüber hinaus sind die Symptomatik (z.B. Ödeme) sowie das Vorhandensein von Begleiterkrankungen (z.B. Hypertonie) wichtige Faktoren für die Festlegung der genauen Medikation. Als häufigste Wirkstoffgruppen werden verwendet:
Der medikamentöse Eingriff in den Wasser und Elektrolythaushalt erfordert tägliche Gewichtskontrollen des Patienten.
Ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) ist indiziert bei Patienten mit maligner Herzrhythmusstörung und/oder fortgeschrittener Herzinsuffizienz mit einer Ejektionsfraktion <30%.
Die kardiale Resynchronisation durch biventrikuläre Schrittmachersysteme ist indiziert bei Patienten mit einer Ejektionsfraktion <35 %, erhaltenem Sinusrhythmus und Linksschenkelblock.
Ventrikelreduktionsplastik, mechanische Unterstützungssysteme
Ist die Ultima ratio, wenn andere Therapieoptionen versagen.
Die Therapie der Herzinsuffizienz richtet sich primär nach der auslösenden Ursache. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über potenzielle Therapieansätze.
Ursachen | Mögliche therapeutische Ansätze |
---|---|
KHK | |
1. Chronisch ischämische Herzerkrankung | Ggf. Revaskularisation |
2. LV-Remodelling nach Myokardinfarkt | Konservativ-medikamentös |
3. Hibernating myocardium (vitales Myokard mit chron. Ischämie) | Baldige Revaskularisation |
Hypertonie, hypertensive Herzkrankheit mit LV-Hypertrophie | Einstellung der Hypertonie |
Kardiomyopathien (CMP) | |
1. Dilatative Kardiomyopathie (DCM, idiopathische Form) | Körperliche Schonung, Medikamente, Alternative Therapien und HTX erwägen |
2. DCM infolge toxischer Schädigung durch Alkohol, Drogen, Medikamente | Strikte Alkoholkarenz; strikte Drogenkarenz (insbes. Kokain); Überprüfung und ggf. Änderung der Medikation (z.B. NSAR, Zytostatika, etc.) |
3. Hypertrophe CMP mit Obstruktion (HOCM) | Medikamentös hochdosiert Verapamil; Diskussion: DDD-Schrittmacher; kathetertechn. Ablation der Septumhypertrophie oder operative Myektomie |
4. Hypertrophe CMP ohne Obstruktion | Hochdosiert Verapamil |
5. Restriktive CMP, idiopathische Form | Diskussion HTX |
6. CMP bei Speicherkrankheit (Amyloidose, Hämochromatose) | Symptomatisch und Behandlung der Grunderkrankung, z.B. Chemotherapie bei Plasmozytom, Aderlässe bei Hämochromatose |
Rhythmusstörungen | |
Tachykarde Formen | |
Chronisches oder akutes Vorhofflimmern | Medikamentöse Frequenznormalisierung; ggf. Rhythmisierung (elektrisch/medikamentös) |
Typisches Vorhofflattern | Kathetergesteuerte HF-Ablation |
Supraventrikuläre Tachykardien mit Reentry-Mechanismus (z.B. WPW-Syndrom) | |
Anhaltende ventrikuläre Tachykardien | ICD (implantierbarer Cardioverter Defibrillator), Antiarrhythmika, ggf. HF-Ablation |
Arrhythmogene rechtsventrikuläre Cardiomyopathie (ARVCM) | Antiarrhythmika; ICD (führt nur selten zur Herzins.) |
Bradykarde Formen | |
Sinus- oder AV-Knotenerkrankungen | ggf. DDD(R)-Schrittmacher |
Bradyarrhythmia absoluta bei chron. Vorhofflimmern | Überprüfung der Medikation; ggf. VVI(R)-Schrittmacher-Implantation |
Herzklappenerkrankungen | Operativer Klappenersatz oder Valvuloplastie |
Entzündliche Herzerkrankungen | |
1. Akute Myokarditis | Symptomatisch |
2. Akute Endokarditis mit hämodyn. bedeutsamer Klappendysfunktion | Operative Sanierung (Klappenersatz) |
3. Akutes rheumatisches Fieber | Antibiotika |
4. Konstriktive Perikarditis | Operative Sanierung (Perikardektomie) |
Herzbeteiligung bei Vaskulitiden und anderen Autoimmunerkrankungen | Immunsuppressive Therapie der Grunderkrankung; symptomorientierte Therapie |
Herzbeteiligung bei endokrinologischen und Stoffwechselerkankungen | Ausgleich der hormonellen und metabolischen Faktoren |
Hypo-/Hyperthyreose | |
Diabet. autonome Neuropathie | |
Anämie | Transfusion und Ursachenklärung |
Niereninsuffizienz | Ggf. Dialyse |
Tags: Herz, Herzschwäche, Insuffizienz
Fachgebiete: Kardiologie
Um diesen Artikel zu kommentieren, melde Dich bitte an.