Mitochondrium
Synonyme: Mitochondrion, Chondriosom
Plural: Mitochondrien
Englisch: mitochondrion
Definition
Ein Mitochondrium ist ein von einer Doppelmembran umschlossenes Zellorganell, das eukaryotischen Zellen (d.h. Zellen, die einen Zellkern haben) zur Energiegewinnung dient.
Morphologie
Lange wurde angenommen, dass Mitochondrien einzelne, linsenförmige Organellen sind. Mittlerweile ist bekannt, dass sie ein dynamisches Netzwerk aus verzweigten Röhren bilden, das sich immer wieder umbaut. Zellen, die einen hohen Energiebedarf haben (z.B. Hepatozyten), besitzen ein sehr großes mitochondriales Netzwerk.
Mitochondrien besitzen eine Doppelmembran.
- Die äußere Membran (häufig abgekürzt mit OMM für outer mitchondrial membrane) grenzt das Mitochondrium nach außen ab und enthält Kanäle für die Durchlässigkeit von Molekülen.
- Die innere Membran (häufig abgekürzt mit IMM für inner mitochondrial membrane) bildet große Einfaltungen, die zisternenförmig das Innere des Mitochondriums ausfüllen. In der Membran der Cristae befinden sich die Enzymkomplexe der Atmungskette und die ATP-Synthase, ein Transmembranprotein, dessen Funktion die Produktion von ATP ist.
Der Raum zwischen den Membranen wird als Intermembranraum bezeichnet.
Jenseits der inneren Membran befindet sich die mitochondriale Matrix. In der Matrix findet man die ringförmige DNA des Mitochondriums und Ribosomen.
Äußere Membran
Die äußere Membran (OMM) umschließt das gesamte Organell und ähnelt in ihrer Zusammensetzung der eukaryotischen Zellmembran. Das Verhältnis zwischen Proteinen und Lipiden beträgt etwa 50:50. Die OMM ist nicht gefaltet und enthält zahlreiche Porine. Diese ermöglichen die freie Diffusion von Ionen und Molekülen bis zu rund 5.000 Dalton zwischen dem Mitochondrium und dem Zytoplasma. Große Moleküle können die Membran nicht per Diffusion passieren, sondern werden durch Translokasen aktiv durch die Membran bewegt.
Die äußere Mitochondrienmembran kann sich unter dem Einfluss von Mitofusinen (MFNs) mit der des Endoplasmatischen Retikulums (ER) vereinen und bildet dabei mitochondrien-assoziierte Membranstrukturen (MAMs). Sie sind wichtig für den Signalaustausch zwischen ER und Mitochondrium und spielen eine Rolle beim Lipidtransport.
Wenn Risse in der äußeren Membran auftreten, treten Proteine aus dem Intermembranraum in das Zytosol aus. Diese Leakage kann zu einer Apoptose führen.
Intermembranraum
Der Intermembranraum befindet sich zwischen der äußeren und der inneren Mitochondrienmembran. Die molekulare Zusammensetzung dieses Kompartiments unterscheidet sich vom Zytosol, da große Proteine eine spezifische Signalsequenz benötigen, um durch die äußere Membran transportiert zu werden. Auf diese Weise werden hier bestimmte Proteine konzentriert, allen voran Cytochrom c.
Innere Membran
Die innere Membran (IMM) umschließt die Matrix des Mitochondriums und ähnelt in ihrer Zusammensetzung der von Bakterien. Das Verhältnis zwischen Proteinen und Lipiden beträgt etwa 80:20. Dieses Phänomen wird u.a. durch die Endosymbiontentheorie erklärt. Die IMM enthält keine Porine und ist nur für Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid und Wasser frei durchgängig. Der Ein- und Ausstrom von Ionen wird im Gegensatz zur OMM durch Ionenkanäle bzw. Antiporter kontrolliert. Größere Moleküle werden durch Translokasen (z.B. ATP/ADP-Translokase, TIM) oder andere Carrierproteine durch die Membran geschleust. Auf diese Weise dient die IMM als chemische Barriere und elektrische Isolationsschicht.
Die IMM enthält die verschiedenen Proteinkomplexe der Atmungskette für die oxidative Phosphorylierung. Sie weist mehr als 150 verschiedene Arten von Polypeptiden auf.
Matrix
Jenseits der inneren Mitochondrienmemran befindet sich die Matrix. In ihr sind über 60% aller Proteine eines Mitochondriums enthalten. Die Matrix enthält Hunderte von Enzymen sowie spezielle mitochondriale Ribosomen, die Mitoribosomen. Zu den Hauptaufgaben dieser Enzyme gehört die Oxidation von Pyruvat und Fettsäuren sowie der Citratzyklus. Ferner finden sich in der Matrix tRNA und mehrere Kopien des mitochondrialen Genoms (Mitogenoms).
Typen
Es sind verschiedene Grundtypen der Mitochondrien bekannt.
- Cristae-Typ
- Tubulus-Typ (in steroidproduzierenden Zellen vorherrschend)
- Sacculus-Typ (nur in der Zona fasciculata der Nebennierenrinde anzutreffen)
- Prisma-Typ (in Astrozyten)[1]
Aufgaben
In den Mitochondrien laufen die chemischen Reaktionen der Atmungskette ab. Dadurch ist es möglich, aufgenommene Glukose mit einem hohen Effizienzgrad zur Synthese von ATP zu verwenden. ATP wird im Intermembranraum (zwischen den beiden Membranen der Doppelmembran) synthetisiert und kann von dort ins Zytosol der Zelle abgegeben werden.
Weiterhin sind die Mitochondrien an den Reaktionen des Citratzyklus und der Beta-Oxidation beteiligt. Sie besitzen Enzyme für die Synthese von bestimmten Membranlipiden (darunter auch Cholesterol) und sind der Ort für die Synthese von Eisen-Schwefel-Clustern. Mitochondrien stellen einen intrazellulären Speicher für Kalzium dar und dienen so auch der Homöostase der Zelle. Weitere Funktionen der Mitochondrien sind die Regulation des programmierten Zelltods (Apoptose) und die Produktion von ROS ("reactive oxygen species"), die der Signaltransduktion dienen.
Vermehrung
Mitochondrien haben einen ähnlichen Teilungsvorgang wie Bakterien. Es findet eine Querteilung statt, dabei wird die mitochondriale DNA unter den Tochtermitochondrien gleich verteilt. Den Prozess der Bildung neuer Mitochondrien bezeichnet man als mitochondriale Biogenese.
Mitochondriales Genom
Mitochondrien haben ein eigenes mitochondriales Genom. Daher werden Mitochondrien als semiautonom bezeichnet. Die mtDNA kodiert für nur 13 Proteine, die restlichen mitochondrialen Proteine (ca. 1.100) werden von der DNA im Zellkern kodiert, im Zytosol synthetisiert und dann posttranslational in die Mitochondrien transportiert.
Die mitochondriale DNA wird maternal vererbt (Mitochondriale Vererbung). Genetische Defekte können zu sogenannten Mitochondriopathien führen. Veränderungen im mitochondrialen Genom werden von Forschern zur Untersuchung von Abstammungslinien benutzt. Ebenso dienen sie der Forschung an verschiedenen ethnischen Gruppen des Menschen. Da die Erbsubstanz sich in der Regel alle 20.000 Jahre verändert, dient sie auch zur Zeitbestimmung von Abstammungslinien.