Blut-Rückenmark-Schranke
Englisch: blood-spinal cord barrier, BSCB
Definition
Die Blut-Rückenmark-Schranke, kurz BSCB, ist eine semipermeable Grenzstruktur zwischen Rückenmarksgewebe und Blutkreislauf.
Die Blut-Rückenmark-Schranke wird in der medizinischen Literatur einfachheitshalber aufgrund der morphologischen und funktionellen Ähnlichkeiten oft mit der Blut-Hirn-Schranke zusammengefasst. Die Blut-Rückenmark-Schranke ist jedoch eine physiologisch unabhängige Struktur, die u.a. mit vielen neurodegenerativen Erkrankungen des Zentralnervensystems assoziiert ist.
Histologie
Die Blut-Rückenmark-Schranke besteht – vom Gefäßsystem aus betrachtet – aus:
- kontinuierlichem (nicht-fenestriertem) Endothel
- einer Basalmembran
- Perizyten
- Astrozytenfortsätzen
Funktion
Die Blut-Rückenmark-Schranke dient dem Schutz des Rückenmarks vor potentiell toxischen Substanzen. Des Weiteren trägt sie zur Regulation der Mikroumgebung bei, die für die regelrechte neuronale Funktion notwendig ist. Die astrozytären Zellausläufer sind von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der neuroprotektiven Mechanismen.
Unterschiede zur Blut-Hirn-Schranke
Grundsätzlich sind sich die Blut-Hirn-Schranke und die Blut-Rückenmark-Schranke hinsichtlich ihres anatomischen Aufbaus und ihrer Funktion sehr ähnlich. Die Blut-Rückenmark-Schranke weist jedoch vermutlich eine höhere Permeabilität auf. Es gibt z.B. Hinweise für eine selektive und regional unterschiedliche Durchlässigkeit für bestimmte Zytokine, die möglicherweise durch eine geringere Expression von Tight-Junction-Proteinen (ZO-1 und Occludin) begründet ist.[1]
Pathophysiologie
Eine dysfunktionale Blut-Rückenmark-Schranke kann entweder ursächlich für bestimmte neurologische Erkrankungen sein oder als Folge dieser auftreten. Im letzteren Fall trägt die reduzierte Barrierefunktion wiederum zum Fortschreiten der Erkrankung bei.
Klinik
Eine erhöhte Durchlässigkeit der Blut-Rückenmark-Schranke ist mit vielen Erkrankungen des Zentralnervensystems vergesellschaftet. Dazu gehören beispielsweise:
Forschung
Die physiologischen Unterschiede zwischen der Blut-Rückenmark-Schranke und der Blut-Hirn-Schranke werden in Laborstudien an Mäusen genutzt, um Nanopartikel mit antiinflammatorischer und neuroprotektiver RNA über die Blut-Rückenmark-Schranke zu verabreichen. Diese zeigten bei Mäusen mit Multipler Sklerose ein verbessertes Immunsystem, reduzierte Nervenschäden und eine Rückgewinnung motorischer Fähigkeiten.
Quellen
- ↑ Jin et al.: Blood–Spinal Cord Barrier in Spinal Cord Injury: A Review Journal of Neurotrauma, 2021
Literatur
- Bartanusz V, Jezova D, Alajajian B, Digicaylioglu M.: The blood-spinal cord barrier: morphology and clinical implications. Ann Neurol. 2011 Aug;70(2):194-206. doi: 10.1002/ana.22421. Epub 2011 Jun 14. PMID: 21674586.
- Zhou et al.: The cross-talk between autophagy and endoplasmic reticulum stress in blood-spinal cord barrier disruption after spinal cord injury Oncotarget, 2017
- Milad Riazifar et al.: Stem Cell-Derived Exosomes as Nanotherapeutics for Autoimmune and Neurodegenerative Disorders ACS Nano, 2019. DOI: 10.1021/acsnano.9b01004
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