Pseudocholinesterase
Abkürzung: BChE
Synonyme: Typ-II-Cholinesterase, β-Cholinesterase, unechte Cholinesterase, unspezifische Cholinesterase, Butyrylcholinesterase, Tributyrinase, Acylcholinesterase, Plasmacholinesterase
Definition
Die Pseudocholinesterase bzw. Butyrylcholinesterase, kurz BChE, ist ein zur Gruppe III der EC-Klassifikation (Hydrolasen) gehörendes Enzym, das die hydrolytische Spaltung der Esterbindung zwischen der OH-Gruppe des Cholins und der Carboxy-Gruppe einer organischen Säure unspezifisch katalysiert.
Physiologie
Die Pseudocholinesterase kommt in vielen Geweben, beispielsweise im Blutplasma, in der Darmmukosa, oder im Pankreas vor. Das Enzym wird überwiegend in der Leber synthetisiert und dann sezerniert. Seine biologische Halbwertszeit beträgt etwa 10 Tage. Derzeit vermutet man, dass es die Wirkungen von Acetylcholin außerhalb des synaptischen Spaltes verhindern soll.
Klinik
Ein genetisch bedingter Mangel an Pseudocholinesterase (Pseudocholinesterase-Mangel) kann bei einer Narkose mit depolarisierenden Muskelrelaxantien vom Cholinderivat-Typ (beispielsweise Suxamethoniumchlorid) zu lebensbedrohlicher Atemlähmung führen.
Aufgrund der hepatischen Synthese ermöglicht die labordiagnostische Messung der Pseudocholinesterase Aussagen über den Funktionszustand des Leberparenchyms. Bei Leberschäden ist der Serumspiegel vermindert.
Zu erhöhten Serumspiegeln kommt es u.a. beim Diabetes mellitus, einer KHK oder einer gesteigerten Syntheseleistung der Leber. Außerdem sind die Werte bei einer alkoholischen Fettleber, einem nephrotischem Syndrom sowie bei einem Eiweißverlust erhöht.
Nach neueren Studienergebnissen (2022) ist Butyrylcholinesterase ein potentieller Biomarker für das Risiko eines plötzlichen Kindstods (SIDS).[1] Eine niedrigere BChE-Aktivtität ist mit einem höheren SIDS-Risiko verbunden. Die BChE-Aktivität kann aus getrocknetem Blut bestimmt werden, das 2 bis 3 Tage nach der Geburt entnommen wird.
Hinweis
Im klinischen Alltag wird die Pseudocholinesterase häufig nur als Cholinesterase, kurz "CHE", bezeichnet, was zu Verwechslungen führen kann. Die neuere Bezeichnung "Butyrylcholinesterase" hat sich im Sprachgebrauch noch nicht durchgesetzt. Ersatzweise wird im klinischen Alltag von der "Plasmacholinesterase" gesprochen.
Quellen
- ↑ Harrington CT et al.: Butyrylcholinesterase is a potential biomarker for Sudden Infant Death Syndrome EBioMedicine (The Lancet) Volume 80, 104041, published:May 06, 2022
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