Digitoxin
Handelsnamen: Digimed®, Digimerck® u.a.
Synonyme: Digitophyllin, Carditoxin, Digitrin
Englisch: digitoxine
Definition
Digitoxin ist ein natürlich vorkommender Wirkstoff aus der Gruppe der Herzglykoside, der zur Therapie von Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz eingesetzt wird.
Chemie
Der Arzneistoff gehört strukturell zu den Steroidglykosiden und Cardenoliden. Die Summenformel lautet C41H64O13. Bei Zimmertemperatur liegt Digitoxin als weißes Pulver vor. Der Schmelzpunkt liegt bei etwas 256 °C. In Wasser ist das Herzglykosid nahezu unlöslich.
Herstellung
Digitoxin wird aus den Blättern des roten Fingerhutes Digitalis purpurea gewonnen. Die Substanz kann jedoch auch synthetisch hergestellt werden.
Wirkmechanismus
Digitioxin hemmt die Natrium-Kalium-ATPase in den Herzmuskelzellen, wodurch es zu einer Depolarisation und einem damit einhergehenden Calciumeinstrom kommt. Auf diese Weise wird die Inotropie gesteigert. Durch eine gleichzeitige Beeinflussung der Vaguskerne (Nervus vagus) verlangsamt Digitoxin das Herz, indem es die AV-Überleitung verzögert und wirkt so zusätzlich negativ dromotrop.
Pharmakokinetik
Im Vergleich zum Digoxin, das ebenfalls ein Herzglykosid ist und aus dem Fingerhut Digitalis lanata gewonnen wird, weist Digitoxin mit einer Halbwertszeit von einer Woche und einer hohen Bioverfügbarkeit aufgrund der stärkeren Lipophilie ein stärkeres Wirkstoffprofil auf.
Digitoxin wird unter physiologischen Bedingungen zu ca. 60% renal eliminiert, davon zur Hälfte in Form konjugierter Metabolite. Die restlichen 40% werden über den Stuhl ausgeschieden.[1] Im Falle einer Nierenfunktionsstörung erfolgt die Metabolisierung kompensatorisch über die Leber, weswegen eine Anwendung auch bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen möglich ist. Bei Personen mit gleichzeitiger Leber- und Nierenerkrankung ist Digitoxin kontraindiziert. Die Abklingquote liegt bei ca. 7%.
Indikationen
Digitoxin wird zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz sowie Herzrhythmusstörungen (z.B. Vorhofflimmern) eingesetzt. Weniger bekannt ist die Anwendung in der Augenheilkunde gegen Akkommodationsstörungen.
Durch andere Therapieoptionen (ACE-Hemmer, Betablocker, Diuretika) und enttäuschende Studienergebnisse wird die Indikationsstellung für eine Digitalistherapie heute (2014) strenger gehandhabt als früher. Digitalispräparate sollten nur dann verordnet werden, wenn trotz Vormedikation mit anderen Therapieoptionen die Symptome einer Herzinsuffizienz weiterbestehen.
Darreichungsform
Digitoxin wird oral in Form von Tabletten, intravenös als Injektionslösung oder topisch in Form von Augentropfen verabreicht.
Dosierung
Digitoxin hat eine geringe therapeutische Breite. Die Dosierung wird individuell nach dem Behandlungserfolg festgelegt. Bei Erwachsenen beträgt die Erhaltungsdosis etwa 0,001 mg/kgKG täglich.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Zu den wichtigsten Nebenwirkungen von Digitoxin zählen:
- Bradykardie
- AV-Block
- Tachykardien bis hin zum Kammerflimmern bedingt durch eine Calcium-Überladung
- Gastrointestinale Störungen
- ZNS-Störungen, Schwindel
- gestörtes Farbsehen (Xanthopsie)
Wechselwirkungen
Antiarrhythmika (v. a. Verapamil, Chinidin und Diltiazem) und bestimmte Antihypertensiva (Captopril) führen zu einer Erhöhung des Wirkspiegels von Digitoxin im Blutkreislauf. Zu einer Wirkungssteigerung von Digitoxin führt weiterhin die gleichzeitige Einnahme von:
Einen beschleunigten Wirkstoffabbau von Digitoxin bewirken:
Herzrhythmusstörungen sind möglich bei gleichzeitiger Gabe von:
Eine verzögerte Aufnahme von Digitoxin kann bewirkt werden durch:
Kontraindikationen
- Akuter Myokardinfarkt
- Akute Myokarditis
- Häufig vorkommende Extrasystolen
- Subaortenstenose
- Ventrikuläre Herzrhythmusstörungen (u.a. ventrikuläre Tachykardie)
- Digitalisintoxikation
- Hypoxie
- Lungenerkrankungen
- Myxödem
- Glomerulonephritis
Labormedizin
Material
Für die Bestimmung der Digitoxinspiegel im Rahmen des therapeutischen Drug Monitoring werden 1 ml Serum benötigt. Die Blutentnahme sollte vor Gabe der nächsten Dosis erfolgen.
Referenzbereich
Bewertung | Plasmaspiegel [ng/ml] |
---|---|
Therapeutischer Bereich | 12 bis 25 |
Toxischer Bereich | über 30 |
Quellen
- ↑ Fachinformation Digimerck, merckgroup.com, abgerufen am 11.5.2019
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 28.02.2021