Beta-Oxidation
Synonym: β-Oxidation
Englisch: beta-oxidation
Definition
Unter der beta-Oxidation bzw. β-Oxidation versteht man den oxidativen Abbau von Fettsäuren zu Acetyl-CoA im Matrixraum der Mitochondrien und Peroxisomen. Das "beta" im Namen bezieht sich auf das C3-Atom der Fettsäure, an dem die Oxidation stattfindet.
Hintergrund
Der Körper kann aufgenommene Fettsäuren zur Energiegewinnung verwenden. Das Acetyl-CoA aus der Beta-Oxidation geht dazu in den Citratzyklus ein. FADH2 und NADH + H+, die während der Oxidation entstehen, werden in der Atmungskette für die Synthese von ATP verwendet.
Ablauf
Abbau von geradzahligen Fettsäuren
Aktivierung der Fettsäuren
Bevor eine Fettsäure abgebaut werden kann, muss sie unter Energieverbrauch mit Coenzym A aktiviert werden. Diese Reaktion wird durch die Thiokinase im Zytosol katalysiert.
Zunächst wird ATP in AMP und Pyrophosphat gespalten, welches durch eine Pyrophosphatase weiter in Orthophosphat gespalten wird. Die Fettsäure reagiert anschließend mit dem entstandenen AMP zu Acyl-Adenylat. In einer weiteren Reaktion kann die Fettsäure durch die bei der Abspaltung von AMP frei werdende Energie mit Coenzym A verestert werden: Acyl-CoA entsteht.
Transport von Acyl-CoA ins Mitochondrium
Die aktivierte Fettsäure wird über das Carnitin-Acyltransferase-System in die Matrix transportiert. Dazu wird der Acyl-Rest des Acyl-CoA durch die Carnitin-Transferase I auf Carnitin übertragen, so dass Acylcarnitin entsteht. Dieses kann im Austausch mit freiem Carnitin durch einen Carrier in das Mitochondrium transportiert werden. Dort wird der Acyl-Rest durch die Carnitin-Transferase II wieder auf freies Coenzym A übertragen, so dass wieder Acyl-CoA entsteht. Diese Reaktionen sind nur möglich, weil die Bindungsenergien der Moleküle etwa gleich sind.
Abbau von Acyl-CoA
Die Oxidation der Fettsäure erfolgt in einer wiederkehrenden Sequenz aus vier Reaktionsschritten, die jeweils in der Freisetzung eines Acetyl-CoA resultiert. Die Sequenz wird so oft wiederholt, bis die gesamte Fettsäure oxidiert ist. Für den Abbau von Palmitinsäure, die aus 16 Kohlenstoffatomen besteht, muss die Sequenz sieben Mal wiederholt werden.
- Schritt 1: Zunächst wird Acyl-CoA durch die Acyl-CoA-Dehydrogenase mit FAD oxidiert. Dabei entstehen reduziertes FADH2 sowie alpha-beta-ungesättigtes trans-Enoyl-CoA.
- Schritt 2: Mit Hilfe der Enoyl-CoA-Hydratase wird die Doppelbindung hydratisiert. Es entsteht L-3-Hydroxyacyl-CoA, auch als L-β-Hydroxyacyl-CoA bezeichnet.
- Schritt 3: Eine Hydroxylgruppe am C-3-Atom wird durch die L-3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase zu einer Ketogruppe oxidiert. Es entsteht 3-Ketoacyl-CoA.
- Schritt 4: Der letzte Schritt ist nun die thiolytische Verkürzung um zwei C-Atome durch ein zusätzliches Coenzym A. Katalyisert wird diese Reaktion durch die β-Kethothiolase. Es entsteht Acetyl-CoA und ein Acyl-CoA, das um zwei C-Atome verkürzt ist und dann in einer neuen Sequenz weiter oxidiert wird.
Abbau von ungeradzahligen Fettsäuren
Die letzte Spaltung einer ungeradzahligen Fettsäure führt zu Acetyl-CoA und Propionyl-CoA. Dieses muss durch die Propionyl-CoA-Carboxylase zu D-Methylmalonyl-CoA carboxyliert werden. Letzteres wird dann durch eine Racemase in L-Methylmalonyl-CoA ungewandelt. Aus L-Methylmalonyl-CoA entsteht durch eine Mutase Succinyl-CoA, das in den Citratzyklus eingeschleust werden kann.
Abbau von ungesättigten Fettsäuren
Ungesättigte Fettsäuren werden so lange abgebaut, bis eine α-β- oder eine β-γ-Doppelbindung auftritt.
An eine Fettsäure mit einer α-β-Doppelbindung wird zunächst Wasser angelagert und das entstehende Produkt durch eine Epimerase in L-3-Hydroxyacyl-CoA ungewandelt.
Die β-γ-Doppelbindung einer Fettsäure wird durch eine Isomerase in eine α-β-ungesättigte Doppelbindung in trans-Form ungewandelt. Diese kann dann weiter verstoffwechselt werden.
Abbau langkettiger Fettsäuren
Sehr langkettige Fettsäuren (mit mehr als 21 Kohlenstoffatomen) werden durch die β-Oxidation im Peroxisom bis zum Octanoyl-CoA (besitzt 8 Kohlenstoffatome) abgebaut. Diese langkettigen Fettsäuren werden über das Adrenoleukodystrophie-Protein (ABCD1), einen ATP-abhängigen Transporter, in das Peroxisom aufgenommen.
Im Unterschied zu der mitochondrialen β-Oxidation erfolgt in den Peroxisomen keine ATP-Synthese, da in diesem Zellorganell weder Citratzyklus noch Atmungskette stattfinden können. Im ersten Oxidationsschritt werden auch hier die Elektronen der Fettsäure auf FAD übertragen. Jedoch kann das gebildete FADH2 nicht wie im Mitochondrium der Atmungskette zugeführt werden, sondern wird mithilfe von Sauerstoff oxidiert. Das so gebildete Wasserstoffperoxid wird über eine Katalasereaktion in Sauerstoff und Wasser gespalten. Das in der β-Oxidation gebildete Acetyl-CoA und NADH wird in das Zytosol transportiert und kann in weitere Stoffwechselwege eingeschleust werden. Endprodukte dieses Zyklus sind kurzkettige Fettsäuren mit etwa 8 Kohlenstoffatomen, die aus dem Peroxisom exportiert und mithilfe der β-Oxidation im Mitochondrium weiter abgebaut werden.
Energiebilanz
Der Abbau einer aktivierten gesättigten Fettsäure im Mitochondrium führt pro Abspaltung eines Acetyl-CoAs zu einem reduzierten FAD (FADH2), einem NADH + H+ sowie einem Acetyl-CoA. FADH2 liefert in der Atmungskette 1,5 ATP, NADH + H+ 2,5 ATP und der Abbau eines Acetyl-CoAs 10 ATP. Beim Abbau einer ungesättigten Fettsäure entsteht kein reduziertes FAD, der Abbau ist energetisch ungünstiger.
Regulation
Malonyl-CoA, welches zur Fettsäuresynthese benötigt wird, hemmt die Carnitin-Transferase I, so dass es nicht zum gleichzeitigen Aufbau und Abbau von Fettsäuren kommt.
Klinik
Ein X-chromosomal vererbter Defekt des peroxisomalen ABCD1-Transporters führt zur Adrenoleukodystrophie.
siehe auch: α-Oxidation, ω-Oxidation