Dopamin
Synonyme: Hydroxytyramin, Prolactin-Inhibiting-Hormon, PIH, Prolactostatin
Englisch: dopamine
Definition
Dopamin ist ein zur Gruppe der Katecholamine gehöriger Neurotransmitter, der hauptsächlich im ZNS, in geringerem Umfang auch im PNS vorkommt.
Chemie
Dopamin hat die Summenformel C8H11NO2 bzw. die Gruppenformel (OH)2C6H3–CH2–CH2NH2. Es besitzt eine molare Masse von 153,18 g/mol.
Metabolismus
Synthese
Dopamin wird im menschlichen Organismus aus den Aminosäuren Phenylalanin beziehungsweise Tyrosin synthetisiert. Die für die Synthese benötigten Reaktionsschritte laufen in den chromaffinen Zellen von Nebennierenmark, Hypothalamus, Substantia nigra und in anderen Teilen des Nervensystems ab. Dopamin ist ein Zwischenprodukt der Synthese von Adrenalin und Noradrenalin, fungiert aber auch selbst als Neurotransmitter.
Im ersten Schritt der Dopamin-Biosynthese wird das Tyrosin-Molekül am C3-Atom durch das Enzym Tyrosin-Hydroxylase mit einer zweiten Hydroxylgruppe ausgestattet und liegt damit als 3,4-Dihydroxyphenylalanin (DOPA) vor. Danach decarboxyliert das Enzym DOPA-Decarboxylase das entstandene Molekül zum biogenen Amin Dopamin.
Abbau
Dopamin kann nach Ausschüttung in den synaptischen Spalt wieder in die Präsynapse aufgenommen werden; außerdem besteht die Möglichkeit einer enzymatischen Inaktivierung. Dieser Schritt wird von zwei Enzymen vermittelt:
- Catechol-O-Methyltransferase (COMT): Übertragung einer Methylgruppe von S-Adenosyl-Methionin auf Katecholamine
- Monoaminoxidase (MAO): Desaminierung über Homovanillinmandelsäure zu Vanillinmandelsäure, die im Urin nachgewiesen werden kann.
Funktion
Dopamin entfaltet seine Wirkung im menschlichen Organismus entweder über Adrenozeptoren oder über die spezifisch wirkenden Dopamin-Rezeptoren D1 bis D5. Es wirkt als Sympathomimetikum, steigert in geringer Konzentration aber die Durchblutung der Bauch- und Nierengefäße, sodass die renale Perfusion gesteigert wird.
Dopamin wird auch im Hypothalamus produziert und als Neurohormon sezerniert. Als Neurohormon hemmt Dopamin die Freisetzung von Prolactin aus der Adenohypophyse. Daneben wirkt Dopamin disinhibierend im Bereich von Striatum und Basalganglien.
Pathophysiologie
Phäochromozytome, Neuroblastome und bestimmte Ganglioneurome können veränderte Katecholamin-Profile erzeugen, die mit einer Überproduktion von Dopamin einhergehen. Die klinische Symptomatik ist gekennzeichnet durch paroxysmale Hypertonie, Tachykardie, Kopfschmerz und Schwitzen.
Ein zunehmender Untergang der dopaminergen Neuronen in der Pars compacta substantiae nigrae (SNpc) führt zur Degeneration der nigrostriatalen Bahn und ist damit Ursache des Morbus Parkinson.
Darüber hinaus haben neuere Befunde die Rolle von Dopamin im Belohnungs- und Motivationssystem (mesolimbisches System, insbesondere Area tegmentalis ventralis) weiter präzisiert. Dopamin vermittelt vor allem die Zuweisung von Begehren ("wanting") und die Kodierung von Vorhersagefehlern bei Belohnungslernen; die Unterscheidung zwischen "wanting" und "liking" ist bedeutsam für Suchterkrankungen.
Bei psychiatrischen Erkrankungen ist eine erhöhte dopaminerge Aktivität im mesolimbischen System (v.a. Nucleus accumbens) eher mit einer Psychosen assoziiert, eine erniedrigte Aktivität hingegen eher mit depressiven Zuständen.
Pharmakologie
Dopamin wurde früher häufig in der Notfall- und Schocktherapie eingesetzt. Aktuelle Leitlinien für die Vasoplegie und den septischen Schock empfehlen hier inzwischen standardmäßig Noradrenalin als First-line-Vasopressor; Dopamin wird wegen eines erhöhten Risikos für Tachyarrhythmien nur noch in Ausnahmefällen (z.B. Noradrenalin nicht verfügbar oder in der Neonatologie) eingesetzt und gilt inzwischen als klinisch überholt. Wird es i.v. gegeben, unterscheidet man drei Dosierungsbereiche:
- niedrige Dosierung: 0,5-2,5 µg/kg/min: hauptsächliche Stimulation von Dopaminrezeptoren. Führt zu einer renalen und mesenterialen Vasodilatation.
- mittlere Dosierung: 2,5-5,0 µg/kg/min: zusätzliche Beeinflussung von β1-Adrenozeptoren am Herzen → positive Chronotropie, positive Inotropie und Erhöhung des systolischen Blutdrucks
- hohe Dosierung: > 5,0 µg/kg/min: zusätzliche Stimulation von α-Adrenozeptoren → periphere Vasokonstriktion → CAVE: Gefahr durch Drosselung der Durchblutung peripherer Gewebe bis hin zur Gangrän.
Beim Morbus Parkinson wird Dopamin üblicherweise in Form des Prodrugs L-Dopa (Levodopa) substituiert, das die Blut-Hirn-Schranke passieren kann.
Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) empfiehlt die routinemäßige Dauerinfusion mit 4 μg/kg/min Dopamin bei hirntoten Organspendern zur Verbesserung von Transplantatfunktion und -überleben.
Diagnostik
Eine Bestimmung des Dopamingehalts im 24-Stunden-Sammelurin ist zum Beispiel bei Verdacht auf ein Phäochromozytom, Neuroblastom oder Ganglioneurom indiziert. Darüber hinaus kann sie bei therapieresistenter arterieller Hypertonie sinnvoll sein.
Die Referenzbereiche variieren laborabhängig je nach Methode. Altersabhängig gelten folgende Referenzwerte:
- 0–1 Jahr: 0–85 μg/24 h
- 1–2 Jahre: 10–140 μg/24 h
- 2–3 Jahre: 40–260 μg/24 h
- ≥ 4 Jahre: 65–400 μg/24 h
- Erwachsene: 0–492 μg/24 h
Vor der Urinsammlung sollte auf koffeinhaltige Getränke, Nikotin und bestimmte Nahrungsmittel mit hohem Anteil an biogenen Aminen (z.B. Bananen, Käse, Nüsse, Schokolade, Vanille-haltige Lebensmittel) verzichtet werden. Ebenso sollten exzessive körperliche Anstrengung für 24–72 h vor und während der Sammlung vermieden werden. Auch bestimmte Medikamente (z.B. trizyklische Antidepressiva, MAO-Hemmer, Labetalol, Amine) können die Messergebnisse verfälschen und sollten, falls klinisch vertretbar, vorübergehend abgesetzt werden.
Trivia
Dopamin wird populärwissenschaftlich, gemeinsam mit anderen Neurotransmittern, auch als "Glückshormon" bezeichnet. Im wissenschaftlichen Kontext sind die Funktionen jedoch deutlich differenzierter zu betrachten (Belohnungserwartung, Motivation, Lern- und Bewegungsregulation, Prolactin-Regulator).
Literatur
- Berridge und Robinson, What is the role of dopamine in reward: hedonic impact, reward learning, or incentive salience?, Brain Research Reviews, 1998
- Berridge, The debate over dopamine’s role in reward: the case for incentive salience, Psychopharmacology, 2006
- Poisson, et al., Dopamine Circuit Mechanisms of Addiction-Like Behaviors, Neural Circuits, 2021
- Duningan et al., Actions of feeding-related peptides on the mesolimbic dopamine system in regulation of natural and drug rewards, Addiction Neuroscience, 2022
- Heinz, Das dopaminerge Verstärkungssystem. Steinkopff Verlag, 2000
- Gressner, Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, 3. Auflage, Springer Verlag, 2019