Propranolol
Handelsnamen: Dociton®, Inderal®
Englisch: propranolol
Definition
Propranolol ist ein nicht-selektiver Betablocker, der vor allem bei der Behandlung von Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und koronarer Herzkrankheit (KHK) eingesetzt wird.
Chemie
Die genaue chemische Bezeichnung (IUPAC-Name) von Propranolol lautet: RS)-1-(Isopropylamino)-3-(naphthalen-1-yloxy)propan-2-ol. Propranolol hat die Summenformel C16H21NO2 und eine molare Masse von 259,34 g/mol.
3D-Modell
Wirkmechanismus
Propranolol hemmt nicht-selektiv die sympathischen β1- und β2-Adrenozeptoren. Durch die Blockierung der Kanäle ohne die Auslösung eigener intrinsischer Aktivität wird die stimulierende Wirkung des Sympathikus und seiner Neurotransmitter Adrenalin und Noradrenalin in den Zielzellen gehemmt.
Propranolol weist eine gewisse partiell agonistische Aktivität auf (PAA, früher ISA) und wirkt so abhängig vom Sympathikotonus (partiell) antagonistisch oder agonistisch.
Die nicht-selektive Blockierung beider β-Rezeptoren bewirkt über die β1-Rezeptoren eine Senkung der Inotropie, Chronotropie und Dromotropie am Herzen. Die Blockierung der β2-Rezeptoren hat unter anderem bronchokonstriktive, vasokonstriktive und metabolische Wirkung.
Durch seine membranstabilisierende Wirkung wirkt Propranolol in sehr hohen Dosen lokalanästhetisch.
Propranolol kann die periphere Konversion von T4 zu T3 herabsetzen, indem es die Deiodinase hemmt, und durch seine Wirkung als Betablocker kardiale und nichtkardiale Symptome der Hyperthyreose mindern.
Pharmakokinetik
Propranolol ist ausgesprochen lipophil und wird schnell und vollständig absorbiert. Durch den hohen First-pass-Effekt ist es nur zu 30% bioverfügbar. Seinen maximalen Wirkspiegel erreicht Propranolol nach ca. 1 bis 3 Stunden. Von der Leber metabolisiert, hat es eine Plasmahalbwertszeit von ungefähr 6 Stunden.
Anwendungsgebiete
Propranolol wird vor allem in der Behandlung kardialer Erkrankungen eingesetzt. Hierzu zählen unter anderem:
- Koronare Herzkrankheit
- Arterielle Hypertonie
Ferner findet Propranolol Anwendung bei Hyperthyreose, Ösophagusvarizen, Glaukom, essentiellem Tremor und zur Migräneprophylaxe. Außerdem stellt die orale Behandlung mit Propranolol das Mittel der ersten Wahl für die Behandlung infantiler Hämangiome dar - hier besteht seit 2014 eine spezielle Zulassung durch die FDA und EMA.
Propranolol wird weiterhin bei psychiatrischen Erkrankungen mit Anspannungszuständen und Impulskontrollstörung sowie bei Panikattacken verabreicht.
Nebenwirkungen
Durch seine unselektive Blockade sowohl der β1- als auch der β2-Rezeptoren weist Propranolol einige unerwünschte Nebenwirkungen auf. Hierzu zählen vor allem:
- Asthmaanfälle
- Bradykardie
- Hypotonie
- Kältegefühl
- Hypoglykämie (bei Diabetes mellitus)
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Klinisch nicht relevante Senkung der glomerulären Filtrationsrate (GFR)
Wechselwirkungen
Propranolol weist unter anderem mit folgenden Medikamenten Wechselwirkungen auf:
Calciumantagonisten vom Verapamil und Diltiazem-Typ | Bei der gleichzeitigen Gabe von Propranolol kann es zu ausgeprägter Kardiodepression und der Ausbildung von AV-Blöcken kommen. |
Herzglykoside | Bei gleichzeitiger Gabe kommt es zu einer Verstärkung des negativ chronotropen Effektes. |
Kontraindikationen
Kontraindikationen für die Gabe von Propranolol sind das Vorliegen von obstruktiven Atemwegserkrankungen, einer ausgeprägten Bradykardie oder eines AV-Blocks zweiten und dritten Grades.
Eine Gabe sollte auch besonders kontrolliert werden beim Vorliegen von:
Toxikologie
Im Falle einer Überdosierung von Propranolol kann es gegebenenfalls zur Ausbildung toxischer Symptome kommen. Diese Symptome entsprechen den Nebenwirkungen, sind aber - je nach aufgenommener Dosis - entsprechend stärker:
- massive Hypotonie
- Bradykardie, Asystolie
- Emesis (Erbrechen)
- Kardiogener Schock
- Bronchospasmus
- Krampfanfälle
- Bewusstseinsstörungen
Fälle von Überdosierungen mit Propranolol beim Menschen, die einen letalen Verlauf genommen haben, sind dokumentiert.
Akute Toxizität
Die mittlere Letaldosis (durchschnittlich tödliche Dosis; Tierversuch) beträgt:
- Maus, p.o.: 500 bis 800 mg/kgKG
- Ratte, p.o.: 1000 bis 1500 mg/kgKG
- Kaninchen, p.o.: 450 bis 600 mg/kgKG
- Maus, i.v.: 30 bis 50 mg/kgKG
- Ratte, i.v.: 25 bis 30 mg/kgKG
- Kaninchen, i.v.: 7,5 bis 10 mg/kgKG
Maßnahmen bei Vergiftung
- Sofortiger Abbruch der Propranolol-Therapie
- Dialysierbarkeit: nein (0 bis 5%)
- Primäre Giftelimination
- Pharmakologische Intervention zum Beispiel durch Atropin (Bolus zu 0,5 bis 2 mg, i.v.), Dopamin, Dobutamin, Isoprenalin oder Epinephrin
- Ggf. Glucagon
- Eventuell temporärer Schrittmacher notwendig
- β2-Sympathomimetika (z.B. Salbutamol) bei Bronchospasmus
- Benzodiazepine (z.B. Diazepam) bei Krämpfen
Forschung
In klinischen Studien konnte durch Propranolol die Immunreaktion bei einer Impfung gegen Salmonellen und Plasmodien verstärkt werden.[1] Darüber hinaus wird der Einsatz des Wirkstoffs zur Behandlung von Epilepsie erforscht.[2][3]
Quellen
- ↑ Shahabi S, Mohammadzadeh Hajipirloo H, Keramati A, Hazrati Tappeh K, Bozorgomid A: Evaluation of the adjuvant activity of propranolol, a Beta-adrenergic receptor antagonist, on efficacy of a malaria vaccine model in BALB/c mice. Iran J Allergy Asthma Immunol. 2014 Oct;13(5):307-16.
- ↑ Borowicz KK, Banach M: Antiarrhythmic drugs and epilepsy. Pharmacol Rep. 2014 Aug;66(4):545-51. doi: 10.1016/j.pharep.2014.03.009.
- ↑ Shafaroodi H, Khosravani E, Fakhrzad A, Moezi L: The interaction between morphine and propranolol in chemical and electrical seizure models of mice. Neurol Res. 2016 Feb;38(2):166-76. doi: 10.1080/01616412.2015.1136779.
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