Cholinesterase
Abkürzung: CHE
Englisch: cholinesterase enzyme
Definition
Die Cholinesterase, kurz CHE, ist ein zur Gruppe III der EC-Klassifikation (Hydrolasen) gehörendes Enzym, welches die hydrolytische Spaltung der Esterbindung zwischen der OH-Gruppe des Cholins und der Carboxy-Gruppe einer organischen Säure katalysiert.
Einteilung
Je nach Art der Säure, die als Substrat des Enzyms fungiert, unterscheidet man mehrere Cholinesterasen:
- Acetylcholinesterase ("echte Cholinesterase"): Spaltung von Acetylcholin in Cholin und Acetat
- Pseudocholinesterase ("unspezifische Cholinesterase"): Spaltung verschiedener Cholinester
Nach neuerer Lehrmeinung (2021) ist diese Nomenklatur überholt. Sie hat leider den Nachteil, dass im klinischen Kontext mit Cholinesterase meist die Pseudocholinesterase gemeint ist. Das führt zu Verwechslungen. Man differenziert stattdessen in
- Acetylcholinesterase (ACHE) und
- Butyrylcholinesterase (BCHE).
Der Unterschied zwischen beiden Formen liegt in ihrer Substratspezifität: ACHE hydrolysiert Acetylcholin schneller, BCHE entsprechend das Butyrylcholin. Allerdings hat sich diese Einteilung noch nicht allgemein durchgesetzt.
Pharmakokinetik
Die biologische Halbwertzeit der Cholinesterase beträgt etwa 10 Tage.
Klinik
Da die Cholinesterase in den Hepatozyten gebildet wird, ist sie im klinischen Alltag ein guter Marker, um den Verlauf einer Lebererkrankung zu überwachen. Gemessen wird dabei die Aktivität der Butyrylcholinesterase, die auch Plasmacholinesterase genannt wird.
Weiterhin erfolgt eine Bestimmung der Cholinesterase vor größeren operativen Eingriffen.
Labormedizin
Material
Für die Untersuchung wird 1 ml Serum benötigt.
Atypische CHE-Varianten
Zur Untersuchung auf atypische CHE-Varianten wird die sogenannte Dibucainzahl bestimmt. Die Cholinesteraseaktivität wird dabei zunächst ohne und dann mit Zusatz von Dibucain gemessen. Die Differenz beider Aktivitäten wird als prozentualer Anteil der Gesamtaktivität angegeben. Eine erniedrigte Dibucainzahl ist mit einem erhöhten Narkoserisiko verbunden (z.B. Succinylcholin-Sensitivität).
Referenzbereich
- Butyrylcholinesterase: 4 bis 13 kU/l
- Dibucainzahl: > 65 %.
Die genauen Referenzwerte der Butyrylcholinesterase schwanken je nach Geschlecht und Alter:
Geschlecht | Alter | Referenzbereich (Messung 37 °C) |
---|---|---|
Männer | Alle Altersstufen | 4.620 bis 11.500 U/l |
Frauen | 16. bis 39. Lebensjahr ≥40. Lebensjahr |
3.930 bis 10.300 U/l 4.620 bis 11.500 U/l |
Kinder | 2. bis 15. Lebensjahr | 4.620 bis 11. 350 U/l |
Interpretation
Erniedrigte CHE
Sinkt die Cholinesterase-Aktivität, ist das ein Zeichen für eine verminderte Syntheseleistung der Leber. Sie ist meist durch eine Schädigung der Hepatozyten bedingt, beispielsweise im Rahmen einer Leberzirrhose, einer chronischen Hepatitis, einer chronischen Leberstauung oder bei Lebertumoren.
Des Weiteren sinkt die Cholinesterase-Aktivität bei:
- Alkylphosphatintoxikation, z.B. mit Parathion oder Paraoxon
- großflächigen Verbrennungen
- Nierenversagen
- Hypothyreose
- Einnahme von Östrogenen, Diazepam und Propranolol
- Unterernährung
- genetischen CHE-Varianten
Erhöhte CHE
Erhöhte Werte der Cholinesterase sind u.a. zu finden bei:
- Diabetes mellitus (häufigste Ursache)
- koronarer Herzkrankheit (zweithäufigste Ursache)
- metabolischem Syndrom
- Eiweißverlust
- alkoholischer Fettleber (AFL)
- Hyperlipoproteinämie Typ IV
- familiär bedingten CHE-Varianten (selten)
Hinweise
- Bei Verdacht auf einen CHE-Defekt ist eine Genanalyse möglich. Hierfür werden 2 ml EDTA-Blut benötigt.
- Weitere Parameter zur Kontrolle der Lebersyntheseleistung sind Quick-Wert/INR, Serumalbumin und Cholesterin.
Literatur
- Laborlexikon.de, abgerufen am 23.02.2021