Postinfektiöse Glomerulonephritis
Synonym: Poststreptokokken-Glomerulonephritis
Englisch: acute poststreptococcal glomerulonephritis(APSGN), post-streptococcal glomerulonephritis
Definition
Bei der postinfektiösen Glomerulonephritis handelt es sich um eine Entzündung der Nierenkörperchen (Glomeruli), welche durch eine Immunreaktion bei einer Infektion mit nephritogenen Streptokokken entsteht.
Inzidenz
Die meisten Erkrankungen treten zwischen dem 2. bis 10. Lebensjahr auf. Jungen sind häufiger betroffen.
Ätiologie
Bei einer Infektion durch nephritogene ß-hämolysierende A-Streptokokken (Serotypen 1, 3, 4, 12 bei Infektionen der oberen Atemwege; Serotyp 49 bei Hautinfektionen) kommt es zu einer Bildung von Antikörpern, welche sich gegen Epitope auf der Streptokokkenoberfläche richten, insbesondere gegen bestimmte Typen des M-Proteins. Diese Antikörper zeigen auch eine Kreuzreaktion gegen körpereigene Strukturen in der Niere.
Die Antikörper lagern sich als Immunkomplexe sowohl subepithelial als auch subendothelial ab. Subepithelial sind elektronenmikroskopisch Höcker ("Humps") sichtbar. Die folgende Entzündungsreaktion manifestiert sich durch
- Einwanderung von neutrophilen Granulozyten, die proinflammatorische Zytokine freisetzen
- Aktivierung des Komplementsystems mit Bildung des C5b-9-Lysekomplexes. Dieser lysiert Membranproteine und führt zur Schädigung der glomerulären Basalmembran.
- Als Reaktion auf das inflammatorische Geschehen reagieren die glomerulären Bestandteile mit einer Schwellung der Endothelzellen, Kapillarverschluss und Mesangiumproliferation.
Eine postinfektiöse Glomerulonephritis kann nach neueren Erkenntnissen nicht nur von Streptokokken, sondern von einer Vielzahl an Erregern ausgelöst werden. Darunter fallen u.a. Staphylokokken, gramnegative Erreger, Pilze, Viren und Parasiten.[1]
Symptome
6-20 Tage post infectionem treten auf
- Fieber, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen
- Makrohämaturie mit braunem Urin
- Proteinurie, daraus folgend
- periorbitale Ödeme
- Hypertonie
In den meisten Fällen ist die Erkrankung selbstlimitierend und hat eine gute Prognose. Ein foudroyanter Verlauf mit Niereninsuffizienz, Hirnödem, und Krampfanfällen kann jedoch trotzdem in 1-10% der Fälle auftreten.
Diagnose
Im Urin lassen sich eine Erythrozyturie und Proteinurie, sowie Erythrozyten- und Leukozytenzylinder nachweisen. Im Serum ist der Komplementfaktor C3 erniedrigt, die GOT und der Antistreptolysintiter erhöht. Bei schweren Verläufen mit Niereninsuffizienz finden sich eine Hyperkaliämie und eine Hyponatriämie. Kreatinin und Harnstoff sind meist gar nicht oder nur leicht erhöht.
Therapie
In der Regel kann die postinfektiöse Glomerulonephritis ambulant behandelt werden. Die Therapie ist supportiv, da eine kausale Beeinflussung der Immunreaktion nicht möglich ist. Eine salz- und eiweißarme Diät sowie eingeschränkte Flüssigkeitszufuhr sind in der Akutphase empfehlenswert. Das Einhalten von Bettruhe beeinflusst den Krankheitsverlauf nicht.[2]
Nur bei Auftreten von Komplikationen (Ödeme, Hypertonie, Oligurie, Elektrolytstörungen) ist ein stationärer Aufenthalt mit engmaschigerer Kontrolle erforderlich. Die Therapie umfasst dann Diuretika und Antihypertensiva. Eine Antibiotikagabe (z.B. Penicillin) ist nur bei einem persistierenden Streptokokkeninfekt indiziert. In diesem Fall wird Penicillin V für 10 Tage gegeben. In schweren Fällen kann die Gabe von Glukokortikoiden notwendig sein.
Quellen
- ↑ Talerngsak Kanjanabuch, Wipawee Kittikowit, Somchai Eiam-Ong: An update on acute postinfectious glomerulonephritis worldwide. In: Nature Reviews. Nephrology. 5, Nr. 5, Mai 2009, ISSN 1759-507X, S. 259–269. doi:10.1038/nrneph.2009.44. PMID 19384327
- ↑ Bhimma et al.: Acute Poststreptococcal Glomerulonephritis Treatment & Management, Medscape emedicine Updated: Nov 02, 2016
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