Clonidin
Handelsnamen: Catapresan®, Haemiton®, Isoglaucon®, Paracefan®
Synonym: 2-[(2,6-Dichlorphenyl) imino]imidazolidin
Englisch: clonidine
Definition
Clonidin ist ein Alpha-2-Agonist aus der Wirkstoffgruppe der Imidazoline, der via negativer Rückkopplung durch den α2-Adrenozeptor hemmend auf die Freisetzung von Noradrenalin wirkt. Seine pharmakologische Wirkung ist antisympathikoton und analgetisch. Clonidin findet bei der Behandlung von arterieller Hypertonie – wegen relativ hoher Nebenwirkungen nur noch in Kombinationstherapie – und zur Milderung von Entzugserscheinungen Anwendung.
Chemie
Die Summenformel von Clonidin lautet C9H9Cl2N3.
Wirkmechanismus
Clonidin wirkt als Agonist über die Bindung an Gi-Protein-gekoppelte α2-Adrenozeptoren.
Es können mehrere Wirkmechanismen unterschieden werden:
Aktivierung präsynaptischer α2-Adrenorezeptoren
Durch die Bindung des Clonidins an die präsynaptischen α2-Adrenozeptoren sowohl in der Peripherie als auch im zentralen Nervensystem (ZNS) kommt es über die G-Protein-gekoppelte Signalkaskade zu einer verminderten Freisetzung von Noradrenalin, Substanz P und anderer Neuropeptide. Dies führt zu einer Senkung des Sympathikotonus sowie zu einer verminderten Schmerzweiterleitung.
Aktivierung postsynaptischer α2-Adrenorezeptoren
Clonidin aktiviert ebenso die postsynaptischen α2-Adrenozeptoren besonders im Bereich des Nucleus tractus solitarii, der Umschaltstelle des Barorezeptorenreflexes. Dort bewirkt es eine Senkung des Symphatikotonus und eine Steigerung des Parasymphatikotonus.
Weitere Wirkungen
Des Weiteren führt Clonidin zu einer Hemmung der Adrenalinfreisetzung aus dem Nebennierenmark und durch die Stimulation von zentralen Imidazolin-Rezeptoren zu einer weiteren Verstärkung der antisympathikotonen Wirkung. Die analgetische Wirkung von Clonidin soll ebenfalls über Imidazolin-Rezeptoren vermittelt werden.
Pharmakokinetik
Clonidin wirkt schon in sehr geringen Dosen im Bereich weniger Mikrogramm. Es wird teilweise in der Leber verstoffwechselt, zu 65 % aber unverändert über die Niere ausgeschieden.
Seine Plasmahalbwertszeit liegt bei ca. 9 - 11 Stunden. Das Verteilungsvolumen beträgt rund 2 l/kgKG.
Im Tiermodell wurde folgende LD50-Dosis ermittelt: LD50 108 mg·kg−1 (Maus)
Darreichungsformen
Clonidin ist als Injektionslösung zur intravenösen (i.v.) Gabe, als Tablette für die orale Applikation und in Form von Augentropfen verfügbar.
Indikationen
Durch seine starke antisympathikotone Wirkung findet Clonidin heute vor allem Anwendung in der Akutbehandlung von arterieller Hypertonie in Verbindung mit einer Tachykardie. Weitere Anwendungsgebiete sind:
- Reservetherapeutikum bei arterieller Hypertonie
- Therapierefraktäre Schwangerschaftshypertonie
- Hypertensive Krise
- chronisches Offenwinkelglaukom
- Migränetherapie
- Opiatentzugssyndrom
- Alkoholentzugssyndrom
- Postoperatives Shivering, falls Pethidin kontraindiziert ist
- ADHS
eingeschränkt:
- Sedierung
- Analgesie
Im Rahmen der endokrinologischen Funktionsdiagnostik wird Clonidin beim Clonidin-Suppressionstest eingesetzt.
Nebenwirkungen
Als hochpotentes Antisympathotonikum weist Clonidin einige unerwünschte Wirkungen auf, hierzu zählen unter anderem:
- Mundtrockenheit
- Verstopfung (Obstipation)
- verminderte Speichel- und Magensaftproduktion
- Müdigkeit
- Depressive Verstimmung
- Sedation
- Potenzstörungen
- Schwere Bradykardie (selten)
- Rebound-Phänomen
Bei gleichzeitiger Anwendung von Diuretika, Hypnotika, Vasodilatatoren und Alkohol kommt es zu einer Wirkungsverstärkung. Nach i.v.-Applikation ist ein initialer Blutdruckanstieg möglich.
Ein plötzliches Absetzen kann zur hypertensiven Krise führen.
Kontraindikationen
Clonidin darf nicht angewendet werden, wenn eine bekannte Überempfindlichkeit (Allergie) gegen Clonidin besteht, auch viele koronare Erkrankungen zählen deshalb zu den Kontraindikationen:
- Sinusknotensyndrom
- Bradykardie (Herzfrequenz unter 50/Minute)
- endogenen Depressionen
- Schwangerschaft und Stillzeit
- AV-Block II. und III. Grades
- Koronare Herzkrankheit, insbesondere bei akutem Myokardinfarkt
- fortgeschrittene arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
- Raynaud-Syndrom
- Thrombangiitis obliterans
- zerebrovaskuläre Insuffizienz
- Niereninsuffizienz
- Obstipation
Quellen
- Bonnet et al., Mechanisms of the analgesic effect of alpha 2 adrenergic agonists., Cah Anesthesiol., 1994;42(6):723-5
- Wrzosek et al., Topical clonidine for neuropathic pain., Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 2, Art. No.: CD010967, DOI: 10.1002/14651858.CD010967, 2022