Pilz
Synonym: Chitinpilz
Englisch: fungi
Definition
Pilze sind heterotrophe Organismen mit eukaryotischen Zellen und chitinhaltiger Zellwand. Wissenschaftlich werden Pilze als Fungi oder Mycobionta bezeichnet.
Biologie
Die Zelle der Pilze ist eukaryotisch. Sie weist demnach einen Zellkern auf, der die DNA umgibt und schützt, sowie ein komplexes Membransystem und eine innere Kompartimentierung. Ein häufig beobachtetes Phänomen bei Pilzen ist das Vorhandensein eines heterokaryotischen Entwicklungsstadiums, bei dem mehrere Zellkerne in einer Zelle enthalten sind. Als Zellorganellen treten unter anderem Mitochondrien auf. Es sind keine Plastiden (Chloroplasten o.ä.) und kein Chlorophyll vorhanden. Die Zellwand der Pilze besteht unter anderem aus Chitin und Glukanen (im Unterschied zu Pflanzen, deren Zellwand v.a. aus Zellulose besteht). Ihre Plasmamembran enthält charakteristischerweise Ergosterol. Die Ergosterolsynthese ist ein wichtiger Angriffspunkt der Antimykotika.
Pilze leben auf organischem Material und beziehen Nahrung, indem sie Enzyme (Exoenzyme) in ihre Umgebung sezernieren und die Zersetzungsprodukte anschließend aufnehmen. Die Fortpflanzung und Ausbreitung erfolgt durch geschlechtlich (sexuell) oder ungeschlechtlich (asexuell) erzeugte Sporen.
Pilze sind weltweit und unter teils extremen Umweltbedingungen anzutreffen. Sie sind als Symbiosepartner und Saprobionten (zersetzende Lebewesen) ein essentieller Bestandteil zahlreicher Ökosysteme.
Einteilung
...nach Taxonomie
Die Systematik der Lebewesen ist aufgrund zügigen Informationszuwachses einem ständigen Wandel unterworfen. In zunehmendem Maße werden molekularbiologische Kenntnisse für eine Einteilung entsprechend der biologischen und evolutionären Verwandtschaft herangezogen. Ursprünglich den Pflanzen zugeordnet, hat sich durch genetische Untersuchungen herausgestellt, dass die Pilze den Tieren näher stehen als den Pflanzen. Die Pilze bilden im Sinne der meisten Autoren ein Reich innerhalb der Domäne der Eukaryoten. Einige Taxa wurden aus dem Reich der Pilze ausgegliedert. So ist beispielsweise die Systematik der Schleimpilze (Myxomycota), die nicht mehr zu den eigentlichen Pilzen gerechnet werden, Gegenstand der Forschung.
Aktuell (2016) wird das Reich der Pilze in fünf Abteilungen gegliedert:[1]
- Chytridiomycota (Töpfchenpilze)
- Zygomycota (Jochpilze), Status als natürliches Taxon mittlerweile umstritten
- Ascomycota (Schlauchpilze)
- Basidiomycota (Ständerpilze)
- Glomeromycota, Pilze die in Symbiose mit autotrophen Organismen (z.B. Pflanzen, Cyanobakterien) leben und erst seit relativ kurzer Zeit als Taxon anerkannt sind
Schimmelpilze, Hefen (Sprosspilze), Faden- bzw. Hyphenpilze (bilden Hyphen und Myzelgeflecht), Flechten und Mykorrhiza stellen keine Einteilung nach biologischer Verwandtschaft dar. Vielmehr handelt es sich bei diesen um verschiedene Lebensweisen, die sich in mehreren Abteilungen der Pilze finden lassen. Als Fungi imperfecti (Deuteromycetes) werden Arten bezeichnet, bei denen bisweilen noch kein geschlechtliches Stadium nachgewiesen werden konnte. Wird bei einem Fungus imperfectus ein sexuelles Stadium beschrieben, erfolgt daraufhin zumeist eine Neuzuordnung der jeweiligen Art in eine der fünf Abteilungen. Im Gegenzug werden Pilzarten, bei denen sexuelle Stadien beschrieben wurden, als Fungi perfecti bezeichnet.
Chitinpilze sind von Zellulosepilzen (Peronosporomycetes, vormals Oomycota) zu unterscheiden, die keine Pilze im eigentlichen Sinne darstellen.
...nach medizinischen Kriterien
Im Bereich der klinischen Mykologie erweisen sich vereinfachte Systematiken und die Einteilung nach Morphologie, Geschlechtszyklus, Sporenmerkmalen oder nach hervorgerufenen Erkrankungsbildern als ausreichend.
Humanpathogene Pilze werden häufig in drei Gruppen eingeteilt (DHS-System):
- Dermatophyten: Fadenpilze, die oberflächliche Mykosen (Dermatomykosen) auf Haut, Haaren und Nägeln hervorrufen. Wichtige Vertreter sind Trichophyton-Arten und Epidermophyton floccosum.
- Hefen: einige sind Bestandteil der natürlichen Darmflora; bewirken unter für den Pilz günstigen Umständen (immunsupprimierter Wirt) z.B. Mykosen der Schleimhäute des Gastrointestinaltrakts und Windeldermatitis (Candidosen). Wichtige Vertreter sind Candida-Arten.
- Schimmelpilze: Fadenpilze; in erster Linie Aspergillus-Arten, die selten und vor allem bei immunsupprimierten Wirten zu dermalen und systemischen Mykosen führen können (Aspergillose)
Dimorphe Pilze liegen in Abhängigkeit von der Temperatur als Fadenpilze (Umwelt) oder Sprosspilze (Gewebe) vor. Beispiele hierfür finden sich etwa in den Gattungen Histoplasma, Coccidioides und Blastomyces.
Bedeutung
- als Pathogene: medizinisch sind Pilze als Erreger (Parasiten) von Infektionskrankheiten, den sogenannten Mykosen relevant. Sie können je nach Art neben dem Menschen auch Tiere und Pflanzen befallen. So sind etwa 80 Prozent der Pflanzenkrankheiten auf Pilze zurückzuführen. Bestimmte Schimmelpilze, etwa einige Aspergillus-Arten, können sich in Gebäuden ausbreiten und zu einer Belastung mit bedenklichen Mykotoxinen (z.B. Aflatoxine) führen oder Lebensmittel verderben.
- im Lebensmittelbereich: z.B. alkoholische Gärung, Fermentation, Backmittel.
- als Speise- und Giftpilze: etliche Waldpilze bilden markante Fruchtkörper aus, die als Speisepilz dienen. Zahlreiche Arten produzieren jedoch Giftstoffe und können als Giftpilze schwere Intoxikationen hervorrufen.
- in der Biotechnologie: einige Pilze sind von Bedeutung für die Biotechnologie, beispielsweise für die Produktion von Citronensäure.
- als Arzneistoffquelle: zahlreiche Arzneistoffe sind auf Pilze zurückzuführen. Zumeist sind dies Substanzen, die den Pilzen einen Überlebensvorteil verschaffen, in dem sie andere Organismen (Konkurrenten) unterdrücken. Beispiele sind Antibiotika wie die Penicilline aus Penicillium sp. und das Immunsuppressivum Ciclosporin aus Tolypocladium inflatum
Fortbildung
Einzelnachweis
- ↑ Bresinsky, Körner et al.: Strasburger - Lehrbuch der Botanik, Spektrum akadem. Verlag, 36. Aufl.
Literatur
- Munk (Hrsg.): Taschenlehrbuch Biologie: Mikrobiologie, Georg Thieme Verlag, 2008.
- Campbell & Reece: Spektrum Lehrbuch Biologie, Spektrum akadem. Verl., 6. Aufl.