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Hereditäre Hämochromatose

Synonyme: Eisenspeicherkrankheit, Primäre Siderose
Abkürzung: HH

1. Definition

Die Hereditäre Hämochromatose ist eine autosomal-rezessive Erbkrankheit, bei der es zu einer Eisenüberladung (Siderose) kommt.

2. Genetik

Die Hämochromatose kann auf verschiedenen genetischen Defekten beruhen. Die häufigste Form der Hämochromatose beruht auf einer homozygot vorliegenden Mutation des HFE-Gens.[1]. Andere Gendefekte, wie die juvenile Form, sind seltener.

Die Hereditäre Hämochromatose gehört zu den häufigsten angeborenen Erkrankungen in Mitteleuropa.

3. Pathogenese

Bei der Erkrankung kommt es zu einer erhöhten Aufnahme von Eisen im Darm, die auf verschiedenen Mutationen des HFE-Gens beruht. Durch die veränderte Basenabfolge ist die Sekretion von Hepcidin beeinträchtigt, da ein korrektes HFE-Protein - also das Produkt des HFE Gens - die Ausschüttung von Hepcidin stimuliert. Hepcidin wiederum führt zur Internalisierung und zum Abbau von Ferroportin sowohl in Enterozyten als auch in Makrophagen[2]

Ferroportin ist ein Transmembranprotein, das Eisenionen aus dem Intra- in den Extrazellulärraum transportiert. Ein Funktionsverlust im HFE-Gen bewirkt also einen Mangel an Hepcidin und in der weiteren Folge eine erhöhte Konzentration von Ferroportin am basalen Zellpol der Enterozyten. Dadurch erklärt sich die gesteigerte Eisenresorption aus der Nahrung.

Während beim Gesunden die tägliche Eisenaufnahme 1 bis 2 mg beträgt, ist diese bei der Hämochromatose auf 3 bis 4 mg gesteigert. Das Gesamtkörpereisen steigt dadurch von ca. 4 bis 5 g (Normwert) auf bis zu 80 g. Klinische Symptome sind ab einem Körpereisenbestand von ca. 20 g zu erwarten.

Die Ursache der sekundären, nicht angeborenen Hämochromatose ist dagegen typischerweise parenterale Eisenzufuhr durch regelmäßige Erythrozytentransfusionen, z. B. bei einem myelodysplastischen Syndrom.

4. Klinik

Eine Hämochromatose manifestiert sich in der Regel im 3. bis 5. Lebensjahrzehnt durch Organschädigungen infolge der Eisenüberladung des Organismus. Bei Frauen tritt die klinische Manifestation aufgrund des physiologischen Eisenverlustes durch die Menstruation normalerweise später ein.

Mögliche Befunde umfassen:

Die Hämochromatose ist ein eigenständiger Risikofaktor für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms.

5. Diagnostik

Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Zusammenschau von Anamnese (insbesondere Familienanamnese) und dem Befund.

5.1. Labordiagnostik

Zur Sicherung der Diagnose "Hämochromatose" dienen folgende labormedizinische Untersuchungen.

Das Serumeisenkonzentration ist am wenigsten aussagekräftig, da sie nicht mit dem Speichereisen korreliert. Ergänzend kann ein Desferrioxamin-Test durchgeführt werden.

Die weiterführende Diagnostik umfasst den molekularbiologischen Nachweis der HFE-Mutationen C282Y und H63D. Nur 25 % der homozygoten HFE-Gendefekt-Träger entwickeln eine manifeste Hämochromatose.

Zur Früherkennung eines hepatozellulären Karzinoms sollte im Rahmen der weiteren Verlaufkontrollen der Tumormarker AFP bestimmt werden.

5.2. Leberbiopsie

Seit Einführung der Gendiagnostik wird eine Leberbiopsie mit Eisenkonzentrationsbestimmung nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt – wegen der vorbestehenden Leberschädigung besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko. Eine Indikation zur Leberbiopsie z.B. kann bei negativem oder nicht eindeutigem molekulargenetischen Befund notwendig sein, wenn die klinischen Parameter auf eine deutliche Eisenüberladung hinweisen und mit nichtinvasiven Methoden nicht sicher entschieden werden kann, ob eine Hämosiderose vorliegt.

5.3. Bildgebung

Mittels CT und MRT kann eine semiquantitative Abschätzung der Lebereisenkonzentration erfolgen. Eine weitere nichtinvasive Methode ist die Biomagnetometrie. Ergänzend wird eine regelmäßige Sonographie des Abdomens zur Kontrolle der Leber durchgeführt.

6. Therapie

Bei rechtzeitiger Erkennung und Behandlung der Erkrankung ist eine normale Lebenserwartung möglich.

6.1. Aderlasstherapie

Standardtherapie ist der Aderlass. Dabei kann eine Erythrozytapherese erfolgen, um Plasmaproteinverlusten vorzubeugen. Der Zielwert für das Serumferritin liegt für die Behandlungseinleitung bei 50 µg/l bei einem Hb-Wert von 12 g/dl[3]. Im weiteren Verlauf sollte das Ferritin 100 µg/l nicht übersteigen. Das Intervall der Aderlässe wird individuell angepasst. Anstelle eines Aderlasses ist auch eine Blutspende möglich[4], sofern nicht weitere Erkrankungen des Patienten dem entgegenstehen.

6.2. Deferoxamin

Eine therapeutische Alternative zweiter Wahl ist die subkutane Gabe von Deferoxamin, die jedoch eher bei sekundären Siderosen eingesetzt wird. Die Deferoxamin-Therapie ist für die Hämochromatose ineffektiver als die Aderlasstherapie.

6.3. Diät

Eine eisenarme Diät kann den Therapieverlauf günstig beeinflussen, ist aber allein nicht ausreichend. Die intestinale Eisenresorption ist nur für einen kleinen Anteil des Serumeisens verantwortlich – der Hauptanteil des Serumeisens stammt aus dem Erythrozytenabbau durch die Makrophagen. Eine Alkoholkarenz ist empfehlenswert, um einen möglichen Leberschaden nicht weiter zu verstärken.

7. Quellen

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