Carboanhydrasehemmer
Englisch: carbonic anhydrase inhibitor
Definition
Carboanhydrasehemmer sind Medikamente aus der Gruppe der Diuretika. Sie hemmen das Enzym Carboanhydrase.
Wirkmechanismus
Die Carboanhydrase ist im Bürstensaum der apikalen Abschnitte der Tubuluszellen im proximalen Tubulussystem des Nephrons zu finden. Das Enzym katalysiert die Reaktion:
Die Carboanhydrase ist dadurch an der Rückresorption von Natrium im proximalen Tubulus beteiligt. Dort sezerniert ein Natrium-Protonen-Antiporter Protonen im Austausch gegen Natrium in das Tubuluslumen. Gelangt im Austausch für ein Natriumion ein Proton in das Tubuluslumen, reagiert es mit den im Harn befindlichen Hydrogencarbonat-Anionen ( HCO3-) zu Kohlensäure (H2CO3).
Diese wird durch die Carboanhydrase zu Wasser und CO2 umgesetzt, welches die Tubulusmembran schnell passieren kann. Nach erneuter Umsetzung durch die Carboanhydrase zu Kohlensäure im Inneren der Zelle wird ein Proton abgespalten, das erneut zur Natriumrückresorption zur Verfügung steht.
Carboanhydrasehemmer blockieren die renale Carboanhydrase, reduzieren damit die Protonensekretion und vermindern die Rückresorption von Bikarbonat. Dadurch entsteht ein alkalischer bikarbonatreicher Harn und eine metabolische Azidose. Über einen unbekannten Mechanismus steigern sie auch die renale Phosphatausscheidung. Die diuretische Wirkung ist im Vergleich zu Schleifendiuretika bzw. Thiaziddiuretika weniger stark ausgeprägt.
Substanzen
Indikationen
Zur Ausschwemmung von Ödemen oder der Behandlung eines Hypertonus sind Carboanhydrase-Hemmstoffe nicht geeignet und wurden von anderen Diuretika verdrängt.
Die häufigste Indikation ist die temporäre Senkung des Augeninnendruckes bei einem Glaukomanfall, wobei durch Wirkung an der Carboanhydrase des Ziliarkörpers die Produktion des Kammerwassers gedrosselt wird.
Off label wird Acetazolamid bei der Höhenkrankheit verwendet. Bei Aufstiegen in große Höhen eingenommen, wirken Carboanhydrase-Hemmer der respiratorischen Alkalose entgegen, die bei einem verminderten Sauerstoffpartialdruck entsteht.
Carboanhydrasehemmer werden auch als Antidot bei Schlafmittelvergiftungen durch Barbiturate verwendet. Durch die Alkalisierung des Harns verhindern sie die Aufnahme schwacher organischer Säuren, da diese im alkalischen Milieu ionisiert und negativ geladen vorliegen, was eine passive Resorption verhindert.
Des Weiteren finden Carboanhydrasehemmer Anwendung bei der idiopathischen intrakraniellen Hypertension ("Pseudotumor cerebri"), da sie die Liquorproduktion drosseln.
Nebenwirkungen
Über den Verlust an Hydrogencarbonat-Anionen entsteht als Nebenwirkung eine metabolische Azidose. Diese ist jedoch selbstlimitierend, da eine Azidose ihrerseits die Wirkung der Carboanhydrase-Hemmer abschwächt.
Bei langfristiger Anwendung von Carboanhydrase-Hemmstoffen entsteht eine relevante Hypokaliämie. Der diuretische Effekt ebbt demgegenüber nach wenigen Tagen der Anwendung ab. Weitere Nebenwirkungen sind:
Kontraindikationen
Eine wichtige Kontraindikation für die Anwendung von Carboanhydrasehemmern ist die Leberinsuffizienz, da unter der Therapie mit Carboanhhydrasehemmern die Ausscheidung von Ammonium vermindert und eine Anhäufung von Ammoniak begünstigt ist (hepatische Enzephalopathie). Weitere Kontraindikatonen sind: