Rickettsien
Englisch: Rickettsia
Definition
Rickettsien sind kleine gram-negative Stäbchenbakterien die ca. 0,3-2 Mikrometer groß sind und sich obligat intrazellulär vermehren.
Taxonomie
Nahe verwandte Familien sind Anaplasmataceae (Gattungen Anaplasma, Ehrlichia, Neorickettsia) und Coxiellaceae (Genus Coxiella). Sie lösen Erkrankungen aus, die meist zu den Rickettsiosen im erweiterten Sinne gezählt werden.
Morphologie
Rickettsien sind pleomorphe, kokkoide oder kurze Stäbchenbakterien. Sie besitzen mit 1,12 - 1,6 Mio. Basenpaaren eines der kleinsten bekannten Bakteriengenome. Ihnen fehlen viele Gene für den Abbau von Zuckern und für die Synthese von Lipiden, Nukleotiden und Aminosäuren. Entsprechend sind sie auf die Versorgung durch die Wirtszelle angewiesen.
Die Zellwand beinhaltet Peptidoglykane sowie Lipopolysaccharide (LPS) und ähnelt der von gramnegativen Bakterien. Eine Ausnahme bildet Orientia tsutsugamushi, bei dem LPS und die Zucker- und Fettsäurekomponenten der Peptidoglykane fehlt. Dies erklärt die extreme Fragilität und relative Penicillinresistenz des Erregers.
Rickettsien gelten grundsätzlich als umweltempfindlich und werden durch gebräuchliche Desinfektionsmittel rasch abgetötet. Einige Arten wie Rickettsia prowazekii können jedoch im Kot von Läusen längere Zeit infektiös bleiben.
Vorkommen
Als Reservoir kommen insbesondere Arthropoden und verschiedene Tiere in Betracht. Mit Ausnahme des epidemischen Fleckfiebers ist der Mensch nur gelegentlich Wirt dieser Erreger. Sie sind weltweit verbreitet. In Deutschland handelt es sich jedoch oft um importierte Infektionen.
Übertragung
Klassifikation
Die Einteilung der Rickettsiaceae erfolgt inzwischen nach serologischen und phylogenetischen Kriterien. Dabei werden sie insbesondere in der angloamerikanischen Literatur in vier Gruppen eingeteilt:
- Klassische Fleckfieber-Gruppe ("typhus group"): Rickettsia prowazekii und R. typhi
- Zeckenbissfieber-Gruppe ("spotted fever group"): z.B. Rickettsia rickettsii, R. africae, R. conorii, R. helvetica, R. slovaca, R. aeschlimannii
- Übergangsgruppe ("transitional group"): z.B. Rickettsia felis, R. akari
- Tsutsugamushi-Fieber ("scrub typhus"): Orientia tsutsugamushi
Klinik
Rickettsien rufen eine heterogene Gruppe von Erkrankungen hervor, die als Rickettsiosen bezeichnet werden. Coxiella burnetii, Rickettsia prowazekii, Rickettsia typhi und Rickettsia rickettsii sind besonders wichtig, da sie länger außerhalb ihres Vektors überleben können und extrem infektiös sind. Sie gelten als potenzielle Erreger für bioterroristische Anschläge.
siehe Hauptartikel: Rickettsiose
Symptome
Bei allen akuten Krankheitsverläufen ähneln sich die anfänglichen Symptome:
Im Verlauf kann es zu Exanthemen, Escharbildung (umschriebene Hautentzündung mit zentraler Nekrose), Pneumonie, Meningoenzephalitis oder fortschreitender Hypotonie mit Multiorganversagen kommen.
Nur bei Coxiella burnetii kann eine chronische Erkrankung entstehen. Einige Arten, wie R. prowazekii, können jedoch eine latente Infektion hervorrufen, die nach Jahren zur Brill-Zinsser-Krankheit reaktiviert werden kann.
Labormedizin
Direkter Erregernachweis
Ein Direktnachweis ist per PCR aus Blut oder Gewebebiopsien möglich. Die Anzucht des Erregers ist nicht möglich.
Rickettsien zeigen zwar einen gramnegativen Zellwandaufbau, lassen sich aber diagnostisch durch eine Gramfärbung nicht darstellen.
Indirekter Erregernachweis
Antikörpernachweis
Zur Diagnose einer Rickettsieninfektion dient der zweifache Nachweis von IgM- bzw. IgG-Antikörpern mittels ELISA oder indirekter Immunfluoreszenz aus dem Serum im Abstand von 3 Wochen. Der Referenzwert für den Titer der Rickettsien-IFT ist < 1:40.
Weil-Felix-Reaktion
Die Weil-Felix-Reaktion beruht auf der heterologen Agglutination von Proteus-Serovar OX19 und OX2 durch seine kreuzreagierenden Antikörper.
Erkrankung | Proteus-Antigen | ||
---|---|---|---|
OX-19 | OX-2 | OX-K | |
Fleckfieber (beide Formen) | ++ | + | - |
Rocky Mountain Spotted Fever | ++ | + | - |
übrige Zeckenbiss-Fieber | + | ++ | - |
Tsutsugamushi-Fieber | - | - | ++ |
Erläuterung:
- ++ stark positive Agglutinationsreaktion
- + schwach positive Agglutinationsreaktion
- - keine Agglutinationsreaktion
Therapie
Bereits bei klinisch begründetem Verdacht sollte eine kalkulierte Antibiotikatherapie mit Doxycyclin in einer Dosierung von 2 x 100 mg pro Tag per os für 7 bis 10 Tage eingeleitet werden.
Prophylaxe
Aktuell (2021) ist die Expositionsprophylaxe die einzige Möglichkeit, um Fleckfieber-Erkrankungen zu vermeiden. Insbesondere bei Auslandsaufenthalten sollte auf einen Schutz vor Ektoparasiten geachtet werden. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit einer Chemoprophylaxe mit Doxycyclin. Dieses Verfahren wird nur in Ausnahmefällen bei hohem Expositionsrisiko eingesetzt.
Meldepflicht
Der direkte und indirekte Nachweis von Rickettsia prowazekii ist meldepflichtig (§ 7 IfSG).
um diese Funktion zu nutzen.