Zwerchfell
Synonym: Diaphragma
Englisch: diaphragm, midriff
Definition
Das Zwerchfell ist der zentrale Atemmuskel, der die untere Thoraxapertur zum Abdomen hin verschließt.
Embryologie
Entwicklungsgeschichtlich entsteht das Zwerchfell als häutiges Septum transversum im vorderen Halsbereich aus dem Mesoderm. Deshalb erfolgt die spätere Innervation aus Anteilen der Spinalnerven C3 bis C5. Später verschmilzt das Septum transversum mit Anteilen der Pleuroperitonealmembranen (Membranae pleuroperitoneales) und des dorsalen Mesenteriums.
In der weiteren Embryonalentwicklung verlagert sich die Zwerchfellanlage mit der Streckung des Halses und der Verlagerung des Herzens nach kaudal.
Anatomie
Übersicht
Die aus verschiedenen Anteilen bestehende Muskelplatte des Zwerchfells hat ihren Ursprung an den Rippen, der Lendenwirbelsäule und dem Sternum. In der Zwerchfellmitte befindet sich als gemeinsamer Ansatz der drei Muskelteile das sehnige Centrum tendineum, das beidseitig von muskulären Zwerchfellkuppeln überragt wird. Innerviert wird das Zwerchfell vom Nervus phrenicus.
Einteilung
Man unterscheidet nach dem jeweiligen Ursprung der Muskelfasern drei Teile des Zwerchfells:
Pars lumbalis (Lendenteil)
Die Pars lumbalis bildet die Zwerchfellschenkel (Crura), einerseits das Crus mediale, andererseits das Crus laterale. Das Crus mediale dextrum (rechts) nimmt seinen Ursprung von den 1.-4. Lendenwirbelkörpern, wohingegen das Crus mediale sinistrum seinen Ursprung an den 1.-3. Lendenwirbelkörpern hat. Einige Autoren grenzen vom Crus mediale noch ein Crus intermedium ab, das weiter seitlich am zweiten Lendenwirbelkörper entspringt.[1]
Das rechte und linke Crus laterale entspringt von 2 Bögen (Arci), dem Arcus lumbocostalis medialis (Psoasarkade, Ligamentum arcuatum mediale) und dem Arcus lumbocostalis lateralis (Quadratusarkade, Ligamentum arcuatum laterale).
Die Zwerchfellschenkel der rechten und linken Seite sind durch bogenförmig verlaufende Faserzüge miteinander verbunden. Sie werden als Ligamentum arcuatum medianum bezeichnet.
Pars costalis (Rippenteil)
Die Fasern der Pars costalis entspringen an den Innenseiten der Rippenknorpel und des angrenzenden Gewebes der unteren 6 Rippen jeder Seite und verzahnen sich mit den Fasern des Musculus transversus abdominis.
Pars sternalis (Brustbeinteil)
Die Fasern der Pars sternalis entspringen in zwei kurzen, fleischigen Streifen an der Hinterseite des Processus xiphoideus des Brustbeins (Sternum) und strahlen in die Zentralsehne ein.
Durchtrittsstellen
Öffnungen in der Muskulatur bzw. in der Sehnenplatte des Zwerchfells erlauben den Durchtritt verschiedener anatomischer Strukturen, die aus der Brusthöhle in den Bauchraum ziehen oder umgekehrt. Dazu zählen unter anderem:
- der Hiatus oesophageus für die Speiseröhre (Ösophagus) und die Trunci vagales (Nervus vagus)
- das Foramen venae cavae für die Vena cava inferior und den Ramus phrenicoabdominalis dexter des Nervus phrenicus
- der Hiatus aortae für die Aorta und den Ductus thoracicus
- die Larrey-Spalte (Trigonum sternocostale sinistrum), in der Literatur häufig als Durchtrittsstelle der linken Arteria und Vena epigastrica superior benannt, nach anderer Meinung frei von durchtretenden Gefäßen[2]
- das Morgagni-Loch (Trigonum sternocostale dextrum): die rechte Arteria und Vena epigastrica superior
- der mediale Lumbalspalt für die Vena azygos (rechts), Vena hemiazygos (links), den Nervus splanchnicus major und den Nervus splanchnicus minor
- der laterale Lumbalspalt für den Grenzstrang des Sympathicus
Eine weitere, klinisch wichtige Region des Zwerchfells ist die muskelfreie Partie im Übergangsbereich zwischen der Pars lumbalis und der Pars costalis, das Trigonum lumbocostale (Bochdalek-Spalte).
Der Ramus phrenicoabdominalis sinister des Nervus phrenicus zieht meist unabhängig von den o.a. Durchtrittsstellen direkt durch das Centrum tendineum oder die Pars lumbalis des Zwerchfells. Gelegentlich tritt er auch durch den Hiatus oesophageus.
Projektion auf die Thoraxwand
Bei maximaler Kontraktion projiziert sich das Zwerchfell
- rechts auf die Höhe der 7. Rippe (BWK XI)
- links einen Interkostalraum (ICR) tiefer (BWK XII)
Bei maximaler Relaxation projiziert sich das Zwerchfell
- rechts auf die Höhe der 4. Rippe (BWK VIII)
- links um einen halben ICR tiefer (BWK IX)
Der rechte Leberlappen liegt direkt unter der rechten Zwerchfellkuppel und hat eine verdrängende Wirkung. Deshalb liegt die rechte Zwerchfellkuppel einen Interkostalraum (ICR) höher als die linke Kuppel.
Arterielle Versorgung
Die arterielle Versorgung des Zwerchfells erfolgt über folgende Blutgefäße:
- Arteria phrenica superior
- Arteria phrenica inferior
- Arteria musculophrenica
- Arteria pericardiacophrenica
Innervation
Die Innervation des Zwerchfells erfolgt durch den Nervus phrenicus aus dem Plexus cervicalis (Segmente C3 bis C5). Darüber hinaus können sogenannte Nervi phrenici accessorii aus den Halssegmenten C5 bis C7 vorliegen. Ein geringer Anteil der Zwerchfellmuskulatur wird auch von Fasern aus den Spinalnerven der Thorakalsegmente innerviert.
Für die zentralnervöse Steuerung des Zwerchfells ist das Atemzentrum in der Medulla oblongata und im Pons verantwortlich. Die hier lokalisierten Nervenzellverbände steuern die motorischen Wurzelzellen des Nervus phrenicus im Zervikalmark. Wie die übrige Skelettmuskulatur ist das Zwerchfell aber auch willkürlich steuerbar. Dies übernehmen Nervenbahnen aus der Großhirnrinde, die beispielsweise das bewusste Anhalten der Atmung ermöglichen. Das Zwerchfell unterliegt also ebenso einer unwillkürlichen, autonomen Kontrolle, wie einer willkürlichen somatischen Steuerung.
Funktion
Das Zwerchfell geht bei der Kontraktion von einer Kuppelform in eine flache Kegelform über. Beim Menschen verkürzt es sich dabei um etwa 30%. Dadurch vergrößert sich das Thoraxvolumen, was der wichtigste Treiber der Inspiration ist.
Histologie
Die muskulären Anteile des Zwerchfells bestehen aus quergestreifter Muskulatur, während das Centrum tendineum aus derben kollagenen Sehnenfasern besteht. Der Muskel ist sehr gut kapillarisiert und zeigt nur eine geringe Fasergröße. Die Muskelfasern bestehen dabei etwa äquivalent aus langsamen Typ-1-Fasern und schnellen Typ-2-Fasern. Dadurch zeigt der Muskel, der kontinuierlich Atemarbeit leisten muss, nur eine geringe Ermüdbarkeit.[3]
Physiologie
Durch die Kuppelform des Zwerchfells führt eine Kontraktion der Muskulatur zu einer Vergrößerung des Thoraxraumes und einer Formveränderung des Abdominalraumes. Durch die Verwachsungen des Zwerchfells mit der Pleura parietalis wird bei der Bewegung das Lungenvolumen vergrößert, und der entstehende Unterdruck führt zur Einatmung. Daneben dient die Zwerchfellkontraktion der Bauchpresse, beispielsweise bei der Defäkation oder dem Geburtsvorgang.
Klinik
Ein Ausfall des Nervus phrenicus (Phrenikusparese) führt zur Zwerchfelllähmung. Klinisch relevant ist auch die Verlagerung des Zwerchfells nach kranial oder kaudal bei verschiedenen Erkrankungen der benachbarten Kompartimente. Man unterscheidet radiologisch:
Das Hindurchtreten von Organen der Bauchhöhle durch Zwerchfelllücken in den Thorax bezeichnet man als Zwerchfellhernie (Hernia diaphragmatica). Selten kann es auch zu einer Entzündung des Zwerchfells, einer Diaphragmitis, kommen.
Quellen
- ↑ Waldeyer et al. Anatomie des Menschen: Lehrbuch und Atlas in einem Band (De Gruyter Studium) (19th totaly rev. ed.), De Gruyter, 2012
- ↑ Kubik, S, Steiner, R: Die Larreysche Spalte, eine anatomische Fehlinterpretation. Swiss Journal of the history of medicine and sciences Band (Jahr): 30 (1973)
- ↑ Polla B et al.: Respiratory muscle fibres: specialisation and plasticity. Thorax (2004) Volume 59, Issue 9