Epithel
von altgriechisch: ἐπί ("epí") - über‘ und θάλλω ("thállo") - aufsprossen, erblühen
Englisch: epithelium
Definition
Als Epithel bezeichnet man das aus allen drei Keimblättern stammende Grenz- oder Deckgewebe, das die inneren und äußeren Oberflächen des Körpers auskleidet und zu ihrer Umgebung abgrenzt. Es ist eines der vier Grundgewebe.
Aufbau
Trotz großer Vielfalt der unterschiedlichen Epithelien bestehen folgende Gemeinsamkeiten:
- Polarität: Ausgerichtete Bau- und Funktionsweise der Zellen
- Zellkontakte: Verknüpfung der Zellen untereinander
- Basalmembran: Verankerung der Zellen an ihrer Unterlage
- Intermediärfilamente aus Keratin
Epithelien enthalten keine Blutgefäße und werden vom darunter liegenden Bindegewebe per Diffusion durch die Basalmembran ernährt. Dadurch ist die Schichtdicke der Epithelien auf wenige Zelllagen beschränkt. Eine Ausnahme bildet das Epithel der Stria vascularis.
Polarität
Man unterscheidet nach der Ausrichtung des Epithels:
- eine apikale Seite, die nach außen bzw. zum Lumen hin weist
- eine basale Seite, welche zur Basalmembran bzw. zum angrenzenden Gewebe zeigt
Diese Polarität besteht nicht nur beim Epithel als Gesamtstruktur, sondern auch auf der Ebene der einzelnen Epithelzellen, deren apikaler und basaler Zellpol ebenfalls Unterschiede aufweisen kann.
Zellkontakte
Der Zusammenhalt und die Kommunikation der Epithelzellen untereinander wird durch vier Gruppen von Zellverbindungen gewährleistet, welche die Zellmembranen benachbarter Zellen verbinden:
- Zonula occludens (Tight junction)
- Zonula adhaerens (Adhaerens junction, Gürteldesmosom)
- Desmosomen
- Gap junction
Die Einheit aus Zonula occludens, Zonula adhaerens und Desmosom wird auch als epithelialer Schlussleistenkomplex bezeichnet. Zelluläre Haftkontakte zur Basalmembran bestehen über sogenannte Hemidesmosomen.
Basalmembran
Die Basalmembran ist eine dünne, aber komplexe extrazelluläre Matrix aus Fibrillen und Fasern, welche die Verankerung des Epithels am subepithelialen Bindegewebe vermittelt. Ultrastrukturell unterteilt sich die Basalmembran weiter in:
- Lamina basalis (Basallamina)
- Lamina fibroreticularis
Das subepitheliale Bindegewebe wird unter der Mucosa von Hohlorganen wie dem Respirations-, Verdauungs- oder Urogenitaltrakt als Lamina propria bezeichnet.
Abgesehen von der Basalmembran enthalten Epithelien kaum Interzellularsubstanz, da die Zellen einen geschlossenen Verband bilden.
Intermediärfilamente
Immunhistochemisch lässt sich Epithelgewebe über den Nachweis von Keratinen als Intermediärfilament von anderen Grundgeweben abgrenzen.
Einteilung
Je nach Lokalisation und vorherrschender Funktion kann man grundsätzlich zwei Arten von Epithelien unterscheiden:
- Oberflächenepithelien: Bedeckung der äußeren und inneren Körperoberflächen (Barrierefunktion)
- Drüsenepithelien: Produktion von Sekreten aller Art (Sekretionsfunktion)
Diese Einteilung ist eine Vereinfachung, da auch Drüsenepithelien eine Barrierefunktion erfüllen.
Um die zahlreichen Epithelformen weiter voneinander abzugrenzen, hebt man drei Merkmale des Epithelgewebes hervor: die Zahl der Zellschichten, die Form der Zellen und den Grad der Keratinisierung.
...nach der Anzahl der Zellschichten
- einschichtig
- mehrschichtig
- mehrreihig (mehrere Schichten von Zellen, die jedoch alle mit der Basalmembran in Kontakt stehen)
- Übergangsepithel (Urothel)
...nach der Form der Zellen
- flach
- isoprismatisch (prismatisch) oder kubisch
- hochprismatisch bzw. oft fälschlicherweise "zylindrisch" genannt
...nach Grad der Keratinisierung
Epithel, das am apikalen Zellpol Flimmerhärchen aufweist, bezeichnet man als Flimmerepithel.
Aufgaben
Die genauen Aufgaben des Epithels richten sich nach dem jeweiligen Organ, welches das Epithel auskleidet. Übergeordnete Aufgaben sind unter anderem:
- Schutz vor mechanischer Schädigung
- Verhinderung des Eindringens von Mikroorganismen
- Diffusionsbarriere:
- wesentliche Aufgabe aller Oberflächenepithelien
- wichtig: Schutz vor Wasserverlust durch Verdunstung
- Arachnoidea-Neurothel als Blut-Liquor-Schranke des äußeren Liquorraums
- Wahrnehmung von Reizen
- Resorption
- Sekretion, Exkretion (Drüsenepithel)
- Transport entlang der Epitheloberfläche: Flimmerepithel, z.B. in Bronchien, Uterus oder Eileiter
- Oberflächenvergrößerung, z.B. Deckzellen des Urothels
Formen & Verbreitung
Nach den oben genannten Einteilungskriterien lassen sich alle Epithelien des menschlichen Körpers kategorisieren:
- Einschichtiges Plattenepithel
- seröse Häute
- Endothel von Herz, Blut- und Lymphgefäßen (cave: im eigentlichen Sinne kein Epithelgewebe !)
- hinteres Hornhautepithel
- Einschichtiges isoprismatisches Epithel
- Nierentubuli und Sammelrohre
- Drüsenausführungsgänge
- Pigmentepithel und vorderes Linsenepithel im Auge
- Amnionepithel
- Plexus choroideus
- Einschichtiges hochprismatisches Epithel (Zylinderepithel)
- Zweireihiges Epithel
- Ausführungsgänge der großen Speicheldrüsen der Mundhöhle
- Ductus nasolacrimalis
- Ductus epididymidis
- Ductus deferens
- Mehrreihiges hochprismatisches Epithel
- Nasenhöhle (außer Regio olfactoria)
- Epipharynx
- Larynx (außer Plica vocalis)
- Trachea und Bronchialbaum
- männliche Urethra
- Tuba auditiva
- Übergangsepithel (Urothel)
- Nierenbecken
- Ureter
- Harnblase
- Anfangsteil der Urethra
- Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel
- Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel
- Epidermis
- Nasenvorhof
- Meatus acusticus externus
- Gingiva, orales Epithel (äußeres Saumepithel) (parakeratinisiert)
- Papillae filiformes
- Mehrschichtiges hochprismatisches Epithel
- Ausführungsgänge der Schweißdrüsen
- Corpus ciliare
- große Ausführungsgänge der Speicheldrüsen
- Fornix conjunctivae
Embryologie
Epithelgewebe kann von allen drei Keimblättern abstammen. Aus dem Mesoderm entwickelt sich das Mesothel sowie das Endothel.
Literatur
- Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie, 5. Auflage, 2015, Thieme-Verlag