Herz
Synonyme: Cor, Kardia
Englisch: heart
Definition
Das menschliche Herz ist das zentrale Organ des Blutkreislaufs. Es handelt sich um ein muskuläres Hohlorgan und funktioniert als Druck- und Saugpumpe, die pro Minute etwa 5 bis 6 Liter Blut durch den menschlichen Körper pumpt. Es ist Teil des kardiovaskulären Systems.
Die Lehre von Struktur, Funktion und Erkrankungen des Herzens ist die Kardiologie. Die Muskelzellen des Herzens werden als Kardiomyozyten bezeichnet.
Anatomie
Übersicht
Das Herz befindet sich retrosternal im mittleren Mediastinum und ist nahezu vollständig vom zweiblättrigen Herzbeutel (Perikard) umgeben. Der größte Teil der kardialen Masse wird durch die Herzmuskulatur (Myokard) gebildet, die zum Lumen hin mit Endokard ausgekleidet ist, nach außen hin vom Epikard bedeckt wird.
Anatomisch ist das Herz aus zwei Kammern (Ventrikel) und zwei Vorhöfen (Atrien), den so genannten Herzhöhlen, aufgebaut. Sie sind durch Herzklappen voneinander getrennt und in den Körper- beziehungsweise Lungenkreislauf eingeschaltet. Die bindegewebige Trennschicht zwischen Vorhof- und Ventrikelmyokard in der Ventilebene des Herzens bezeichnet man als Herzskelett.
Die nach kranial und dorsal weisende Fläche des Herzens, an der die großen Gefäßstämme münden, bezeichnet man als Herzbasis (Basis cordis), das ihr entgegen gesetzte Ende als Herzspitze (Apex cordis).
Die Herzbasis ist durch die großen Gefäßstiele (Porta arteriosa und Porta venosa) sowie die Membrana bronchopericardiaca elastisch fixiert. Die frei bewegliche Herzspitze wird aus der Masse der Ventrikel gebildet und reicht ventrokaudal bis an die linke Medioklavikularlinie auf Höhe des 5. ICR heran.
Das aus den beiden Hohlvenen (Vena cava superior et inferior) und den vier Lungenvenen (Venae pulmonales dextrae et sinistrae) bestehende Venenkreuz bildet in seiner Gesamtheit die Porta venosa des Herzens. Die Porta arteriosa umfasst die sich in ihrem Ursprung spiralig umlaufenden Aorta und den Truncus pulmonalis. Dem stämmig verdickten Ursprung der Aorta (Bulbus aortae) entspringen die rechte und linke Koronararterie, die für die proprietäre Blutversorgung des Herzens verantwortlich sind.
Topographie
Das Herz liegt innerhalb des Thorax im mittleren Mediastinum, wobei sich seine Kontur auf die 2. bis 5. Rippe projiziert. Oben reicht die Herzbasis etwa zwei Zentimeter über den rechten Sternalrand hinaus, unten grenzt die Herzspitze bis fast an die linke Medioklavikularlinie. Lateral wird das Herz jeweils von den beiden Pleurablättern des linken und rechten Lungenflügels begrenzt. Der linke Vorhof steht dorsal in direktem Kontakt mit dem Ösophagus. Ventral des Herzens befindet sich die vordere Brustwand mit dem Sternum und dem dahinter liegenden Thymus. Kaudal sitzt das Herz dem Zwerchfell auf, das mit dem Perikard verwachsen ist.
Die Längsachse des Herzens liegt schräg im Thorax von rechts dorsokranial nach links ventrokaudal. Die Neigung beträgt ungefähr 45° sowohl in der Horizontal- als auch in der Sagittal- und Frontalebene.
Dimensionen
Das Herz eines Erwachsenen ist etwa 12 cm lang, und misst im Querschnitt an der breitesten Stelle 8 bis 9 cm, an der tiefsten ca. 6 cm. Das Gewicht schwankt beim Mann zwischen 280 bis 340 Gramm, bei der Frau zwischen 230 bis 280 Gramm. Über den größten Teil des Lebens nimmt die Herzmasse kontinuierlich zu.
Einteilung
Das Herz ist durch Septen vertikal in eine rechte und eine linke Hälfte geteilt, horizontal durch eine zirkuläre Einschnürung und die Segelklappen in 2 Herzvorhöfe und 2 Herzkammern. Damit ergeben sich insgesamt vier Herzhöhlen:
- Rechter Vorhof (Atrium cordis dextrum)
- Rechte Kammer (rechter Ventrikel, Ventriculus cordis dexter)
- Linker Vorhof (Atrium cordis sinistrum)
- Linke Kammer (linker Ventrikel, Ventriculus cordis sinister)
Diese Aufteilung des Herzens ist auch von außen erkennbar. Zwischen den Vorhöfen und den Kammern verläuft als zirkuläre Einschnürung der Sulcus coronarius. Zwischen den Kammern finden sich als Einziehungen der Herzmuskulatur der Sulcus interventricularis anterior und der Sulcus interventricularis posterior.
Die Vorhöfe besitzen außerdem zipfelförmige Aussackungen, die sogenannten Herzohren.
Außenflächen
Man unterscheidet anatomisch mehrere Außenflächen des Herzens:
- Facies sternocostalis cordis: zum Brustbein (Sternum) und zu den Rippen hin gelegene, konvexe Fläche; größtenteils durch den rechten Ventrikel gebildet
- Facies diaphragmatica cordis: zum Zwerchfell (Diaphragma) hin gelegene, dorsokaudale, abgeplattete Fläche
- Facies pulmonalis cordis: jeweils rechts und links zur Lunge hin gelegene Fläche; links gebildet vom linken Ventrikel; rechts vom rechten Vorhof
- Facies posterior cordis: kraniodorsaler Teil der Rückfläche des Herzens, die zum hinteren Mediastinum weist und Kontakt zum Ösophagus hat; gebildet größtenteils vom linken Vorhof[1]
Innenflächen
Die mit Endokard überzogene Innenfläche des Herzens ist nicht glatt und unstrukturiert, sondern im Bereich der Herzventrikel von vernetzten rundlichen Muskelbälkchen, den Trabeculae carneae, überzogen. Ferner entspringen hier die Papillarmuskeln, welche über Sehnenfäden (Chordae tendineae) die Segelklappen verspannen.
Blutversorgung
Die Versorgung des Herzens mit arteriellem Blut erfolgt über zwei große Koronargefäße, die Arteria coronaria dextra und die Arteria coronaria sinistra. Sie bilden untereinander zahlreiche Anastomosen. Diese Anastomosen reichen jedoch nicht aus, um einen vollständigen Kollateralkreislauf zu bilden. Man spricht deshalb von funktionellen Endarterien. Bei Verschluss eines Astes kommt es zu einer Ischämie des Versorgungsgebiets. Bei lang andauernder Ischämie kommt es zur Nekrose des Herzmuskelgewebes.
Der Abtransport des venösen Blutes erfolgt über die Koronarvenen (u.a. die Vena cardiaca magna) und den Sinus coronarius.
Für die proprietäre Blutversorgung des Herzens (Vasa privata) sind die Koronararterien verantwortlich. Ungefähr 75 % des venösen Blutes sammeln sich Sinus coronarius und werden dem rechten Vorhof zugeführt. Etwa 25 % des Blutes fließt über Venae cardiacae minimae (Thebesius-Venen) direkt in die Vorhöfe und Ventrikel ab.
Weitere Einzelheiten siehe: Koronararterien, Herzvenen
Innervation
Die vegetative Innervation des Herzens erfolgt über sympathische Nervenfasern der Halsganglien, die auch als Herznerven (Nervi cardiaci) bezeichnet werden, und parasympathische Fasern des Nervus vagus (Nervus X). Sie strahlen in ein Nervengeflecht, den Plexus cardiacus, an der Herzbasis ein.
Die interne elektrische Steuerung der Herztätigkeit erfolgt über das Reizleitungssystem des Herzens.
siehe Hauptartikel: Innervation des Herzens, Erregungsleitungssystem des Herzens
Lymphabfluss
Das Herz besitzt endokardiale, myokardiale sowie epikardiale Lymphgefäße. Kleine Lymphkapillaren im Endomysium des Myokards schließen sich zu kleinen Kollektoren zusammen, die überwiegend die Blutgefäße begleiten. Größere Kollektoren gehen aus dem epikardialen Lymphgefäßsystem hervor und gelangen über zwei Hauptstämme entlang der Koronararterien an die ventrale Fläche von Aorta und Truncus pulmonalis. Man unterscheidet:
Beide Lymphgefäße ziehen entlang der Wand der großen Gefäße durch den Umschlagrand des Herzbeutels zur Bifurcatio tracheae. Sie gelangen schließlich über den Nodus lymphaticus praeaorticus und den Nodus lymphaticus retroaorticus zu den Nodi lymphoidei mediastinales anteriores und tracheobronchiales.
An der Oberfläche des Herzbeutels verläuft ein getrenntes perikardiales Lymphgefäßnetz, welches die Lymphe von Perikard und angrenzendem Mediastinum in die Nodi lymphatici praepericardiales und pericardiaci laterales drainiert. Die Lymphe fließt dann über mediastinale Bahnen sowie zu den Nodi lymphatici parasternales.
Histologie
Beim Myokard handelt es sich wie bei der Skelettmuskulatur um quergestreifte Muskulatur. Sie nimmt morphologisch eine Zwischenstellung zwischen der glatten Muskulatur und der Skelettmuskulatur ein. Das Gewebe besteht aus einzelnen ein- oder zweikernigen Zellen, den Kardiomyozyten, die ein funktionelles Synzytium bilden. Im Gegensatz zu den peripher gelegenen Kernen der Skelettmuskulatur liegt der Zellkern der Kardiomyozyten jedoch zentral.
Eine Besonderheit des Mykards sind die so genannten Glanzstreifen zwischen benachbarten Kardiomyozyten. Sie erscheinen lichtmikroskopisch als helle, stark lichtbrechende Querbanden, die sich intensiver anfärben als das Zytoplasma der Kardiomyozyten. Dabei handelt es sich um Zellkontakte, welche die Kardiomyozten mechanisch und bioelektrisch koordinieren.
Embryologie
Herzentwicklung
Die Herzanlage (kardiogene Platte) entwickelt sich um den 18. Tag in der Nähe der Membrana buccopharyngea aus dem Seitenplattenmesoderm (Herzschlauch, Gefäße, Epikard, Perikard) und der Neuralleiste (Herzseptum in der Ausflussbahn). Zunächst bilden Angioblasten Blutinseln, aus denen sich ein hufeisenförmiger Gefäßplexus bildet. Die Zellen in seinem Inneren werden zu primitiven Blutzellen, die peripheren Zellen zu Endothelzellen.
Der Gefäßplexus verschmilzt anschließend beidseitig zu je einem Endokardrohr. Durch die laterale Abfaltung verlagern sich die Endokardrohre nach medial und verschmelzen dort zum unpaaren Herzschlauch. Ihn umgebende Mesenchymzellen des viszeralen Blattes verdichten sich zum Myokard. Zwischen Endothel (Endokard) und dem Myokard liegt die Herzgallerte, die extrazelluläres Material des Mesenchyms darstellt.
Die kraniokaudale Abfaltung verursacht das Absteigen (Descensus cordis) dieser Strukturen und die Verlagerung in die Perikardhöhle (s.u.) des sich bildenden Herzens. Im Mesoderm entsteht durch Spaltbildung die primäre Perikardhöhle, worin der Herzschlauch über das dorsale Mesoderm befestigt ist. Der mittlere Teil des dorsalen Mesoderms degeneriert, wodurch sich der Sinus transversus pericardii bildet.
Ausweitungen des primitiven Herzschlauchs sind:
Am 22. Tag beginnt das Myokard rhythmische Kontraktionen.
siehe Hauptartikel: Embryonale Herzentwicklung
Fetaler Kreislauf
Im fetalen Herzen bestehen zwei wichtige Strukturen, die den fetalen Kreislauf auszeichnen.
Das Foramen ovale stellt eine Verbindung zwischen dem rechten und linken Vorhof her, wodurch der Lungenkreislauf umgangen wird. Postnatal erhöht sich der Druck im linken Vorhof, sodass sich das Foramen ovale verschließt. Als Relikt bleibt die Fossa ovalis im adulten Herz übrig.
Der Ductus arteriosus ist eine Gefäßverbindung zwischen der Aorta und dem Truncus pulmonalis. Über ihn fließt Blut aus dem Truncus pulmonalis direkt in die Aorta descendens. Er verschließt sich innerhalb von 10 Tagen nach der Geburt vollständig.
siehe Hauptartikel: Fetaler Kreislauf
Physiologie
Die Hauptaufgabe des Herzens ist die Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs. Die dabei erbrachte Arbeit bzw. Leistung wird als Herzarbeit bzw. Herzleistung bezeichnet. Neben der Pumpfunktion wird dem Herzen auch eine Aufgabe bei der Blutdruckregulation zugeschrieben, die spezielle endokrine Zellen (myoendokrine Zellen) vor allem in den Atrien wahrnehmen. In diesem Zusammenhang ist das atriale natriuretische Peptid (ANP) beschrieben. Das Herz ist ebenso in der Lage, auf eine Veränderung des Blutvolumens zu reagieren. So steigt zum Beispiel bei erhöhtem Volumen die Herzfrequenz an (Bainbridge-Reflex). Ebenso wird die Kontraktilität der Herzmuskelzellen gesteigert (Frank-Starling-Mechanismus).
Klinik
Klinische Anatomie
Für die Lokalisation klinischer Befunde wird das AHA-System der kardialen Segmentierung verwendet.
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung des Herzens basiert im Wesentlichen auf der Auskultation der Herztöne und Herzgeräusche sowie der Palpation des Pulses.
Apparative Diagnostik
Für die Untersuchung des Herzens stehen zahlreiche Verfahren zur Verfügung, die invasiv oder nicht-invasiv sein können. Dazu zählen u.a.:
- EKG
- Röntgendiagnostik
- Echokardiografie
- Kardio-CT
- Kardio-MRT
- Linksherzkatheteruntersuchung
- Rechtsherzkatheteruntersuchung
Labordiagnostik
Für die Diagnostik von Herzerkrankungen gibt es eine Reihe von aussagekräftigen Laborparametern. Siehe unter anderem Labordiagnostik beim Herzinfarkt und BNP.
Wichtige Erkrankungen
Die Erkrankungen des Herzens sind die Domäne der Kardiologie. Da das Herz funktionell eng mit dem Gefäßsystem im Zusammenhang steht, spricht man auch von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wichtige Erkrankungen sind:
Podcast
Fortbildung
Literatur
- Herrmann-Lingen, C.: Depression und koronare Herzkrankheit. In: herzmedizin 26 (2009). H.2, S.76-81. Volltext abrufen
Weblinks
- DGK-Herzführer (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie)
- Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
Quelle
- ↑ Waldeyer et al. Anatomie des Menschen: Lehrbuch und Atlas in einem Band (De Gruyter Studium) (19th totaly rev. ed.), De Gruyter, 2012
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © Jeff W / Unplash