Glaukomanfall
Synonym: Glaucoma acutum, akutes Winkelblockglaukom
Definition
Beim Glaukomanfall kommt es schlagartig zu einer deutlichen Erhöhung des Augeninnendrucks. Im Gegensatz zu den sonstigen Formen des Glaukoms ist das Geschehen hier nicht langwierig, sondern tritt plötzlich ein. Es handelt sich um einen ophthalmologischen Notfall.
Pathophysiologie
Beim Glaukomanfall kommt es zu einer plötzlich auftretenden Abflussstörung des Kammerwassers. Die häufigste Ursache ist hierbei eine Verlegung bzw. drastische Verengung des Kammerwinkels durch die Regenbogenhaut (Iris). Diesen Zustand bezeichnet man als Winkelblock oder Pupillarblock.
Durch die akute Abflussbehinderung des Kammerwassers kommt es innerhalb von kürzester Zeit zu einer extremen Erhöhung des Augeninnendrucks um teilweise mehr als den dreifachen Wert des Normalzustandes. Werte von bis zu 70 mmHg sind keine Seltenheit. In der Regel ist nur ein Auge von dem Glaukomanfall betroffen. Es handelt sich bei diesem Phänomen um einen medizinischen Notfall, der sofortiger augenärztlicher Behandlung bedarf, da sonst die Gefahr einer irreparablen Sehnervenschädigung besteht.
Stets ist eine genaue Untersuchung und – falls nötig – eine vorsorgende Operation am anderen Auge ebenfalls indiziert, da sich die anatomischen Gegebenheiten beider Augen in der Regel sehr ähneln. Bestimmte Medikamente, besonders anticholinerg wirkende Arzneimittel wie Antiemetika oder bestimmte Antidepressiva, können das Auftreten eines Glaukomanfalls begünstigen.
Symptome
- extrem harter Augapfel
- gerötetes Auge
- Hornhautödem
- Augenschmerzen
- gastrointestinale Symptome (Erbrechen, Übelkeit)
- plötzlicher Sehverlust
- Sehen von Farbringen
- verzögerter oder fehlender Pupillenreflex (Lichtstarre)
- starke Kopfschmerzen
- Herzrhythmusstörungen
Diagnose
- Palpation des Augapfels
- Erhebung einer Krankengeschichte (evtl. Einnahme von risikoträchtigen Medikamenten)
- Messung des Augeninnendruckes
- Untersuchung des Trabekelsystems
Therapie
Medikamentöse Therapie
Die initiale Behandlung des Glaukomanfalls zielt auf eine rasche Senkung des Augeninnendrucks ab. Hierzu kommen folgende Substanzen zum Einsatz:
- Lokale Anwendung von Parasympathomimetika (z.B. Pilocarpin-Augentropfen 1% alle 15 Minuten), um die Iris aus dem Kammerwinkel "herauszuziehen". Hierbei sollte beachtet werden, dass der Musculus sphincter pupillae bei Drücken über 40 bis 50 mmHg nicht mehr auf Miotika reagiert, da er dann ischämisch ist.
- Intravenöse Gabe von hyperosmolaren Lösungen (z.B. Mannitol 0,3 bis 2,5 g/kg Körpergewicht innerhalb von 30 bis 60 Minuten) zur osmotischen Reduktion des Glaskörpervolumens.
- Intravenöse oder orale Gabe von Carboanhydrasehemmern (z.B. Azetazolamid 500 mg i.v., alternativ 500 mg p.o. gefolgt von 125 mg bis 250 mg alle vier Stunden), um die Kammerwasserproduktion zu hemmen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Auch Betablocker i.v. können im Akutfall gegeben werden. Diese Maßnahmen sollten gegebenfalls auch bereits vom Hausarzt ergriffen werden, da akute Erblindungsgefahr besteht. Begleitend können Analgetika verabreicht werden. In der klinischen Versorgung kann auf eine Operation zur Verringerung des Augeninnendruckes nicht verzichtet werden.
Chirurgische Therapie
Kann eine konservative Senkung des Augeninnendrucks innerhalb von 6 Stunden erreicht werden, so erfolgt die operative Versorgung elektiv am nächsten Tag. Ist eine Senkung innerhalb von 6 Stunden nicht möglich, sollte eine notfallmäßige operative Versorgung angestrebt werden. Folgende chirurgische Maßnahmen kommen zum Einsatz:
- Zyklokoagulation: Verödung des Ziliarkörpers
- Iridektomie: Anlage einer kleinen Öffnung in die Regenbogenhaut
- Goniotomie und Trabekulotomie: Eröffnung des Trabekelsystems und Verbindung vom Schlemm-Kanal mit der Vorderkammer des Auges
- Goniotrepanation und Trabekulektomie: Anlegung eines Abflusskanals aus der Vorderkammer des Auges unter die Bindehaut
- Kanaloplastie: Bei diesem sehr neuen Verfahren wird ein ringförmiges Implantat in denSchlemm-Kanal gelegt, wodurch dieser offengehalten wird
- zusätzliche Katarakt-Operation: Verkleinerung der hypertrophierten Linse; dadurch Erweiterung des Kammerwinkels
Laser-Therapie
- Neodymium-YAG-Laseriridotomie: Einbringen einer Öffnung in die äußere Regenbogenhaut
- Laserzyklodestruktion bzw. Zyklophotokoagulation: Dabei wird eine lasergestützte Verödung des Ziliarkörpers vorgenommen. Die dadurch entstehenden Narben dienen als Abflussmöglichkeit für das Kammerwasser
- Argonlasertrabekuloplastik: lasergestützte Aufweitung des Kammerwinkels
- Selektive Laser-Trabekuloplastik: (SLT)