Vagina
Synonyme: Scheide, Kolpos (altgr.)
Englisch: vagina
Definition
Die Vagina ist ein mit Epithel ausgekleidetes, schlauchförmiges Hohlorgan, das zu den inneren weiblichen Geschlechtsorganen zählt.
Anatomie
Morphologie
Die Vagina ist ein etwa 8 bis 12 cm langer Muskelschlauch aus glatter Muskulatur. Im ungedehnten Zustand ist er abgeflacht und das Lumen geschlossen, da sich die vordere und die hintere Vaginalwand berühren und so einen H-förmigen Spalt bilden.
Das vordere Ende der Vagina wird durch den Introitus vaginae (Scheideneingang) markiert, das hintere Ende wird durch die Portio begrenzt. Das Hereinragen der Portio in die Vagina bildet einen Nischenraum, der als Scheidengewölbe (Fornix vaginae) bezeichnet wird.
Vor dem Scheideneingang befindet sich der Hymen, ein dünner Gewebesaum, der den Scheideneingang unvollständig verschließt. Er ist in seiner Ausprägung sehr variabel und kann ganz fehlen. Durch den hormonellen Einfluss in der Pubertät wird der Hymen zunehmend dehnbar, damit Vaginalsekret und Menstruationsblut abfließen können. Beim ersten Geschlechtsverkehr kann der Gewebesaum manchmal einreißen und zu leichten Blutungen führen.
Im Bereich des Scheideneingangs liegen außerdem die Bartholin-Drüsen (Glandulae vestibulares majores), die in den von den kleinen Schamlippen umgrenzten Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae) der Vulva münden. Sie liegen gleich hinter dem Vorhofschwellkörper (Bulbus vestibuli) und unter dem Musculus transversus perinei profundus. Es handelt sich um tubuloalveoläre Drüsen, die ein muköses, alkalisches Sekret absondern, das der Befeuchtung des Scheideneingangs dient.
An der vorderen und hinteren Scheidenwand findet man ausgeprägte Querfalten, die eine Dehnungsreserve der Schleimhaut darstellen. Sie werden als Scheidenrunzeln oder Scheidenfalten (Rugae vaginales) bezeichnet und bilden in ihrer Gesamtheit die Columna rugarum anterior bzw. posterior. Die vorderen Scheidenfalten begrenzen jeweils lateral zusammen mit der Plica interureterica das sogenannte Pawlik-Dreieck.
Topografie
Der Scheideneingang ist die Grenze zwischen äußerem und innerem Genitale der Frau. Die Vagina ist über Bindegewebe (Parakolpium) fest mit den umgebenden Strukturen verbunden: Nach vorne grenzt die Scheide an die Harnblase bzw. die Harnröhre (Urethra), von denen sie durch eine dünne Bindegewebsschicht, das Septum vesicovaginale, getrennt wird. Dorsal liegt sie, ebenfalls durch ein Bindegewebsseptum (Septum rectovaginale) abgegrenzt, dem Rektum an. Nach kranial grenzt die Vagina an den Uterus und umgibt den Gebärmutterhals (Cervix uteri) mit dem Scheidengewölbe. Das hintere Scheidengewölbe reicht bis an den Douglas-Raum (Excavatio rectouterina).
Leitungsbahnen
Arterien
Die arterielle Versorgung der Vagina erfolgt durch die Arteria vaginalis, einen Ast der Arteria iliaca interna. Er kann auch als Ramus vaginalis aus der Arteria uterina abgehen. Kleinere Versorgungszonen werden auch von Rami vaginales der Arteria pudenda interna und der Arteria vesicalis inferior erreicht.
Venen
Den venösen Abfluss besorgt der Plexus venosus vaginalis, der häufig noch das Blut aus dem Plexus venosus vesicalis aufnimmt. Gemeinsam wird das Blut gesammelt und direkt oder indirekt über den Plexus venosus uterinus in das Stromgebiet der Vena iliaca interna eingeführt.
Nerven
Der Plexus uterovaginalis versorgt die Vagina vegetativ. Eine somatosensible Innervation erfährt sie über den Nervus pudendus und über direkt einstrahlende Äste des Plexus sacralis.
Histologie
Die Wand der Vagina ist aus mehreren Schichten aufgebaut.
Tunica mucosa
Zur Tunica mucosa werden das Vaginalepithel und die Lamina propria gezählt. Das Epithel der Vagina ist ein mehrschichtiges, unverhorntes Plattenepithel, das aus 4 Schichten besteht:
Es unterliegt hormonellen Einflüssen und zeigt daher bei der geschlechtsreifen Frau zyklische Veränderungen, die man unter dem Begriff Vaginalzyklus zusammenfasst. Unter Östrogeneinfluß nimmt die Epitheldicke und die Glykogenproduktion der Epithelzellen zu, unter Progesteroneinfluß nimmt sie ab. Der Epithelverbund ist relativ aufgelockert und ermöglicht den Durchtritt von Lymphozyten und Gewebsflüssigkeit in das Scheidenlumen. Das Epithel enthält keine Drüsen - das "Vaginalsekret" besteht nur aus abgeschilferten Zellen, Zervikalsekret und Transsudat der Vaginalwand.
Die Lamina propria besteht aus lockerem Bindegewebe, das reich an elastischen Fasern und Lymphozyten ist. Es enthält viele Kapillaren, die bei sexueller Erregung ein Transsudat durch das Epithel in die Scheide abgeben, und den Plexus venosus vaginalis. Die Sensibilität der Vagina ist gering: Es existieren nur wenige freie Nervenendigungen, sensorische Fasern fehlen ganz.
Tunica muscularis
Die Tunica muscularis besteht im Wesentlichen aus glatter Muskulatur und wird zusätzlich von Bindegewebe unterstützt. Maschen- oder gitterartige Anordnung der Muskelzüge weisen teilweise einen zirkulären, an der Vorderwand auch längsgerichteten Verlauf auf. Die Muskulatur setzt sich in der Muskulatur der Zervix und des Dammes fort. Das vorhandene Bindegewebe ist scherengitterartig angeordnet und besteht aus kollagenen und zahlreichen elastischen Fasern. Dank dieser Zusammensetzung ist eine Dehnung der Vagina möglich.
Tunica adventitia
Der auch als Parakolpium bezeichnete, dichte Mantel aus Bindegewebe verbindet die Vagina mit ihrer Umgebung, besonders mit der Urethra. Er enthält zahlreiche elastische Fasern und grenzt kranial an das Parametrium.
Physiologie
Unter dem Einfluss von Östrogen synthetisieren die Epithelzellen Glykogen, das mit der Abschilferung der Superfiziallzellen in das Vaginallumen gelangt. Dort wird es von physiologisch ansässigen Laktobazillen, den so genannten Döderlein-Stäbchen zu Milchsäure umgesetzt. In der Vagina herrscht daher ein saurer pH-Wert von ca. 4,0. Er dient als Schutz vor der Besiedlung mit pathogenen Bakterien und beugt Infektionen der Scheide vor.
Die vaginale Lubrikation sorgt für die Anfeuchtung der Vagina, sie findet verstärkt kurz vor der Ovulation und bei sexueller Erregung statt. Durch den Blutdruckanstieg wird Flüssigkeit aus den umgebenden Kapillaren über Gap Junctions nach außen befördert. Das Transsudat besteht zum Großteil aus Wasser und bildet mit einigen gelösten Proteinen und abgestorbenen Epithelzellen einen Feuchtigkeitsfilm.
Funktion
Beim Geschlechtsverkehr dient die Vagina der Aufnahme des Penis sowie des Spermas. Während der Geburt ist sie ein Teil des Geburtskanals für das Kind.
Klinik
Krankheitsbilder
Mit den pathologischen Veränderungen der Vagina beschäftigt sich die Gynäkologie. Zu den Krankheitsbildern der Vagina zählen unter anderem:
- Vaginitis
- Vaginalpolypen
- Vaginalfisteln
- Vaginalzysten (z.B. Gartner-Zyste)
- Vaginaldeszensus
- Vaginalkarzinom
Diagnostik
Die Untersuchung der Vagina erfolgt mit Hilfe eines Scheidenspekulums, eines Vaginoskops oder eines Kolposkops.
Podcast
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © Susan Wilkinson / Unsplash
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