Hyperglykämie
von griechisch: hyper - zu viel, glykos - Zucker und haima - Blut
Englisch: hyperglycemia
Definition
Bei einer Hyperglykämie handelt es sich um einen erhöhten Blutzuckerspiegel. Dies ist definitionsgemäß bei einem Nüchternglukosegehalt von mehr als 100 mg/dl (5,5 mmol/l) bzw. 140 mg/dl (7,8 mmol/l) 2 Stunden postprandial der Fall.
Nach einer Mahlzeit ist ein erhöhter Blutzuckerspiegel physiologisch. Eine dauerhaft erhöhte Glukosekonzentration ist jedoch pathologisch. Sie ist das Leitsymptom des Diabetes mellitus.
- ICD10-Code: R73 - Erhöhter Blutglukosewert
Pathophysiologie
Eine Hyperglykämie kann durch unterschiedliche Mechanismen entstehen.
- Periphere Insulinresistenz: Die Körperzellen - vor allem Fett- und Muskelzellen - sind nicht in der Lage trotz angemessener oder sogar erhöhter Insulinspiegel, ausreichend Glukose aufzunehmen. Dieser Mechanismus liegt bei einem Typ-2-Diabetes vor.
- Verminderte bzw. fehlende Insulinausschüttung: Sie liegt dem Typ-1-Diabetes zugrunde. Der Insulinmangel führt zu einer verminderten Aufnahme von Glukose, die dann im Blut verbleibt.
- Vermehrte Ausschüttung von Somatotropin, Glucagon, Adrenalin oder Noradrenalin: Alle 4 Hormone steigern den Blutzuckerspiegel. Somatotropin hemmt die Aufnahme von Glukose in Fett- und Muskelzellen und reduziert den Glukoseverbrauch durch eine Steigerung der Fettsäureoxidation. Adrenalin führt zu einer Freisetzung von Glukose und zu einer Hemmung der Insulinausschüttung. Deshalb kommt es bei einem Phäochromozytom zur Hyperglykämie.
- Hypercortisolismus: Glukokortikoide wie Cortisol führen ebenfalls zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel. Sie steigern die Gluconeogenese und senken den Glukoseverbrauch. Ein Hypercortisolismus wie er beim Cushing-Syndrom vorliegt, zieht deshalb eine Hyperglykämie nach sich.
- Hyperthyreose: Durch erhöhte Schilddrüsenhormonwerte (T3, T4) werden die Glykogenolyse und die Glukoneogenese angeregt
Vorkommen
Eine Hyperglykämie kann bei einer großen Zahl verschiedener Krankheiten bzw. klinischer Situationen auftreten. Dazu zählen unter anderem:
- Diabetes mellitus
- Hypercortisolismus
- Morbus Basedow
- Akromegalie
- Herzinfarkt (akut)
- CO-Vergiftung
- Phäochromozytom
- Inhalationsnarkose
- Schock
- Schädel-Hirn-Trauma
- Hirntumoren
- Meningitis
- Hereditäre Hämochromatose
Die größte klinische Bedeutung haben Hyperglykämien bei Diabetes mellitus. Sie entstehen meist durch falsche Ernährung (zu hohe Kalorienaufnahme), mangelhafte medikamentöse Einstellung oder Non-Compliance des Patienten bei der Einnnahme der Medikamente.
Leitsymptome
Die Hyperglykämie ist gekennzeichnet durch:
- Glukosurie: Ausscheidung überschüssiger Glukose durch die Nieren
- Polyurie: erhöhte Harnausscheidung
- Durstgefühl
- Exsikkose
- Ketonurie: Aceton (Keton) im Urin
- Gewichtsverlust
- Nausea und Erbrechen
- Bewusstseinstrübung
Akute kurzzeitige Hyperglykämien verursachen meist keine typischen klinischen Symptome, solange sie die Nierenschwelle für Glukose (etwa 180 bis 200 mg/dl) nicht überschreiten. Wird die Nierenschwelle überschritten, kommt es durch verminderte Wasserrückresorption aus dem Primärharn zur Polyurie. Wenn die Trinkmenge den Flüssigkeitsverlust nicht ausgleicht, entsteht eine Exsikkose. Bei sehr hohen Blutzuckerwerten (> 600 mg/dl) über mehrere Tage kann es zu einem hyperosmolaren Koma kommen.
Literatur
- Calov S et al. SOP Hypo- und hyperglykämer Notfall. Notaufnahme up2date 2023; 05(03): 219-224