Tachykardie
von altgriechisch: ταχύς ("tachys") - schnell
Synonyme: Herzjagen, Herzrasen
Englisch: tachycardia
Definition
Die Tachykardie ist eine Überschreitung der altersüblichen physiologischen Herzfrequenz (HF) z.B. über 100 Schlägen pro Minute bei einem Erwachsenen.
Der Grenzwert von 100/min sollte flexibel beurteilt werden, da z.B. bei Säuglingen oder Kindern andere Höchstwerte gelten.
ICD10-Code
- ICD-10: I47.1 Supraventrikuläre Tachykardie
- ICD-10: I47.2 Ventrikuläre Tachykardie
Pathophysiologie
Die Ursachen von Tachykardien können verschieden sein, die genaue Entstehung der unterschiedlichen Formen ist bis heute nicht vollständig verstanden. Die gängige Literatur gibt verschiedene Mechanismen für Tachykardien an:
- Pathologische Steigerung des Automatismus: Die unter physiologischen Bedingungen etwa siebzigmal pro Minute depolarisierenden Schrittmacherzellen des Sinusknoten geben aus bisher nicht geklärter Ursache einen schnellen Rhythmus vor.
- Instabilität der elektrischen Reizgenerierung: Anstelle koordinierter Depolarisationen können sich einzelne oder größere Mengen von Herzmuskelzellen willkürlich und nicht zeitlich gekoppelt elektrisch entladen und damit einen pathologischen, deutlich zu schnellen Herzrhythmus generieren.
- Reentry-Erregungen: Durch pathologische Faserverbindungen oder Schaltkreise der elektrischen Erregung findet während der physiologischen Ruhephase eine erneute Depolarisation statt, so dass das Herz zu oft erregt wird und sich damit kontrahiert.
- Reaktive Tachykardien: Durch hormonelle Stimulation (z.B. im Rahmen einer Hyperthyreose) oder nervale Erregung wird die im Sinusknoten generierte Herzfrequenz angetrieben.
Neben diesen endogenen Mechanismen für Tachykardien gibt es eine große Anzahl exogener Ursachen. Hierzu zählen Genuss- (Koffein) und Suchtmittel (Nikotin, illegale Drogen wie Amphetamine oder Kokain), frequenzsteigernde Medikamente (z.B. Sympathomimetika, Theophyllin, Nitrate, Kalziumantagonisten) und Lebensmittelinhaltsstoffe. Beispielsweise können die in der Muskatnuss enthaltenen ätherischen Öle Myristicin und Elemicin nach übermäßigem Verzehr zu Tachykardie und Blutdruckschwankungen führen.
Einteilung
...nach Ort der Entstehung
Auf der Basis der Entstehung eines zu schnellen Herzrhythmus unterscheidet man verschiedene Formen der Tachykardie:
- Supraventrikuläre Tachykardie: Entstehung des Herzrhythmus im Bereich von Sinusknoten, Herzatrien, AV-Knoten oder His-Bündeln
- Ventrikuläre Tachykardie: Entstehung der Tachykardie im Bereich der Tawara-Schenkel, den Purkinje-Fasern oder im Myokard der Herzventrikel
Die Lokalisation des Ortes der Reizbildung hilft bei der Unterscheidung zwischen orthotoper Tachykardie (Sinustachykardie) und heterotoper Tachykardie.
Anfallsweise Tachykardien ventrikulären oder supraventrikulären Ursprungs werden unter dem Begriff der paroxysmalen Tachykardie zusammengefasst.
...nach Ätiologie
Klinische Unterscheidung der Tachykardien
Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie (SVT) | Ventrikuläre Tachykardie (VT) | |
---|---|---|
Symptome | Palpitationen Diaphorese |
Palpitationen Diaphorese |
Strukturelle Herzerkrankung | selten | häufig |
Hereditäre Ursachen | kaum | gelegentlich |
Adenosin und vagale Stimulation | beendet häufig (oder demaskiert Vorhofarrhythmie) | beendet selten |
QRS-Vektor | ähnliche Achse wie Sinusrhythmus | andere Achse als Sinusrhythmus |
Q-Zacken während Tachykardie | selten | häufig bei KHK und Infarkt |
QRS-Breite | schmal wie Sinusrhythmus selten Aberration |
meist > 140 ms selten schmaler |
Fusionsschläge | nie | wenn vorhanden, beweisend |
AV-Synchronie | fast immer | fakultativ |
Quelle
- W. Siegenthaler, Siegenthalers Differenzialdiagnose; Georg Thieme Verlag; S. 731; ISBN 3-13-344819-6
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