Neuropathischer Schmerz
Englisch: neuropathic pain
Definition
Als neuropathische Schmerzen bezeichnet man Schmerzen, die durch eine Läsion oder eine Dysfunktion des Nervensystems verursacht werden. Charakteristisch sind anfallsartige, einschießende starke Schmerzen, die häufig als brennend, stechend oder auch dumpf beschrieben werden.
Epidemiologie
Von neuropathischen Schmerzen betroffen sind ca. 6 % der Deutschen. Mindestens 20 % der an Schmerzzentren erfassten Patienten leiden an neuropathischen Schmerzsyndromen.
Die Amputation von Gliedmaßen ist ein Spezialfall, bei dem bis zu 60 % der Patienten über anhaltende Schmerzen im Bereich des nicht mehr vorhandenen Körperteils klagen (Phantomschmerz).
Einteilung
Neuropathische Schmerzen können wie folgt eingeteilt werden:[1]
- Periphere neuropathische Schmerzen
- schmerzhafte Polyneuropathien: Diabetische Neuropathie, Chemotherapie
- schmerzhafte Radikulopathien
- postherpetische Neuralgien
- posttraumatische/postläsionelle Schmerzen
- Postamputationsschmerzen (Stumpf- und Phantomschmerzen)
- Trigeminusneuralgie
- Zentrale neuropathische Schmerzen
- MS (Multiple Sklerose-assoziierte Schmerzen)
- neuropathische Schmerzen nach Schlaganfall ("post stroke"-Schmerzen)
- Schmerzen nach Verletzung des Rückenmarks (Post-SCI-Schmerzen)
Neurologische Begleiterscheinungen
- Sensibilitätsstörungen
- Gesteigertes Schmerzempfinden
Therapie
Pharmakotherapie
Zur Behandlung neuropathischer Schmerzen sind folgende Arzneimittel indiziert:[1]
- Antidepressiva
- Amitriptylin
- Duloxetin – nur für diabetische Polyneuropathie zugelassen
- Venlafaxin – keine Zulassung für die Behandlung neuropathischer Schmerzen
- Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Sertralin, Mirtazapin – keine Empfehlung aufgrund unzureichender Hinweise auf Wirksamkeit
- Antikonvulsiva
- Gabapentin, Pregabalin – bei zentralnervöser Symptomatik
- Carbamazepin, Oxcarbazepin, Topiramat – keine Zulassung für die Behandlung neuropathischer Schmerzen; Mittel der ersten Wahl zur Therapie der Trigeminusneuralgie
- Opioide
- Nichtopioid-Analgetika
- Paracetamol, NSAID, Metamizol – keine Empfehlung aufgrund unzureichender Hinweise auf Wirksamkeit
- Cannabinoide
- keine allgemeine Empfehlung aufgrund des Risikoprofils und unzureichender Hinweise auf Wirksamkeit
- Topische Therapie
Psychotherapie
Die Wirksamkeit und Sicherheit psychologischer Interventionen bei chronisch neuropathischen Schmerzen konnte in klinischen Studien nicht nachgewiesen werden, sodass aufgrund der unzureichenden Datenlage keine allgemeine Empfehlung abgeleitet werden kann.[2]
Operative Therapie
Folgende operative Eingriffe können zur Behandlung neuropathischer Schmerzen durchgeführt werden:[1]
- Dekompression bei Kompressions- und Engpasssyndromen
- Ablation bei therapieresistenten und tumorbedingten Schmerzen
- Neuromodulation (invasiv und nichtinvasiv) bei therapierefraktären Schmerzen durch elektrische Stimulation oder intrathekale Dauermedikationen mit Morphin und Zikonotid
Diese Eingriffe können mit verschiedenen Methoden kranial, spinal oder peripher erfolgen.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Ahmadi R et al. Neuropathische Schmerzen – Diagnostik und Therapieoptionen. Dtsch Arztebl Int 2024
- ↑ Eccleston C et al. Psychological therapies for the management of chronic neuropathic pain in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2015