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Blut-Hirn-Schranke

Englisch: blood-brain barrier, BBB, hematoencephalic barrier

1. Definition

Die Blut-Hirn-Schranke ist eine selektiv durchlässige Schranke zwischen Hirnsubstanz und Blutstrom, die den Stoffaustausch im ZNS kontrolliert. Stoffe, die nicht in das Nervengewebe des Gehirns gelangen sollen, werden am Durchtritt durch die Kapillarwand gehindert.

Die korrelierende Struktur im Rückenmark wird aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften als Blut-Rückenmark-Schranke abgegrenzt.

2. Histologie

2.1. Aufbau

Zur Blut-Hirn-Schranke werden folgende Strukturen gezählt:

Die eigentliche Barriere wird durch die Endothelzellen gebildet, genauer gesagt, durch die Tight Junctions, die diese miteinander verbinden. Die Astrozyten produzieren u.a. Signalstoffe, die zur Aufrechterhaltung der Barrierefunktion beitragen.

2.2. Tight Junctions

Die Tight Junctions der Blut-Hirn-Schranke weisen eine hochspezialisierte molekulare Struktur auf. Sie bilden mehrere Reihen großflächiger, sich überlappender Okkludensleisten. Diese bestehen aus Transmembranproteinen wie Occludinen, Claudinen, JAMs und Tricellulin.

Die Tight Junctions schränken die parazelluläre Diffusion auf ein Minimum ein. Der transendotheliale elektrische Widerstand (TEER) ist ein Maß für die Integrität und Barrierefunktion des Endothels. Er liegt bei der Blut-Hirn-Schranke um das 50- bis 500-fache höher als bei peripheren Blutgefäßen (1.500–2.000 im Vergleich zu 3–30 Ω/cm2). Zudem ist der vesikuläre Transport der Endothelzellen verringert.

Um den selektiven Transport wichtiger Nährstoffe zu gewähren, finden sich eine Vielzahl von Rezeptoren und Transportern auf der Endotheloberfläche. Hierüber können Glucose, Aminosäuren, Nukleoside und bestimmte Neurotransmitter aufgenommen werden. Effluxpumpen regulieren zudem die Ausscheidung toxischer Metabolite und Xenobiotika.

3. Funktion

3.1. Barriere

Als selektive Barriere sorgt die Blut-Hirn-Schranke für einen kontrollierten Austausch zwischen Blut und Hirngewebe. Dadurch kann die chemische Zusammensetzung der Interzellularflüssigkeit des Gehirns weitgehend konstant gehalten werden. Nur fettlösliche Substanzen mit einem Molekulargewicht unter 500 Da können die Blut-Hirn-Schranke per Diffusion passieren. Hierzu zählen Nikotin, Alkohol und Blutgase, aber auch Narkotika wie Halothan. Ionen und polare Substanzen wie Glucose sind auf spezifische Transportsysteme angewiesen. Die Blut-Hirn-Schranke verhindert ebenfalls einen unselektiven Ausstrom von Neurotransmittern und Kalium aus der zerebralen Extrazellulärflüssigkeit.

Zusätzlich zur physikalischen Barrierefunktion verfügt die Blut-Hirn-Schranke über eine metabolische Komponente. Durch die Expression bestimmter Enzyme können Arzneimittel gezielt inaktiviert und abgebaut werden.

Beim Fetus und bei Neugeborenen ist die Blut-Hirn-Schranke vulnerabler als beim Erwachsenen, was bei der Arzneimittelgabe und bei Intoxikationen beachtet werden muss.[1]

3.2. Regulation der zerebralen Perfusion

Die Fortsätze der Astrozyten vermindern die Compliance der arteriellen Blutgefäße. Dadurch ist das umliegende Gewebe bei einem erhöhtem Perfusionsdruck vor Kompressionen geschützt.

Zusammen mit den Neuronen und den Endothelzellen bilden Astrozyten eine neurovaskuläre Einheit (NVU). Durch erhöhte Aktivität der Neuronen abseits der Kapillaren werden umliegende Astrozyten über den Anstieg von Kalium stimuliert. Dies induziert eine Freisetzung von vasoaktiven Substanzen über die Astrozytenfortsätze, die lokal die Perfusion erhöhen. Durch diese Autoregulation kommt es zur optimierten Sauerstoff- und Nährstoffversorgung aktiver Neurone.

siehe auch: Blut-Liquor-Schranke

4. Klinik

Die Tight Junctions sind dynamisch und können durch pathophysiologische Reize beeinflusst werden. Dies kann zum einen zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke führen, umgekehrt ist aber auch eine Unterversorgung des Gehirns durch Beeinträchtigung der selektiven Transportprozesse möglich.

Änderungen in der Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke treten meist bereits auf, bevor es zu klinischen Symptomen kommt. Es handelt sich also um einen Mechanismus, der zur Pathogenese beiträgt. Zu den neurologischen Erkrankung, die mit Alterationen der Funktionalität der Blut-Hirn-Schranke einhergehen, zählen u.a.:

5. Trivia

Das Tuch, das während eines chirurgischen Eingriffs den Arbeitsbereich des OP-Teams von dem des Anästhesieteams trennt, wird in der medizinischen Umgangssprache manchmal ebenfalls scherzhaft als "Blut-Hirn-Schranke" bezeichnet.

6. Quellen

  1. Norman R. Saunders,1, Shane A. Liddelow,1 and Katarzyna M. Dziegielewska: Barrier Mechanisms in the Developing Brain; Front Pharmacol. 2012; 3: 46. Published online 2012 Mar 29. doi: 10.3389/fphar.2012.00046 PMCID: PMC3314990

7. Literatur

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