Synonyme: (R,S)-Hyoscyamin, DL-Hyoscyamin, "Belladonna"
Englisch: atropine
Atropin ist ein giftiges Tropan-Alkaloid, das in geringer Dosierung als Arzneistoff vielfältige Verwendung in der Medizin findet.
Atropin kommt natürlich in verschiedenen Pflanzenteilen einiger Nachtschattengewächse wie Alraune, Engelstrompete, Stechapfel, Tollkirsche oder Bilsenkraut vor.
Atropin wurde schon frühzeitig als Arzneimittel eingesetzt. Bereits im Jahre 1852 erscheint der Wirkstoff im Codex medicamentarius Hamburgensis. Eine der ersten medizinischen Anwendungen des Atropins war die Asthmabehandlung, sowohl in Form von Injektionen als auch in Form von sog. Asthma-Zigaretten. Diese Therapien wurde wegen Ihrer Nebenwirkungen später aufgegeben.
Die Summenformel von Atropin lautet C17H23NO3, die molare Masse beträgt 289,37 g/mol. Chemisch gesehen ist Atropin ein Racemat aus D- und L-Hyoscyamin.
Nach Extraktion liegt Atropin in Form farbloser Kristalle mit einem Schmelzpunkt zwischen 115 und 117 °C vor. Es ist sehr schwer löslich in Wasser, löslich in Ethanol, Ether, fetten Ölen und Chloroform. Das in Arzneimitteln häufig verwendete Atropinsulfat ist hingegen leicht wasserlöslich.
Das Alkaloid wirkt als unselektiver Muskarinrezeptor-Antagonist. Es vermindert die Wirkung des Parasympathikus, indem es als kompetitiver, reversibler Antagonist den Neurotransmitter Acetylcholin von den Muskarinrezeptoren (mACHR) verdrängt. Atropin wird daher den Anticholinergika bzw. Parasympatholytika zugeordnet. Auf Nikotinrezeptoren wirkt es nicht. Diese Eigenschaften führen zu einer breiten Palette pharmakologischer Wirkungen auf verschiedene Organe bzw. Organsysteme:
Organ/Organsystem | Wirkung |
---|---|
Herz | positiv chronotrop: Steigerung der Herzfrequenz positiv dromotrop: Beschleunigung der AV-Überleitungszeit |
Lunge | Bronchodilatation |
Gastrointestinaltrakt | Verminderung von Peristaltik und Sekretion |
Glatte Muskulatur | Relaxation |
Auge | Mydriasis, Akkomodationshemmung |
Schweißdrüsen | Herabgesetzte Schweißproduktion |
Speicheldrüsen | Verminderte Speichelbildung |
Heute wird Atropin überwiegend in der Notfallmedizin sowie in der Augenheilkunde verwendet. Bei einem Kreislaufstillstand kommt es nicht mehr zum Einsatz. Indikationen sind u.a.:
Zu beachten ist, dass es bei niedriger Dosierung zu einer paradoxen Bradykardie kommen kann.
Der wichtigste Symptomkomplex bei Atropinvergiftung ist das anticholinerge Syndrom mit
Bei Einnahme letaler Dosen kommt es zu Bewusstlosigkeit, Krampfanfällen und Atemlähmung. Als spezifisches Antidot bei schwerer Intoxikation kommt Physostigmin in Betracht.
Fachgebiete: Pharmakologie, Toxikologie
Diese Seite wurde zuletzt am 22. Februar 2022 um 15:12 Uhr bearbeitet.
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