Geburt
Synonyme: Partus, Niederkunft, Entbindung
Englisch: childbirth, labour, delivery
Definition
Die Geburt umfasst den Vorgang des Ausstoßens des Fötus aus dem Mutterleib unter Wehentätigkeit. Die Durchführung der Geburt durch eine Hebamme oder einen Arzt wird als Entbindung bezeichnet. Die Geburt findet in der Regel in einem Kreißsaal statt, kann aber auch an einem anderen Ort, z.B. in einem Geburtshaus oder zu Hause, durchgeführt werden.
Einteilung
...nach Geburtsdauer
...nach Geburtsort
...nach Geburtszeitpunkt
...nach Vitalzustand des Fötus
Geburtstermin
Der Geburtstermin lässt sich mit Hilfe der Naegele-Regel berechnen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nur ein kleiner Teil der Kinder (ca. 4 %) genau zum errechneten Termin zur Welt kommt, sondern meistens innerhalb eines Zeitraums von ±10 Tagen.
Verlauf der Geburt
Die Geburt wird in drei Phasen eingeteilt:
Eine Geburt beginnt mit dem Einsetzen regelmäßiger Wehentätigkeit und endet etwa 2 Stunden nach der Abstoßung der Plazenta.
Normale Geburt
Von einer normalen Geburt ist auszugehen bei:
- einer Schwangerschaftsdauer zwischen 270 und 290 Tagen
- Geburtsdauer zwischen 3 und 18 Stunden
- Blasensprung während der Eröffnungsphase
- Blutverluste unter 500 ml
- Einlingsschwangerschaft
Dabei sollte es während der Geburt nicht zu Komplikationen oder nennenswerten Beeinträchtigungen der mütterlichen und kindlichen Gesundheit kommen.
Eröffnungsphase
Den Beginn der Eröffnungsphase markieren die ersten regelmäßigen Wehen. Zuvor treten in den letzten Wochen der Schwangerschaft die sogenannten Senkwehen ein. Sie dienen zusammen mit den Vorwehen in den letzten Tagen vor der Geburt dazu, den kindlichen Kopf in den Beckeneingang zu drücken.
Sobald dies geschehen ist, gehen die Vorwehen in die Geburtswehen über. Die Geburtswehen beginnen mit den Eröffnungswehen, übergehend in die Austreibungswehen. Die Wehen dienen der Kontraktion der Gebärmutter und damit der aktiven Austreibung der Leibesfrucht. Gleichzeitig mit den Eröffnungswehen beginnt der Muttermund unter dem Einfluss von Prostaglandinen weiter zu werden (Zervixreifung), bis die Portio (vaginalis uteri) schließlich verstrichen ist und er mit etwa 10 cm ganz offen ist.
Die Eröffnungsphase beträgt bei erstgebärenden Müttern bis zu 12 Stunden, bei Mehrgebärenden bis zu 8 Stunden. Die längere Zeit bei Erstgebärenden ist auf die längere Dauer der initalen Weitung des Muttermundes (bis 2 cm) zurückzuführen. Diese Zeit wird auch als Latenzperiode bezeichnet. Die weitere Öffnung des Muttermundes (bis 10 cm) läuft bei Erst- und Mehrgebärenden gleich schnell ab und wird auch als Aktivphase bezeichnet.
Im Zuge der Öffnung des Muttermundes wird die Uterushöhle enger und die Wand der oberen Uterusabschnitte dicker. Dadurch gerät das Ungeborene unter einen stetig steigenden Druck und drückt mit seinem vorangehenden Teil gegen die Zervix. Ab einer Weite der Zervix von etwa 10 cm wölben sich Teile der Fruchtblase in die Vagina vor. In dieser Phase ereignet sich normalerweise der Blasensprung. Erfolgt der Blasensprung früher, ist von einem vorzeitigen Blasensprung zu sprechen.
Austreibungsphase
Die Austreibungsphase beginnt mit der vollständigen Öffnung des Muttermundes und endet mit der vollständigen Geburt des Kindes.
Das Kind bewegt sich nun in der sogenannten Führungslinie im Geburtskanal, der sowohl aus Knochen- wie auch aus Weichteilen besteht. Zunächst ist beim Kind in vorderer Hinterhauptslage (häufigste Einstellung) die Pfeilnaht gerade und die kleine Fontanelle in Führung zu tasten (d.h. das Gesicht des Kindes liegt unten) – so erreicht das Köpfchen auch den längsovalen Beckenausgang.
Bei jeder Wehe tritt das Köpfchen des Kindes tiefer, bis man es während einer Wehe an der Vulva sehen kann. Diesen Punkt nennt man Einschneiden des Kopfes. Nun wird der Damm der Mutter beim weiteren Pressen geschützt bzw. ein Dammschnitt durchgeführt. Nachdem das Köpfchen, beginnend mit Hinterhaupt und Scheitel, geboren ist, treten die Schultern nun quer ins Becken ein. Das bedeutet, der kindliche Kopf muss sich um 90 Grad drehen, um den Schultern die Passage des Beckenausganges zu ermöglichen.
Nach der Rotation werden nun die Schultern des Kindes nacheinander geboren. Da die Schultern nach dem Kopf der breiteste Teil des Kindes sind, kann der Rest des Kindes nun mit Hilfe der Hebamme problemlos zur Welt kommen.
Nachgeburtsphase
Die Nachgeburtsphase beginnt nach der Geburt des Kindes und endet mit der Abstoßung von Plazenta und Eihäuten, wenn der Uterus danach genügend Kontraktilität aufweist.
Die Geburtswehen gehen in die Nachgeburtswehen über. Nach 5 bis 20 Minuten wird dann in der Regel auch die Plazenta unter leichtem Zug an der Nabelschnur geboren. Die Plazenta wird sofort auf ihre Vollständigkeit überprüft.
Während und auch einige Stunden nach der Nachgeburtsphase besteht für die Mutter erhöhte Blutungsgefahr.
Geburtshilfliche Aspekte
Während der Geburt kann es in allen Phasen zur Notwendigkeit geburtshilflicher Manöver kommen.
Kindliche Lage
Entscheidend für den Verlauf und die Entscheidung zur spontanen Geburt bzw. zum Kaiserschnitt sind die vom Geburtshelfer festzustellenden Parameter:
- kindliche Lage (Lage der kindlichen Längsachse zur mütterlichen)
- kindliche Stellung (Lage des kindlichen Rückens innerhalb des Uterus)
- kindliche Haltung (Verhältnis der kindlichen Teile zueinander, normal Flexion)
- kindliche Einstellung (Verhältnis des vorangehenden Kindsteils zum mütterlichen Becken)
Dabei sind im Überblick zu unterscheiden:
- Schädellagen
- hintere Hinterhauptslage
- vordere Hinterhauptslage
- Vorderhauptslage
- Stirnlage
- Gesichtslage
- Beckenendlagen
- Querlagen
Die Geburtsmechanismen und das geburtshilfliche Vorgehen je nach Lage soll an gesonderter Stelle besprochen werden. Eine orientierende Untersuchung der Lage kann mit den Leopold-Handgriffen erfolgen.
Phasenspezifische Geburtshilfe
In der Eröffnungsphase kann die Gebärende bei nicht zu starken Wehen umhergehen, in die Hocke gehen oder auch sitzen. Bei stärker werdenden Wehen sollte die liegende Position in Seitenlage bevorzugt werden (keine Kompression der Vena cava inferior).
Flüssigkeit kann aufgenommen werden. Bei längeren Geburtsverläufen sollte in jedem Fall eine ausreichende parenterale Volumensubstitution angestrebt werden (Erhaltungsbedarf). Nahrungskarenz ist sinnvollerweise einzuhalten, um die Möglichkeit einer Narkose bei Komplikationen offen zu halten.
Die Schwangere und das Ungeborene sollten einem Monitoring zugeführt werden:
- Kardiotokographie (Wehentätigkeit und kindliche Herzfrequenz)
- Körpertemperatur (stündlich)
- Blutdruck (halbstündlich)
- Puls (halbstündlich)
- Manuelle Kontrolle der Zervixreifung
- Stand des kindlichen vorangehenden Teils
In der Austreibungsphase stehen bei der spontanen Geburt an:
- die Anleitung zum Mitpressen
- Dammschutz
- unter Umständen Anlage eines Dammschnittes
- Entwicklung der kindlichen Körperteile (Kopf, Schultern, Becken)
In der Nachgeburtsphase steht neben der Erstversorgung des Neugeborenen die Überwachung der Lösung der Plazenta und ihr Abgang im Vordergrund.
Die Lösung der Plazenta kann durch die Gabe von Oxytocin unterstützt werden. Die gelöste Plazenta kann durch Anwendung der Bauchpresse ausgestoßen oder durch Handgriffe des Geburtshelfers entwickelt werden. Dabei sollte die Plazenta nur entfernt werden, wenn die Lösung sicher nachzuweisen ist. Zur Verifizierung gibt es geburtshilfliche Zeichen, unter anderem:
Zur Entfernung stehen verschiedene Techniken zur Verfügung, unter anderem:
Nach Entfernung der Plazenta kann die Tonisierung des Uterus unterstüzend die Gabe von Methylergometrin erfolgen. Dies vermindert auch das Risiko von Nachblutungen.
um diese Funktion zu nutzen.