Glaukom
von altgriechisch: γλαυκός ("glaukós") - leuchtend
Synonym: Grüner Star
Englisch: glaucoma
Definition
Glaukom ist ein Sammelbegriff für Erkrankungen des Auges, die mit einer strukturellen Schädigung des Nervus opticus (Optikusneuropathie) und damit verbundenen Gesichtsfeldausfällen und Veränderungen der Sehnervenpapille einhergehen.
Epidemiologie
In Europa wird die Prävalenz des Glaukoms in der Gruppe der 40- bis 80-Jährigen auf 2,93 % geschätzt. Bei den über 90-Jährigen sind sogar bis zu 10 % betroffen. Am häufigsten ist dabei das Offenwinkelglaukom.[1]
In Deutschland leiden ungefähr 800.000 Menschen unter einem Glaukom. Schätzungsweise sind 50.000 davon bereits an der Erkrankung erblindet. Damit ist es nach der altersbedingten Makuladegeneration die zweithäufigste Ursache für Erblindung.[2]
Etwa 10 % der über 40-Jährigen haben einen erhöhten Augeninnendruck, was einen Risikofaktor für die Entwicklung des Glaukoms darstellt.
Einteilung
Grundsätzlich können folgende Glaukomformen unterschieden werden:
- Primäres Glaukom: Tritt eigenständig auf und ist nicht Folge einer anderen Augenerkrankung.
- Sekundäres Glaukom: Tritt als Folge einer vorbestehenden Augenerkrankung oder als unerwünschte Nebenwirkung eines Medikaments (Medikamenteninduziertes Glaukom), ärztlichen Eingriffs oder Traumas auf.
- Kongenitales Glaukom: Liegt aufgrund eines Gendefekts bereits bei Geburt vor.
Basierend auf dieser Grundeinteilung können verschiedene Glaukomentitäten unterschieden werden:
- Primäre Glaukome
- Primär chronisches Offenwinkelglaukom
- Primär akutes Winkelblockglaukom
- Normal-/Niedrigdruckglaukom (auch: low-tension Glaukom)
- Sekundäre Glaukome
Winkelblockglaukome werden auch als Engwinkelglaukome bezeichnet.
Die verschiedenen Glaukomformen unterscheiden sich zum Teil beträchtlich hinsichtlich ihrer Ätiologie und Therapie, sodass ihre eigenständige Betrachtung sinnvoll ist.
Pathogenese
Die Pathogenese des Glaukoms steht in engem Zusammenhang mit einer Störung von Homöostase und Abfluss des Kammerwassers im Auge. Das Kammerwasser wird vom Epithel des Ziliarkörpers produziert und in die hintere Augenkammer sezerniert. Aus der hinteren Augenkammer gelangt das Kammerwasser durch die Pupille in die vordere Augenkammer. Der überwiegende Teil des Kammerwassers fließt durch das siebartige Fasergeflecht (Trabeculum corneosclerale) im Kammerwinkel in die Venen des Schlemm-Kanals und wird so wieder aus den Augenkammern abgeleitet. Ein kleiner Teil des Kammerwassers fließt unter Umgehung dieses Weges in die Venen der Sklera ab.
Bei einer Blockade der Kammerwasserpassage durch den Kammerwinkel besteht ein sogenanntes Winkelblockglaukom, bei einem Passagehindernis im Trabekelwerk hingegen ein Offenwinkelglaukom.
Die Produktion und der Abfluss des Kammerwassers sind bestimmend für den Augeninnendruck. Dieser beträgt normalerweise zwischen 5 und 21 mmHg. Bei Augeninnendruckwerten zwischen 22 und 26 mmHg spricht man von einer okulären Hypertension und somit Verdacht auf ein Glaukom. Werte über 26 mmHg sind immer pathologisch.
Ein erhöhter Augeninnendruck findet sich bei den meisten Patienten, ist jedoch nicht Bestandteil der Definition. Beim Normaldruckglaukom ist der Augeninnendruck z.B. normwertig.
Liegt ein isolierter Augenhochdruck ohne Sehnervenschädigung und Gesichtsfelddefekte vor, spricht man von einer okulären Hypertension. Die okuläre Hypertension geht mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Glaukoms einher.
Ein bestehendes Glaukom führt unbehandelt zu einer fortschreitenden Schädigung des Nervus opticus mit zunehmenden Gesichtsfeldausfällen und im Endstadium folglich zur Erblindung des betroffenen Auges.
Diagnostik
Die Diagnostik des Glaukoms dient neben der Abklärung der genauen Glaukom-Entität und der daraus abzuleitenden Therapie vor allem auch der Objektivierung einer eventuell bereits vorliegenden Schädigung des Nervus opticus:
- Spaltlampenuntersuchung: allgemeine Beurteilung des Auges, insbesondere Beurteilung der Vorderkammertiefe als wegweisender Parameter, Beurteilung einer möglichen Pigmentdispersion oder eines pseudoexfoliativen Glaukoms
- Gonioskopie: Beurteilung des Kammerwinkels
- Augeninnendruckmessung
- Untersuchung des Augenhintergrundes (Fundoskopie): Beurteilung des Nervus opticus und der Cup-Disc-Ratio, Erkennen möglicher Papillenrandblutungen (Indiz für das Vorliegen eines Glaukoms, aber auch für die unzureichende Therapie; gehen oft mit einer Zunahme des Glaukomschadens einher)
- Pachymetrie (Messung der Hornhautdicke) zur Festlegung des Korrekturfaktors für die Augeninnendruckmessung
- Perimetrie: Objektivierung von eventuell vorliegenden Gesichtsfeldausfällen
Klinik
Glaukome sind oft zunächst asymptomatisch, sodass es sich häufig um einen Zufallsbefund bei Routineuntersuchungen im Rahmen der Glaukomvorsorge handelt. Teilweise werden Augeninnendruckwerte bis ca. 40mmHg symptomlos von Patienten toleriert. Daher kann bereits bei Erstdiagnose der Erkrankung eine stark fortgeschrittene Sehnervenschädigung mit entsprechenden Gesichtsfelddefekten vorliegen. In der Regel werden Gesichtsfelddefekte, solange sie nicht deckungsgleich an beiden Augen auftreten, nicht wahrgenommen.
Bei stark erhöhten Augeninnendruckwerten von 50 oder 60mmHg und höher ist das Auge häufig rot und schmerzempfindlich. Zudem können Kopfschmerzen und teils auch Übelkeit und Erbrechen auftreten.
In der Regel sind beide Augen betroffen und werden entsprechend auch behandelt. Allerdings gibt es Ausnahmen, wie z.B. das PEX-Glaukom (kann einseitig oder beidseitig auftreten) oder Sekundärglaukome.
Therapie
Ziel der Therapie ist immer eine Senkung des Augeninnendrucks, unabhängig vom Ausgangsdruck. Ziel ist zunächst eine Senkung des höchsten gemessenen Wertes (ohne Therapie) um 30 %. Der Zieldruck sollte in Abhängigkeit von den Gesichtsfeldern und der bestehenden Vorschädigung des Sehnervs im weiteren Krankheitsverlauf überwacht und gegebenenfalls erneut angepasst werden.
Bei sekundären Glaukomen steht neben der Glaukomtherapie die Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund. Die Glaukomtherapie ist bei primären und sekundären Glaukomen gleich und beinhaltet verschiedene Therapiesäulen.
Medikamentöse Therapie
Durch die medikamentöse Therapie wird entweder die Produktion von Kammerwasser reduziert oder der Abfluss gesteigert. Dabei kommen verschiedene Substanzen zum Einsatz, darunter:
- Carboanhydrasehemmer (z.B.Acetazolamid; lokal, oder vorübergehend auch oral bei stark erhöhtem Druck)
- Miotika (Pilocarpin-Tropfen)
- Betablocker
- Alpha-2-Agonisten
- Prostaglandin-Analoga
Die Dosierung der lokal angewendeten Medikamente kann auf beiden Seiten gleich sein, muss es aber nicht. Oft werden verschiedene Augentropfen kombiniert (teils auch als Kombipräparate erhältlich). Generell sinkt jedoch die Therapieadhärenz bei zunehmender Therapiekomplexität.
Die medikamentöse Therapie kann sowohl lokale (Augenrötung, Brennen, Tränen, Sehminderung) als auch systemische Nebenwirkungen (Herzrasen, Schwindel, Mundtrockenheit, Geschmacksveränderungen, Magen-Darm-Beschwerden) verursachen, die zu einem Therapieabbruch führen können. Die Patienten sollten daher sorgfältig aufgeklärt werden.
Operative Therapie
Verschiedene operative Maßnahmen kommen zum Einsatz:
- Trabekulotomie
- Trabekulektomie
- Goniotomie
- Anlage von Shunt-Systemen
Lasertherapie
Darüber hinaus spielt die Lasertherapie eine wichtige Rolle. Mögliche Verfahren sind:
- selektive Lasertrabekuloplastik
- Laseriridotomie bei Engwinkelglaukom
- Zyklophotokoagulation (Destruktion des Ziliarkörpers)
Prävention
Die Früherkennung des Glaukoms ist eine wichtige Maßnahme zur Prävention der Erblindung. Da erhöhte Augeninnendruckwerte bis 40mmHg symptomlos sein können, ist eine regeömäßige Glaukomvorsorge wichtig. Das individuelle Risiko der Patienten steigt z.B. bei betroffenen Verwandten ersten Grades, aber auch mit zunehmendem Alter. Daher wird ab dem 40. Lebensjahr eine regelmäßige augenärztliche Untersuchung mit Inspektion der Papille und Augeninnendruckmessung empfohlen.
Quellen
- ↑ Schuster et al., Diagnostik und Therapie der Glaukome, Dtsch Arztebl Int, 2020
- ↑ RKI – GBE-Themenheft Blindheit und Sehbehinderung, 2017