Englisch: antiarrhythmics
Antiarrhythmika sind Medikamente zur Therapie von Herzrhythmusstörungen. Es ist ein Oberbegriff für eine Medikamentengruppe, die sich aus unterschiedlichen Substanzen mit verschiedenen Wirkmechanismen zusammensetzt mit dem gemeinsamen Ziel, wieder eine normale elektrische Herztätigkeit zu erreichen.
Anmerkung: Häufig werden nur die Medikamente zur Behandlung von tachykarden Herzrhythmusstörungen zu den Antiarrhythmika gezählt, nur im weiteren Sinn gehören Medikamente zur Behandlung von bradykarden Herzrhythmusstörungen wie Atropin oder Orciprenalin dazu.
Die Einteilung nach Vaughan Williams ist die gebräuchlichste und erfolgt anhand von elektrophysiologischen Eigenschaften. Sie ist allerdings umstritten, weil sich einige Medikamente nicht eindeutig einer der Klassen zuordnen lassen.
Durch die Blockierung der spannungsabhängigen schnellen Natriumkanäle stabilisiert sich das Membranpotential, wodurch sich die Erregungsleitung verschlechtert.
Der schnelle Natriumstrom wird gehemmt, was zu einer generellen Verschlechterung der Erregbarkeit der Zelle führt. Ausserdem bleiben die Kanäle verlängert refraktär, eine erneute Erregung ist also nur mit Verzögerung möglich.
Der Kaliumausstrom in der Repolarisation wird gehemmt, wodurch sich das Aktionspotential verlängert.
EKG: QRS-Verbreiterung, QT-Zeit-Verlängerung
Vertreter: Chinidin, Procainamid, Disopyramid, Ajmalin, Prajmalin
Der wesentliche Unterschied zur Klasse Ia besteht in einer verkürzten Refraktärzeit der Natriumkanäle. Daraus ergibt sich ein Frequenzfiltereffekt (Use-Dependance), das heisst, je höher die Herzfrequenz ist, desto wirksamer ist das Medikament (und normale Herzaktionen bleiben so gut wie unbeeinträchtigt). Diese Klasse ist nur bei ventrikulären Arrhythmien wirksam.
EKG: QRS- Komplex unverändert, QT-Zeit verkürzt (oder unverändert)
Vertreter: Lidocain, Phenytoin, Mexiletin, Aprindin, Tocainid
Sie ist der Klasse Ia sehr ähnlich. Der schnelle Natriumeinstrom wird gehemmt und die Refraktärzeit der Natriumkanäle nimmt zu.
Unterschied: Der Kaliumausstrom wird nicht beeinträchtigt, das Aktionspotential bleibt also unverändert.
EKG: QRS-Verbreiterung, QT-Zeit unverändert (bis verlängert)
Vertreter: Propafenon, Flecainid, Lorcainid
Durch die Blockade der Beta-Rezeptoren verringert sich die adrenerge Erregbarkeit am Herzen. Sie wirken so negativ chronotrop, negativ dromotrop und negativ inotrop.
Vertreter: Acebutolol, Atenolol, Bisoprolol, Metoprolol, Nebivolol, Propranolol, Sotalol
Der Kaliumausstrom wird während der Repolarisation gehemmt, somit verlängert sich das Aktionspotential.
EKG: Verlängerung der QT-Zeit
Vertreter: Amiodaron, Ibutilid, Sotalol (gleichzeitig auch Beta-Blocker), Dronedaron, Vernakalant
Am Sinus- und am AV-Knoten wird der langsame Calciumeinstrom gehemmt. Das Aktionspotential wird so verzögert gebildet und fortgeleitet (negativ chronotrop und dromotrop). Durch den Einfluss am Arbeitsmyokard wirken sie negativ inotrop.
Vertreter: Verapamil, Gallopamil, Diltiazem, Flunarizin
Weitere Antiarrhythmika, die nicht den genannten vier Klassen zugeordnet werden können, sind z.B.:
Alle Antiarrhythmika können auch proarrhythmogen wirken! Daher gilt eine strenge Indikationsstellung. Die Therapieempfehlungen wurde anhand großer Studien wie der CAST-Studie oder der SWORD-Studie weiter eingeschränkt, weil sich teilweise sogar eine höhere Sterblichkeit unter Medikation gegenüber einer Placebogabe nachweisen ließ. Dies gilt insbesondere für die Klasse-I-Antiarrhythmika.
Die Antiarrhythmikagabe ist keine Behandlung der Grunderkrankung, sondern vorrangig eine symptomatische Therapie. Nur wenn die Grunderkrankung (KHK, Herzfehler, Vitien, Hypertonie, Hyperthyreose und andere) behandelt wird, kann ein langfristiger Therapieerfolg erzielt werden. Nicht jede Arrhythmie erfordert die Gabe von Antiarrhythmika, sofern sie bei Herzgesunden auftritt und prognostisch kein Risiko besteht. Der Einsatz ist indiziert bei
Es gibt zahlreiche Wechselwirkungen zwischen den Antiarrhythmika. Kombinationen sollten nur unter größter Vorsicht und Beachtung der Nebenwirkungs- und Wechselwirkungsprofile vorgenommen werden. Die gleichzeitige Gabe von Klasse I- und Klasse-III-Antiarrhythmika ist obsolet.
Die zahlreichen Nebenwirkungen müssen beachtet werden und sind von Substanz zu Substanz verschieden. Ihr Einsatz sollte besonders bei einer Neueinstellung überwacht werden, z.B. mittels EKG-Kontrolle, Elektrolytbestimmungen und bei einigen Substanzen wie Amiodaron oder Propafenon zusätzlich durch eine Plasmaspiegelbestimmung.
Tags: Herzrhythmusstörung
Fachgebiete: Kardiologie, Pharmakologie
Diese Seite wurde zuletzt am 8. Oktober 2020 um 12:26 Uhr bearbeitet.
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