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Glomerulonephritis

von lateinisch: glomerulum - kleines Knäuel; altgriechisch: νεφρός ("nephros") - Niere
Englisch: glomerulonephritis

1. Definition

Die Glomerulonephritis ist eine in der Regel beide Nieren befallende abakterielle Entzündung der Glomeruli.

2. Epidemiologie

Die Glomerulonephritis ist eine der häufigsten Ursachen für die Entwicklung einer terminalen Niereninsuffizienz. Glomerulonephritiden, die zur terminalen Niereninsuffizienz führen, haben eine Inzidenz von etwa 35 Fällen auf eine Million Einwohner im Jahr.

Glomerulonephritiden sind bei Patienten in jedem Lebensalter anzutreffen. Auffällig oft sind zum einen jugendliche Patienten (postinfektiös) und Patienten höheren Lebensalters (Rapid progressive Glomerulonephritis) betroffen.

3. Einteilung

Die Klassifikation der Glomerulonephritiden erscheint bei der ersten Betrachtung unübersichtlich. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Morphologie der verschiedenen Formen nicht auf eine Ursache allein zurückzuführen ist. Ebenso gilt, dass eine Ursache zu morphologisch unterschiedlichen Formen führen kann.

Daher orientiert sich die Klassifikation an der Ätiologie, Histologie und am klinischen Verlauf. Bei der histologischen Beurteilung von Biopsien durch den Pathologen dient das Befallsmuster (fokal, diffus, segmental oder global) als Orientierung.

Im klinischen Sprachgebrauch wird zudem einfacher zwischen akuter und chronischer Glomerulonephritis unterschieden.

4. Pathogenese

Die Pathogenese der Glomerulonephritiden ist derzeit immer noch nicht zufriedenstellend aufgeklärt. Common Sense der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse ist die Annahme einer ursächlichen Beteiligung des Immunsystems. Dies gilt sowohl für die primären Formen der Glomerulonephritis als auch für die sekundären Formen, die im Rahmen einer systemischen Begleiterkrankung auftreten.

Antikörper bzw. Antigen-Antikörper-Komplexe spielen eine wichtige Rolle bei der Pathogenese. In diesem Zusammenhang sind unterschiedliche Pathomechanismen zu differenzieren, die jedoch untereinander durchaus Wechselwirkungen zeigen und gemeinsam zur Ausbildung einer Glomerulonephritis beitragen können.

4.1. Ablagerung von Immunkomplexen

In der Peripherie gebildete Antigen-Antikörper-Komplexe lagern sich in den glomerulären Kapillarschlingen ab. Dort induzieren die abgelagerten Immunkomplexe eine Entzündungsreaktion, unter anderem werden Leukozyten angelockt und das Komplementsystem aktiviert. Das Endothel, Mesangium und die Podozyten proliferieren reaktiv, die Basalmembran verdickt. Bei elektronenmikroskopischer Betrachtung finden sich klumpenförmige Ablagerungen entweder im Mesangium, subepithelial (zwischen Basalmembran und Podozyten) oder subendothelial (zwischen Endothel und Basalmembran).

Das auslösende Antigen ist in vielen Fällen (Streptokokken, Lupus erythematodes) bekannt, es gibt jedoch auch Immunkomplexe mit gleichartiger Wirkung bei denen der Auslöser und somit die Ätiologie unbekannt ist.

4.2. Antikörper gegen glomeruläre Bestandteile

Antikörper richten sich gegen Bestandteile des Glomerulus. Die bekannteste Form solcher Antikörper richtet sich gegen die glomeruläre Basalmembran (z.B. beim Goodpasture-Syndrom). Andere immunogene Bestandteile, die in den Glomeruli vorkommen können, sind Antigene auf Podozyten, abgelagerte Makromoleküle und IgG, bakterielle Produkte und die oben angesprochenen Immunkomplexe, die immer noch freie Antigenbindungsstellen besitzen. Diese Form der Pathogenese ist im Sinne einer Autoimmunerkrankung zu verstehen.

4.3. Zellvermittelte glomeruläre Schädigung

Tierexperimentelle Befunde deuten auf eine Beteiligung von aktivierten T-Lymphozyten an der Pathogenese bestimmter Formen der Glomerulonephritis hin. Eine Beteiligung von T-Lymphozyten ist auch bei Vorhandensein von Immunkomplexablagerungen nicht auszuschliessen.

Letztendlich führen die pathologischen Prozesse über die Schädigung der Glomeruli zu einer verminderten glomerulären Filtrationsrate. Dabei wirken im Rahmen der Entzündungsreaktion Granulozyten, das Komplentsystem (insbesondere der Membrane attack complex), Makrophagen und Lymphozyten gemeinsam oder auch alleine als progressive Faktoren.

Die bei vielen Formen der Glomerulonephritis auftretende Neigung zur Proliferation membranöser und mesangialer Bestandteile wird durch die auf die Verletzung folgende reaktive Ausschüttung lokaler Wachstumsfaktoren erklärt.

5. Symptome

Die Symptomatik einer Glomerulonephritis sind in der Regel

Eine Erhöhung der Retentionswerte ist nicht zwingend vorhanden.

Bei chronischen Formen der Glomerulonephritis sind die Patienten oft beschwerdefrei. Hinweisende Symptome sind in solchen Fällen ein vorliegender Hypertonus und ein pathologischer Urinstatus (Proteinurie, Mikrohämaturie etc.).

6. Diagnostik

6.1. Nierenbiopsie

Eine zuverlässige Diagnostik ist nur durch die Entnahme einer Biopsie mit anschließender Beurteilung durch den Pathologen möglich. Die Beurteilung der Nierenbiopsie hat weitreichende therapeutische und prognostische Konsequenzen. Von großer Wichtigkeit ist bei schnell steigenden Retentionswerten der Ausschluss einer rapid progressiven Glomerulonephritis. Diese kann binnen weniger Tage zum Funktionsverlust der Niere führen.

6.2. Urinstatus

Weitere diagnostische Maßnahmen umfassen die Erhebung eines Urinstatus, wobei eine quantitative Differenzierung der Leitproteine Albumin, IgG und Alpha-1-Mikroglobulin erfolgen sollte, da dies eine Aussage über die Schwere der glomerulären Schädigung erlaubt (selektiv oder unselektiv). Auch die Kreatinin-Clearance und Cystatin C sollten bestimmt werden.

6.3. Serologie

Die serologische Diagnostik umfasst folgende Parameter:

6.4. Diagnostik bei (para)infektiöser Genese

Bei Verdacht auf eine parainfektiöse bzw. infektiöse Genese der Glomerulonephritis legt man zusätzlich eine Urinkultur an und führt einen Harnröhrenabstrich mit Untersuchung auf Mykoplasmen und Chlamydien durch. Zur serologischen Abklärung werden, je Klinik und Anamnese, Antikörper gegen vermutete Erreger bestimmt, z.B. Hanta-Viren, Leptospiren, Brucella, Mycoplasma pneumoniae, Toxoplasma, Malaria, Trichinella spiralis oder Rickettsien. Auch ein TPHA, ein serologischer Mykoplasmen-Nachweis oder die Diagnostik einer Hepatitis B oder Hepatitis C können indiziert sein.

7. Therapie

Die Therapie der Glomerulonephritis ist abhängig von der Ätiologie und dem vorliegenden Stadium der Niereninsuffizienz. Manche Formen (z.B. Minimal change Glomerulonephritis) sprechen gut auf eine Therapie mit Glukokortikoiden (z.B. Prednison) an. Andere Formen (z.B. die Rapid progressive Glomerulonephritis oder die Membranöse Glomerulonephritis) sprechen schlecht auf eine Monotherapie mit Glukokortikoiden an. In solchen Fällen ist meist eine zusätzliche Gabe von Zytostatika (z.B. Cyclophosphamid) und Immunsuppressiva (z.B. Ciclosporin) angezeigt.

Unabhängig davon ist bei fortschreitender chronischer Nierenerkrankung eine entsprechende, die Progredienz verlangsamende Therapie anzustreben.

8. Podcast

FlexTalk - Interessiert mich, die Bohne: Die Niere
FlexTalk - Interessiert mich, die Bohne: Die Niere

9. Bildquelle

  • Bildquelle Podcast: © blackieshoot / Unsplash

10. Literatur

  • Laborlexikon.de; abgerufen am 11.03.2021
Fachgebiete: Nephrologie

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21.03.2024, 08:56
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