Speichel
Synonyme: Saliva (lat.), "Spucke" (Trivialbez.)
Englisch: saliva
Definition
Speichel ist ein exokrines Sekret, das von den Speicheldrüsen gebildet wird.
Produktion
Für die Produktion des Speichels sind die kleinen und großen Mundspeicheldrüsen verantwortlich. Mehr als 90% des Speichels bilden die großen Mundspeicheldrüsen (Glandula parotis, Glandula submandibularis und Glandula sublingualis). Den Rest erzeugen die kleinen Speicheldrüsen, die sich verstreut in der Mundschleimhaut finden. Das täglich gebildete Speichelvolumen beim Menschen beträgt etwa 500-1.500 Milliliter.
Einteilung
Nach der Zusammensetzung des Speichels unterscheidet man:
Die Sekretion des serösen Speichels wird durch parasympathische Aktivität, die Sekretion des mukösen Speichels durch Aktivität des sympathischen Nervensystems angeregt.
Zusammensetzung
Speichel ist eine komplex zusammengesetzte Flüssigkeit, die neben dem Hauptbestandteil Wasser (99%) eine Vielzahl von organischen und anorganischen Verbindungen enthält. Als physiologische Speichelbestandteile finden sich u.a.:
- Proteine
- Mucin 1 (MG1)
- Mucin 2 (MG2)
- sIgA
- Laktoferrin
- Peroxidasen
- Amylasen (Ptyalin)
- Zungengrundlipase
- Carboanhydrasen
- Prolin-reiche Proteine (PRPs)
- Lysozyme
- Statherine
- Histatine
- Cystatine
- Kleinmolekulare Bestandteile
Sekretion
Bei der Speichelsekretion unterscheidet man zwischen:
- basaler Sekretion und
- stimulierter Sekretion bei erhöhter Flussrate.
Die kleinste Funktionseinheit der Speicheldrüsen besteht aus Azinus (Endstück) und Schaltstück. Das Epithel des Azinus besitzt an der basolateralen Membran u.a. einen sekundär aktiven Na-K-2Cl-Cotransporter, der in Kombination mit apikalen Chloridkanälen eine Chloridsekretion in das Azinuslumen ermöglicht. Dort entsteht ein negatives Potenzial, welches bewirkt, dass Natrium parazellulär in das Azinuslumen strömt und Wasser per Solvent Drag mitnimmt.
Der Primärspeichel ist plasmaisoton. Die Elektrolytkonzentration des Primärspeichels wird in den Streifenstücken über Nettoresorption von Chlorid (im Austausch gegen Bicarbonat) und Natrium (im Austausch mit H+ bzw. K+) reduziert. Er wird dadurch hypoton, da das Epithel hier nicht wasserpermeabel ist. Der nun modifizierte Sekundärspeichel enthält bei normaler Sekretion durch genannte Modifikationen v.a. Bicarbonat und Kalium. Bei erhöhter Speichelsekretion wird der Sekundärspeichel zunehmend plasmaisoton, da Elektrolyte nur noch in geringerem Umfang resorbiert werden.
Funktionen
Die verschiedenen Inhaltsstoffe des Speichels erfüllen vielfältige Aufgaben:
- Vorverdauung von Kohlenhydraten (Amylase)
- Vorverdauung von Fetten (Zungengrundlipase)
- Veränderung der Speisekonsistenz (Viskoelastizität) für das Schlucken
- Lubrikation der Mundhöhle (Befeuchtung)
- Abwehr pathogener Erreger (Viren, Bakterien und Pilze)
- Kontrolle der residenten Mundflora
- Plaquekontrolle
- Neutralisation von Toxinen
- Pufferung von Nahrungsmittelsäuren
- Schutz und Remineralisation der Zahnsubstanz
- Schutz und Reparatur der Mundschleimhaut
Klinik
Störungen der Speichelsekretion können sich als vermehrte oder verminderte Speichelmenge bemerkbar machen. Man unterscheidet daher:
- Hypersalivation oder Hypersialie: Vermehrte Speichelsekretion
- Normosalivation oder Normosialie: Normale Speichelsekretion
- Hyposalivation oder Hyposialie: Verminderte Speichelsekretion
- Asialie: Vollständiges Versiegen der Speichelsekretion
Die diagnostische Messung der Speichelmenge erfolgt durch die Sialometrie. Ist die Menge oder Zusammensetzung des Speichels pathologisch verändert, spricht man von einer Dyschylie.