Atemzentrum
Definition
Als Atemzentrum bezeichnet man einen nicht scharf abgrenzbaren Nervenzellverband des ZNS, der die Atmung steuert und zum autonomen Nervensystem gehört. Die Kerne des Atemzentrums befinden sich in der Formatio reticularis der Medulla oblongata. Man unterscheidet inspiratorisch und exspiratorisch aktive Neuronen sowie postinspiratorische Neurone. In der Postinspiration wird das Atemvolumen kurz gehalten, bevor die Exspiration eingeleitet wird.
Hintergrund
Das von diesen Zellverbänden generierte Atemmuster kann in gewissem Maß bewusst verändert werden, da die Atemmuskulatur willkürlich gesteuert werden kann. Bei stärkeren Schwankungen der Konzentrationen von Kohlendioxid, Sauerstoff oder einer Änderung des pH-Wertes ist die willkürliche Kontrolle limitiert.
Auch der Hustenreflex und das Husten werden wahrscheinlich durch multifunktionale Neuronen des Atemzentrums gesteuert ("Hustenzentrum").
Unterteilung
Das Atemzentrum lässt sich in verschiedene Abschnitte gliedern, die unterschiedliche Eigenschaften und Aufgaben haben.
Dorsale respiratorische Gruppe
Die dorsale respiratorische Gruppe (DRG) ist ein loses Netz im dorsalen Anteil der Medulla oblongata und zieht sich fast durch die gesamte Länge der Medulla. Die meisten Neurone der DRG liegen im Nucleus tractus solitarii.
Aufgabe der DRG ist die Erstellung eines rhythmischen Atemmusters. Sie generiert für eine Dauer von ca. zwei Sekunden Aktionspotentiale zur Inspiration, um dann für drei Sekunden zu ruhen und die passive Exspiration zu erlauben. Die Aktionspotentiale werden hierbei in ansteigender Natur generiert, um eine abrupte Einatmung zu verhindern. Die generierten Signale werden zur Atemmuskulatur geleitet.
Ventrale respiratorische Gruppe
Die ventrale respiratorische Gruppe (VRG) liegt lateral und ventral zur DRG. Sie wird vor allem unter Belastung aktiv und hat die Aufgabe, eine forcierte Atmung zu ermöglichen. Sie ist sowohl inspiratorisch als auch exspiratorisch aktiv.
Pontine respiratorische Gruppe
Die pontine respiratorische Gruppe (PRG) liegt im dorsalen Bereich des Pons, dem Tegmentum pontis. Sie umfasst zwei Zentren.
Pneumotaktisches Zentrum
Das pneumotaktische Zentrum liegt im oberen Anteil des Pons und kontrolliert den Punkt, an dem die Inspiration gestoppt wird. Dadurch beeinflusst das Zentrum indirekt die Atemfrequenz, da diese von der Länge der Inspiration beeinflusst wird.
Apneustisches Zentrum
Hinsichtlich des apneustischen Zentrums gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben. Bisher wurde angenommen, dass es im unteren Teil des Pons liegt, die DRG erregt und damit die Inspiration verlängert und die Exspiration verkürzt. Diese Vermutung entsteht aus dem Phänomen, dass es bei Durchtrennung der Pons kaudal des pneumotaktischen bzw. kranial des apneustischen Zentrums zur Apneusis (lange und starke inspiratorische Anstrengung) oder Cheyne-Stokes-Atmung kommt.
Heute (2024) wird zunehmend die Meinung vertreten, dass dieser Effekt nicht auf die Ausschaltung bzw. Abtrennung eines bestimmten Zentrums zurückzuführen, sondern eher eine allgemeine Folge einer solchen Schädigung ist. Die physiologischen Funktionen und Veränderungen sind daher anatomisch auf den Pons zurückzuführen. Deshalb ist unklar, ob beim apneustischen Zentrum von einem separaten Zentrum gesprochen werden kann.[1][2]
Literatur
- Schöber et al. Pädiatrische Differenzialdiagnostik, Springer Berlin Heidelberg, 2014
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