Alraune
Synonyme: Drachenpuppe, Galgenmännlein, Mandragora u.a.
Englisch: devil's apple, european mandrake
Definition
Die Alraune, botanisch als Mandragora officinarum bezeichnet, ist eine Giftpflanze aus der Gattung Mandragora und der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae).
Eigenschaften
Das charakteristischste Merkmal der Pflanze ist ihre bis zu 60 cm große, fleischige Wurzel, deren Form häufig menschenähnliche Gestalt besitzt. Der Wurzel entspringen kurzgestielte, eiförmige, Blätter mit gekerbtem bis gezähntem Blattrand. Die Blüten, die im Frühjahr und Herbst, teilweise auch im Winter, erscheinen, besitzen fünf violette Kronblätter und einen fünfspaltigen Kelch. Aus den Blüten gehen grüne, im reifen Zustand gelbe, kugelige Beerenfrüchte mit einem Durchmesser zwischen 2 und 4 cm hervor. Die Alraune ist in Europa südlich der Alpen verbreitet und in Mitteleuropa nur in sehr milden Lagen winterhart.
Geschichte
Verwendete Pflanzenteile waren besonders die Wurzel (Radix Mandragorae), zum Teil aber auch das Kraut (Herba Mandragorae) und die Früchte (Fructus Mandragorae). Der Alraune wurden mythische Eigenschaften zugeschrieben. Unter anderem sollte sie als Aphrodisiakum und Glücksbringer wirkungsvoll sein. Neben anderen mythischen Nachtschattengewächsen (Schwarze Tollkirsche, Bilsenkraut) fand sie sich in Hexensalben und Zaubertränken wieder.
Medizinische Verwendung
Aufgrund der narkotisierenden Eigenschaften war die Anwendung bei operativen Eingriffen gebräuchlich (heutzutage obsolet).
Inhaltsstoffe
Die Alraune zeichnet sich durch ihren Gehalt an Tropan-Alkaloiden aus. Der Gesamtgehalt an Alkaloiden beträgt 0,3 bis 0,4%. Die wichtigsten Alkaloide sind (L)-Scopolamin und (L)-Hyoscyamin sowie dessen Razemat Atropin.
Wirkmechanismus
Die Wirkung der Alraune beruht auf der parasympatholytischen Aktivität seiner Alkaloide. (L)-Hyoscyamin, Atropin und (L)-Scopolamin besetzen als kompetitive Antagonisten muskarinerge Acetylcholinrezeptoren. Somit wird hier die Signalübertragung gehemmt.
Toxikologie
Durch den Alkaloid-Gehalt kann es zur Ausbildung eines anticholinergen Syndroms kommen.
Symptome
Die Symptome einer Intoxikation mit Alraune entspricht weitestgehend der Vergiftung durch andere Tropan-Alkaloid-haltige Pflanzen:
- Mundtrockenheit, Schleimhauttrockenheit, Heiserkeit
- Schluckstörungen
- Miktionsstörungen, Harnretention, Obstipation, Darmatonie
- Übelkeit, Erbrechen
- Hyperthermie, Flush, Exantheme
- starke Agitation
- Müdigkeit/ starke Somnolenz
- starke Halluzinationen (zum Teil mit Selbstverletzung)
- Verwirrtheit, Delir, Desorientierung, Amnesie
- Mydriasis, Akkommodationsstörungen
- Herzrhythmusstörungen, Hypotonie, Tachykardie
- Hyperventilation
- Ataxie
- Krampfanfall
- Koma
- Rhabdomyolyse
- fulminante Hepatitis
- Atemlähmung
Therapie
Im Vordergrund stehen resorptionsvermindernde Maßnahmen (Aktivkohle, Natriumsulfat). Klinisch: Magenspülung. Des Weiteren muss die Möglichkeit der künstlichen Beatmung sichergestellt werden. Als spezifisches Antidot gegenüber anticholinergen Symptomen kann auf Physostigmin zurückgegriffen werden.
Literatur
- Roth et al.: Giftpflanzen - Pflanzengifte, Nikol Verlag, Karlsruhe/ München, 2008.