Leber
von altgriechisch: ἧπαρ ("hepar") - Leber
Synonym: Hepar
Englisch: liver
Definition
Die Leber ist das größte und wichtigste Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers. Ihre Aufgaben sind u.a. die Verwertung von aufgenommenen Nahrungsbestandteilen, der Abbau und die Ausscheidung von Stoffen sowie die Produktion lebenswichtiger Proteine.
Überblick
Die Leber ist im erwachsenen menschlichen Körper die größte Verdauungsdrüse. Sie bildet verschiedene Plasmaproteine, Abwehrstoffe und Galle und ist das Hauptentgiftungsorgan. Fast alle Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen zuerst zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Weitere Aufgaben der Leber sind die Speicherung von Vitaminen und die Synthese von Ausgangsprodukten für die Hormonproduktion.
Embryonalentwicklung
Die Leber entsteht aus einer epithelialen Knospe des embryonalen Vorderdarms, welche proliferiert und sich zum reifen Organ differenziert. Sie ist somit ein Derivat des Entoderms. Die gesamte Entwicklung des hepatobiliären Systems kann grob in zwei Schritte unterteilt werden:
- Entwicklung des Parenchyms von Leber, Gallenwegen und Gallenblase
- Entwicklung des intrahepatischen Gefäßsystems
siehe Hauptartikel: Embryonale Leberentwicklung
Anatomie
Die menschliche Leber wiegt beim Erwachsenen ca. 1.400 bis 1.800 g. Sie ist ein weiches, ziemlich gleichmäßig strukturiertes Organ, das im rechten Oberbauch liegt. Makroskopisch lässt sich die Leber in 4 verschiedene Lappen (Lobi) unterteilen:
- Lobus hepatis dexter (Rechter Leberlappen)
- Lobus hepatis sinister (Linker Leberlappen)
- Lobus quadratus
- Lobus caudatus
Der rechte Leberlappen liegt direkt unter dem Zwerchfell und ist mit diesem teilweise verwachsen. Er ist größer als der linke Leberlappen, der bis in den linken Oberbauch reicht.
Man unterscheidet von außen die konvexe, dem Zwerchfell zugewandte Facies diaphragmatica und die konkave, den Nachbarorganen zugewandte Facies visceralis, die verschiedene Vertiefungen für Nachbarorgane enthält. In einer dieser Vertiefungen, der Fossa vesicae felleae liegt die Gallenblase.
Zuflussgefäße der Leber sind die Vena portae aus dem Verdauungstrakt und die Arteria hepatica propria. Der Abfluss des Bluts erfolgt über kurze Lebervenen in die Vena cava inferior.
Zusätzlich zur makroskopisch-anatomischen Einteilung in Lappen kann die Leber funktionell in 8 Lebersegmente gegliedert werden.
siehe Hauptartikel: Leberanatomie
Präparat
Histologie
Histologisch ist die Leber aus kleinen, 1 bis 2 mm durchmessenden Strukturelementen, den Leberläppchen (Lobuli hepatis) aufgebaut. Sie haben einen hexagonalen Querschnitt und bestehen wiederum aus konzentrisch um eine Zentralvene angeordneten Leberbälkchen. Diese Leberbälkchen sind aus säulenartig aufgereihten Leberzellen (Hepatozyten) aufgebaut. Zwischen ihnen verlaufen die blutgefüllten Lebersinusoide. Diese Sinusoide sind mit einem diskontinuierlichen Endothel ausgekleidet. Sie enthalten spezialisierte Makrophagen, die Kupffer-Zellen.
Den Spaltraum zwischen den Endothelzellen der Lebersinusoide und den Hepatozyten nennt man Disse-Raum. Hier findet der Stoffaustausch zwischen dem Blut und den Hepatozyten statt. Ferner findet man hier die sogenannten Ito-Zellen. Sie enthalten Vitamin A und dienen der Fettspeicherung.
Von jeweils drei Leberläppchen eingeschlossen, sieht man im histologischen Schnitt kleine Bindegewebsinseln, die Periportalfelder. Sie enthalten die zuführenden Blutgefäße, d.h. Äste der Arteria hepatica propria und der Vena portae, sowie die intrahepatischen Gallengänge. Eine Arteria interlobularis, eine Vena interlobularis und ein Gallengang (Ductus biliferus) bilden die so genannte Glisson-Trias.
Die Lebersinusoide transportieren das Blut der Vena interlobularis (aus der Pfortader) zusammen mit dem Blut aus der Arteria interlobularis durch die Leberläppchen in Richtung des Läppchenzentrums, wo es von der Zentralvene wieder aufgenommen wird. Die Zentralvenen vereinigen sich zu größeren Venen, den Venae sublobulares, und münden schließlich in die Venae hepaticae, die sich in die Vena cava inferior entleeren.
Stoffwechselprodukte der Hepatozyten, die zur Ausscheidung vorgesehen sind, werden in die Gallenkapillaren sezerniert. Dabei handelt es sich um Vertiefungen der Hepatozyten. Nach dem Austritt aus den Leberläppchen formieren sich Gallengänge aus einschichtigem prismatischen Epithel. Sie bilden durch Zusammenfluss größere Gallengänge, die schließlich in den Ductus hepaticus dexter und sinister münden.
Neben der rein anatomischen Unterteilung in Leberläppchen kann das Lebergewebe auch funktionell in Leberazini und Portalläppchen eingeteilt werden.
siehe Hauptartikel: Lebergewebe
Aufgaben
Überblick
Die Leber ist eng in die Steuerung des Glukose-, Fett- und Eiweißstoffwechsels eingebunden. Glukose wird vom Darmblut aufgenommen und kontrolliert an den restlichen Körper weitergegeben. Ein Überschuss wird als Glykogen gespeichert. Bei Hunger wird der Speicherstoff zu Glukose abgebaut. Die Leber beeinflusst durch die Steuerung von Hormonen (z.B. Insulin) den Blutzuckerspiegel und kann ihn, von der Nahrungsmittelzufuhr unabhängig, konstant halten. Insulin aktiviert in der Leber die "Verbrennung" des Zuckers und hemmt den Abbau von Fett.
Die Aufgaben im Einzelnen
- Speicherung
- Bildung von Eiweißen wie z.B.
- Synthese von Fetten und Lipoproteinen wie z.B.
- Bildung der Galle
- Synthese von Cholesterin und Gallensäuren
- Abbau und Entgiftung, Säure-Base-Haushalt
- Verstoffwechslung von Ammoniak zu Harnstoff
- Abbau von Blutzellen (Erythrozyten Leukozyten)
- Abbau von Hämoglobin zu Bilirubin)
- Hormone
- Medikamente
- Elimination von Alkohol durch Oxidation von Ethanol
- Abwehrfunktion (Keime aus dem GIT)
- Blutbildung beim Fetus bis zum 7. Schwangerschaftsmonat
Klinik
Wichtige Lebererkrankungen
Die Lebererkrankungen bezeichnet man auch als Hepatopathien. Sie sind die Domäne der Hepatologie, einer Teildisziplin der Gastroenterologie. Dazu zählen unter anderem:
- Fettleber
- Alkoholtoxische Hepatitis
- Akute Virushepatitis A, B, C, D, E
- Hepatitis bei anderen Viruserkrankungen
- Chronische Hepatitis
- Leberzirrhose
- Leberinsuffizienz
- Lebermetastasen
- Hepatocelluläres Carcinom (HCC)
- Leberabszesse
Diagnostik
Die Leber kann mit verschiedenen Techniken untersucht werden, z.B. durch
- Palpation
- Inspektion (Leberhautzeichen, Aszites und Ödeme, Ikterus, Spidernävi)
- Bildgebende Verfahren
- Leberbiopsie
Labordiagnostik
Leberenzyme
Bei einer Schädigung der Leberzellen treten einige Enzyme im Blutserum erhöht auf. Je nach dem, welche Enzyme erhöht sind, kann man oft auf die Art der Erkrankung schließen. Die Höhe des Enzymanstiegs im Serum entspricht dabei dem Ausmaß der Schädigung der Leberzellen. Oft gemessene Leberenzyme sind:
- Alanin-Aminotransferase (ALT, ALAT), veraltet: Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT)
- Aspartat-Aminotransferase (AST), veraltet: Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT)
- Glutamatdehydrogenase (GLDH)
- Gamma-Glutamyltransferase (gamma-GT)
- alkalische Phosphatase (AP)
Weitere Einzelheiten siehe: Leberenzyme
Weitere Laborparameter
Podcast
Quiz
Literatur
- "Therapie von Leber- und Gallekrankheiten", Hrsg. v. Wolfgang F. Caspary, Ulrich Leuschner u. Stefan Zeuzem. Springer Verlag Berlin (2001) ISBN 3-540-67390-3
- "Spezielle pathologische Anatomie, Bd. 10: Pathologie der Leber und Gallenwege", Hrsg. v. Gerhard Seifert, Von Helmut Denk, H. P. Dienes, Jochen Düllmann. Springer Verlag Berlin (2000) ISBN 3-540-65511-5
- "Lebererkrankungen", Hrsg. v. Ellen Schmidt, Friedrich W. Schmidt u. Michael P. Manns (2000) ISBN 3-8047-1640-7
- "Praktische Hepatologie", Kuntz, Erwin; Kuntz, Hans-Dieter. Karl F. Haug Fachbuchverlag (1998) ISBN 3-8304-0479-4
Bildquelle
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