Glutamatdehydrogenase
Synonym: Glutamat-Dehydrogenase
Englisch: glutamate dehydrogenase
Definition
Die Glutamatdehydrogenase, kurz GLDH oder GDH, ist ein Enzym, das die oxidative Desaminierung von Glutamat mit Hilfe von NAD oder NADP zu α-Ketoglutarat katalysiert. Beim Menschen kommt es vorwiegend in den Mitochondrien der Hepatozyten vor.
Genetik
Beim Menschen kommt die Glutamatdehydrogenase in zwei Isoformen vor:
- Glutamatdehydrogenase 1 (GLUD1)
- Glutamatdehydrogenase 2 (GLUD2)
Das GLUD1-Gen ist auf Chromosom 10, das GLUD2-Gen auf dem X-Chromosom lokalisiert. GLUD1 wird vor allem in der Leber, im Pankreas und in den Nieren, GLUD2 besonders in der Netzhaut, im ZNS und in den Hoden exprimiert.
Biochemie
Die Glutamatdehydrogenase ist ein zinkhaltiges Enzym, das zur Polymerisierung neigt. Es besteht aus 6 Untereinheiten und katalysiert die folgenden reversiblen Reaktionen:
- Glutamat + NAD(P)+ ⇌ α-Iminoglutarat + NAD(P)H + H+
- α-Iminoglutarat + H2O ⇌ α-Ketoglutarat + NH4+
Die umgekehrte Reaktion, bei der Ammoniak an das Kohlenstoffgerüst von α-Ketoglutarat gebunden wird, bezeichnet man als reduktive Aminierung.
Die biologische Halbwertszeit der Glutamatdehydrogenase beträgt ca. 18 Stunden.
Klinik
GLDH ist ein leberspezifisches, rein mitochondriales Enzym und trägt zur differenzierten Aussage der Leberdiagnostik bei.
Klinisch gilt die Glutamatdehydrogenase neben ASAT, ALAT und γ-GT als als Indikator für die Abschätzung des Leberzelluntergangs und somit als Marker für mögliche Leberparenchymschäden:
- Leichte Leberschäden: Anstieg der membrangebundenen γ-GT
- Schwerere Leberschäden: Anstieg der zytoplasmatischen ALAT und ASAT
- Schwere Leberschäden: Anstieg der mitochondrialen GLDH und ASAT
Der Quotient ASAT plus ALAT/GLDH wird zur differentialdiagnostischen Einschätzung einer GLDH-Erhöhung eingesetzt.
Labormedizin
Material
Für die Untersuchung wird 1 ml Blutserum benötigt.
Messmethode
Zur Bestimmung der Glutamatdehydrogenase wird im Labor ein enzymatischer Test durchgeführt, bei dem die Glutamatdehydrogenase folgende Reaktion katalysiert:
2-Oxoglutarat + NADH + NH4+ ⇌ L-Glutamat + NAD+ + H2O
Die Farbreaktion durch die Absorptionsabnahme des NADH wird bei 334, 340 oder 366 nm gemessen.
Referenzbereich
Alter Referenzbereich
In der Vergangenheit wurde die Farbreaktion bei 25°C gemessen. Dafür galten folgende Referenzwerte:
- Frauen: bis 3,0 U/l
- Männer: bis 4,0 U/l
- Kinder:
- 1 - 30 Tage: bis 6,6 U/l
- 1 - 6 Monate: bis 4,3 U/l
- 7 - 12 Monate: bis 3,5 U/l
- 13 - 24 Monate: bis 2,8 U/l
- 2. - 3. Lebensjahr: bis 2,6 U/l
- 13. - 15. Lebensjahr: bis 3,2 U/l
Neuer Referenzbereich
Der neue Referenzbereich bezieht sich auf die Messung der Farbreaktion bei 37°C:
- Frauen: bis 5,0 U/l
- Männer: bis 7,0 U/l
Interpretation
Die Glutamatdehydrogenase ist hauptsächlich in der Matrix der Mitochondrien in den läppchenzentralen, perivenösen Hepatozyten (Zone 3) lokalisiert. In den Sinusoiden der Zone 3 befindet sich im Vergleich zu den anderen Zonen das sauerstoffärmste Blut. Bei einer vorliegenden Hypoxie, beispielsweise im Rahmen einer akuten Stauung des rechten Herzens, ist das Parenchym der Zone 3 somit besonders gefährdet mit Sauerstoff minderversorgt zu sein. Die Glutamatdehydrogenase ist ein Indikator für Parenchymschäden der Zone 3 und dient der Abschätzung des Ausmaß eines Leberparenchymschadens.[1]
Stark erhöhte GLDH
Stark erhöhte Werte (GLDH ca. 1000 U/l) treten bei schweren Parenchymschäden der Leber auf. Mögliche Gründe sind:
- Toxische Substanzen (Halothan, Pilzgifte)
- Leberkarzinom bzw. -metastasen
- Nekrotisierende Hepatitis
- Akute Leberstauung
Gering erhöhte GLDH
Gering erhöhte Werte kann man zurückführen auf:
- Leberzirrhose (Werte passager auch höher, stark schwankend)
- Akute Virushepatitis
- Fettleber
siehe auch: Leberenzym
Quellen
- ↑ Dancygier. Klinische Hepatologie Grundlagen, Diagnosik und Therapie hepatobiliärer Erkrankungen, Springer Verlag, 2003
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 10.03.2021