Diazepam
Handelsname: Valium® u.a.
Englisch: diazepam
Definition
Diazepam ist ein Arzneimittel aus der Gruppe der lang wirksamen Benzodiazepine und gehört zu den Psychopharmaka. Es wirkt anxiolytisch, antikonvulsiv, muskelrelaxierend und sedierend.
Chemie
Diazepam hat die Summenformel C16H13ClN2O und eine molare Masse von 284,74 g·mol−1.
Wirkmechanismus
Diazepam wirkt als allosterischer Modulator des Gamma-Aminobuttersäure-Rezeptors (GABA-Rezeptor) und verstärkt so die Wirkung des Neurotransmitters GABA. Diazepam dockt dabei als Agonist an die Benzodiazepinbindungsstelle des GABA-Rezeptors an. Das führt zu einer Änderung der räumlichen Struktur (Konformation) des Rezeptors, welche die Empfindlichkeit für GABA erhöht. Die vermehrte GABA-Aktivität öffnet die zellulären Chlorid-Kanäle und führt zu einem verstärkten Chlorideinstrom in die Nervenzelle. Diese erhöhte Chloridkonzentration in der Zelle führt wiederum zu einer Hyperpolarisation, die die Nervenzelle weniger erregbar macht.
Pharmakokinetik
Die Bioverfügbarkeit von Diazepam ist nach oraler Einnahme nahezu 100 %. Die Plasmahalbwertszeit von Diazepam liegt zwischen 24 und 48 Stunden. Der Abbau erfolgt in der Leber über die Cytochrom-P450-Isoenzyme CYP2C19 und CYP3A4. Die pharmakologisch aktiven Abbauprodukte Nordazepam, Temazepam und Oxazepam können bis zu 80 Stunden nach Einnahme sedierend wirken.
Indikationen
Diazepam wird für die Behandlung folgender Krankheiten angewendet:
- akute und chronische Spannungs- und Erregungszustände
- Angststörungen
- Schlafstörungen
- vegetative Dystonie
- Spastiken
- Epilepsie und sonstige Konvulsionen
- Alkoholentzugssyndrom
- Prämedikation und Sedierung vor und während chirurgischen und diagnostischen Eingriffen. In dieser Indikation ist jedoch das kürzer wirksame Midazolam das Mittel der ersten Wahl.
Im Status epilepticus ist intravenös gegebenes Diazepam das Mittel der ersten Wahl. In besonderen Fällen – vor allem bei Kindern – kann Diazepam auch rektal angewandt werden.
Darreichungsformen
Diazepam gibt es in Form von:
- Tabletten
- Tropfen
- Zäpfchen
- Rektallösung (rectal tube, Mikroklist)
- Injektionslösungen für die i.v.- und i.m.-Anwendung
Die intravenöse Gabe sollte Notfällen wie Status epilepticus, Krampfanfällen, Serotonin-Syndrom oder Tetanus vorbehalten bleiben. Die intramuskuläre Injektion wird wegen unsicherer Resorption aus dem Muskelgewebe nicht empfohlen.
Dosierung
Die Dosierung ist abhängig von der jeweiligen Indikation, patientenindividuellen Parametern (Alter, Körpergewicht) und der Art der Anwendung. Bei oraler Gabe liegen die Dosen für Erwachsene zwischen 5 und 20 mg täglich.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Allgemein sollte die Dosis so gering wie möglich und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich gehalten werden.
Nebenwirkungen
Störungen der kognitiven Fähigkeiten und ein beeinträchtigtes Reaktionsvermögen, aufgrund der ZNS-dämpfenden Wirkung, sind die häufigsten Nebenwirkungen von Diazepam. Weiterhin gehören Schläfrigkeit, Benommenheit und eventuell in seltenen Fällen bei älteren Menschen die Beeinträchtigung des Muskeltonus dazu.
Des Weiteren kann es zu Überempfindlichkeitsreaktionen, Muskelschwäche, Müdigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen kommen.
In manchen Fällen kommt es zu paradoxen Reaktionen, wie plötzlichen Wutausbrüchen oder Angstzuständen. Mundtrockenheit und Magen-Darm-Beschwerden sowie schwerwiegende Nebenwirkungen wie Atemprobleme, Blutdruckabfall oder Blasenfunktionsstörungen wurden ebenfalls beschrieben.
Es ist darauf zu achten, dass Diazepam nach längerer Einnahme zu Abhängigkeit führt und beim plötzlichen Absetzen auch Entzugssymptome hervorrufen kann.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen bestehen vor allem mit Wirkstoffen, die ebenfalls durch Cytochrom P450 verstoffwechselt werden oder diese Enzyme hemmen. Dazu gehören u.a.:
Diazepam verstärkt weiterhin die Wirkung von u.a.:
Kontraindikationen
Diazepam darf nicht eingenommen werden bei
- Überempfindlichkeit gegenüber Benzodiazepinen
- Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit und oder Intoxikationen
- Myasthenia gravis ist eine absolute Kontraindikation
- Schlafapnoe
- Ateminsuffizienz
- Bei Kindern oder Jugendlichen sollte Diazepam nur nach strenger Indikationsstellung angewandt werden.
Therapeutisches Drug Monitoring
Material
Für die Bestimmung der Diazepamspiegel im Rahmen des therapeutischen Drug Monitoring werden 2 ml Serum benötigt. Die Blutentnahme sollte vor Gabe der nächsten Dosis erfolgen.
Für die Durchführung eines Drogenscreenings bei Verdacht auf eine Diazepamabhängigkeit verwendet man 5 ml Urin. Die Urinabgabe muss unter Sichtkontrolle erfolgen.
Referenzbereich
Laborwert | Bewertung | Plasmaspiegel [ng/ml] |
---|---|---|
Diazepam im Serum | Therapeutischer Bereich | 200 bis 500 |
Toxischer Bereich | > 1.000 | |
Nordazepam im Serum | Therapeutischer Bereich | 600 bis 1.500 |
Toxischer Bereich | > 2.000 |
Literatur
- Herdegen T et al: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. 2. Auflage, 2010. Thieme Verlag
- Laborlexikon.de; abgerufen am 28.20.2021