Diuretikum
von altgriechisch: διουρητικός ("diourētikós") - den Harn befördernd
Synonym: Harntreibendes Mittel
Englisch: diuretic
Definition
Ein Diuretikum ist ein Arzneimittel, das die Harnausscheidung (Diurese) fördert. Diuretika werden insbesondere zur Therapie von Ödemen und arterieller Hypertonie eingesetzt.
Hintergrund
Die meisten Diuretika sind auch Saluretika, also Substanzen, die eine verstärkte renale Ausscheidung von Elektrolyten und sekundär von Wasser bewirken. Entsprechend muss beim Einsatz von Diuretika insbesondere auf Elektrolytverschiebungen geachtet werden. Davon abgegrenzt werden die Aquaretika, die primär die Ausscheidung von Wasser fördern.
Mittel, die eine gegenteilige Wirkung erzielen, nennt man Antidiuretika.
Einteilung
Grundsätzlich werden folgende Diuretika-Klassen unterschieden:
- Osmodiuretika
- Carboanhydrasehemmer
- Thiaziddiuretika
- Schleifendiuretika
- Kaliumsparende Diuretika
- Aldosteronantagonisten
- Vasopressinantagonisten
Die Wirkstoffgruppen repräsentieren nur die Diuretika im engeren Sinn. Darüber hinaus besitzen auch zahlreiche andere Substanzen eine harntreibende Wirkung als Teil ihres Wirkprofils, z.B. SGLT-2-Inhibitoren[1], Xanthine oder Ethanol.
Thiaziddiuretika und kaliumsparende Diuretika werden manchmal auch als kalziumsparende Diuretika zusammengefasst.
Wirkmechanismus
Fast alle Diuretika hemmen Transportprozesse im Tubulussystem der Niere. Die Wirkung erfolgt dabei meist von luminal. Da sie im proximalen Tubulus sezerniert werden, steigt die tubuläre Konzentration im Vergleich zur Plasmakonzentration deutlich an. Dies erklärt die scheinbar nierenspezifische Wirkung. Jedoch können unter anderem indirekt systemische Wirkungen über Abnahme des intravasalen Volumens (Hypovolämie) und Hyponatriämie mit Aktivierung des RAA-Systems (sekundärer Hyperaldosteronismus) entstehen.
Grundsätzlich gilt: Je weiter distal ein Diuretikum angreift, umso geringer ist der diuretische Effekt. Die Ursache liegt im vorherrschenden Natriumangebot.
- Schleifendiuretika wirken im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife und in der Macula densa. So können sie theoretisch eine maximale Diurese von 30 bis 40 % der glomerulären Filtrationsrate (GFR) bewirken
- Thiaziddiuretika wirken im frühdistalen Tubulus; maximale Diurese 10 bis 15 % der GFR
- Kaliumsparende Diuretika und Aldosteronantagonisten wirken im spätdistalen Tubulus und Sammelrohr; 2 bis 4 % der GFR
- Carboanhydrasehemmer wirken zwar im proximalen Tubulus, jedoch wird die vermeintlich große diuretische Wirkung (30 bis 40 % der GFR) durch kompensatorisch erhöhte Rückresorption im distalen Tubulus reduziert.
- Osmodiuretika stellen eine Ausnahme dar, sie wirken nicht von luminal und können eine maximale Diurese von 30 bis 40 % der GFR bewirken.
- Vasopressinantagonisten bilden ebenfalls eine Ausnahme, das sie in den Sammelrohren den Einbau von Aquaporinen beeinflussen.
Weiterhin unterscheiden sich die Diuretika hinsichtlich Wirkungseintritt und Wirkdauer und sorgen je nach Angriffsort für eine unterschiedliche Ausscheidung von Natrium (Na+)-, Kalium (K+)-, Calcium (Ca2+)-, Magnesium (Mg2+)-, Chlorid (Cl-)- und Bikarbonat (HCO3-)-Ionen. Die folgende Tabelle bezieht sich auf die Ausscheidung von Elektrolyten nach Gabe der Diuretika:
Klasse | Ausscheidung | Wirkungseintritt | Wirkdauer | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Na+ | K+ | Ca2+ | Mg2+ | Cl- | HCO3- | |||
Osmodiuretika | ↑↑↑ | ↑↑ | ↑↑ | ↑↑↑ | ↑↑ | ↑↑ |
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Carboanhydrasehemmer | ↑↑ | ↑↑↑ | - | ↑/↓ | ↑ | ↑↑↑ |
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Thiaziddiuretika | ↑↑ | ↑↑ | ↓ | - | ↑↑ | ↑↑ |
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Schleifendiuretika | ↑↑↑ | ↑↑↑ | ↑↑↑ | ↑↑↑ | ↑↑↑ | ↑ |
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Kaliumsparende Diuretika | ↑↑ | ↓ | ↓ | ↓ | ↑↑ | ↑ |
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Aldosteronantagonisten | ↑↑ | ↓ | - | - | ↑↑ | ↑ |
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Indikationen
Ödemreduktion
Ödeme entstehen insbesondere durch erhöhten hydrostatischen Druck (Herzinsuffizienz, Pfortaderhochdruck) und/oder verminderten kolloidosmotischen Druck (nephrotisches Syndrom, Leberzirrhose). In Folge sinkt das intravasale Volumen, sodass es zur Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mit Wasser- und Natriumretention kommt. Diuretika vermindern das intravasale Volumen noch weiter, sodass eine überschießende Diurese insbesondere bei nephrotischem Syndrom (Thrombosegefahr) und dekompensierter Leberzirrhose (Hypovolämie bis Leberkoma) vermieden werden muss. Als Faustregel gilt: maximale Gewichtsreduktion bei Ödemen 2 kg pro Tag, bei alleinigem Aszites 1 kg/d.
- Lungenödem bei akuter Herzinsuffizienz: Schleifendiuretika
- akut erhöhter Hirndruck: Osmodiuretika, ggf. mit Schleifendiuretika
- Langzeittherapie zur Rezidivprophylaxe von Ödemen:
- Thiazide (bei Herzinsuffizienz meist kombiniert mit ACE-Hemmer, da kaliumneutral)
- Aldosteronantagonisten bei sekundärem Hyperaldosteronismus
- bei Herzinsuffizienz NYHA II bis IV: Schleifendiuretikum mit Aldosteronantagonist
- Aszites bei Leberzirrhose
- akut: Schleifendiuretika (Hypovolämie vermeiden)
- chronisch: Aldosteronantagonisten
Niereninsuffizienz
Diuretika führen weder zur erhöhten Ausscheidung von harnpflichtigen Substanzen noch zur grundsätzlichen Besserung der Nierenfunktion. Daher sind sie bei Niereninsuffizienz mit ausgeglichenem Wasser- und Elektrolythaushalt nicht indiziert.
- akutes Nierenversagen: Schleifendiuretika, falls Hypovolämie ausgeschlossen ist; kein prognostischer Effekt
- chronische Niereninsuffizienz: Schleifendiuretika, alternativ Xipamid
Arterielle Hypertonie
Diuretika bewirken initial eine Blutdrucksenkung aufgrund des verminderten intravasalen Volumens, bei Dauergabe sinkt der periphere Gefäßwiderstand. Bevorzugt werden Thiazide verwendet, oft in Kombination mit ACE-Hemmern (kaliumneutral). Hierbei ist das verzögerte Wirkungsmaximum von mehreren Wochen zu beachten. Eine Dosissteigerung bewirkt keine höhere Blutdrucksenkung bei ansteigender Nebenwirkungsrate.
Weitere Indikationen
- Intoxikationen: Schleifendiuretika
- Hyperkalzämische Krise: Schleifendiuretika
- Hirnödem: Osmodiuretika
- renaler Diabetes insipidus: Thiazide
- Glaukom: Osmodiuretika, Carboanhydrasehemmer
- Höhenkrankheit: Carboanhydrasehemmer
Diuretikaresistenz
Als Diuretikaresistenz wird ein inadäquates Ansprechen auf die Gabe von Thiaziden und hohen Dosen von Schleifendiuretika bezeichnet. Ursachen sind ein vermindertes Angebot an Natrium und/oder eine erhöhte Natrium-Rückresorption:
- Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, nephrotisches Syndrom: Trotz Ödemen besteht ein vermindertes zirkulierendes Blutvolumen mit Steigerung der renalen Salz- und Wasserresorption
- Niereninsuffizienz: reduzierte Zahl funktionstüchtiger Nephrone, bei Schleifendiuretika außerdem kompensatorische Resorptionssteigerung
In beiden Fällen kann dann eine sequentielle Nephronblockade erwogen werden. Dabei werden Schleifendiuretika und Thiazide zusammen verabreicht. Letztere sind in Kombinationstherapie selbst bei einer Niereninsuffizienz wirksam und in diesem Fall nicht kontraindiziert.
Weitere Ursachen einer Diuretikaresistenz können folgende Situationen sein:
- Hyponatriämie unter Diuretikatherapie
- Volumenretention durch NSAR, Glukokortikoide und Minoxidil
Bei schwerer hypervolämischer Hyponatriämie (Verdünnungshyponatriämie) müssen Diuretika pausiert und eine strenge Salz- und Flüssigkeitsrestriktion eingehalten werden.
Nach Durchbrechung der Diuretikaresistenz können große Kalium- und Magnesium-Verlust auftreten, die entsprechend substitutiert werden müssen.
Pharmakodynamik
Je nach Dosis-Wirkungs-Kurve unterscheidet man:
- Low-ceiling-Diuretika (Thiazide, kaliumsparende Diuretika, Aldosteronantagonisten): Flache Dosis-Wirkungs-Kurve mit früher Plateaubildung, sodass eine weitere Dosissteigerung die Wirkung nicht mehr erhöhen kann.
- High-ceiling-Diuretika (Schleifendiuretika): Steile Kurve, bei der die Diurese über einen großen Bereich proportional zur Dosis gesteigert werden kann.
siehe auch: Ceiling-Effekt
Thiaziddiuretika
Zu den Thiaziddiuretika zählen unter anderem:
- Chlortalidon (Hygroton®)
- Hydrochlorothiazid (Esidrix®)
- Mefrusid (Baycaron®)
- Indapamid (Natrilix®)
- Xipamid (Aquaphor®): Wirkt nicht von der luminalen, sondern von der peritubulären (Blut-) Seite aus; im Gegensatz zu anderen Thiaziden ist es auch bei Niereninsuffizienz anwendbar
Es handelt sich um Benzothiadiazine bzw. Sulfonamidderivate, die meist mit kaliumsparenden Diuretika kombiniert werden. Die einzelnen Präparate zeigen eine ähnliche Wirkung bei unterschiedlicher Pharmakokinetik. Grundsätzlich sind sie geeignet für die Dauertherapie.
Wirkmechanismus
- reversible Hemmung des Thiazid-sensitiven NaCl-Symporters im frühdistalen Tubulus: verminderte Aufnahme von Natrium- und Chlorid-Ionen
- Hemmung der renalen Calciumausscheidung: verminderte intrazelluläre Natriumkonzentration führt über den basolateralen Natrium-Calcium-Austauscher zu einer erhöhten Rückresorption von Calcium
- Anstieg der renalen Bikarbonat-Ausscheidung: in höherer Dosierung schwache Hemmung der Carboanhydrase
- Anstieg der renalen Kalium- und Protonenausscheidung: erhöhtes Angebot von Natrium an Kalium- und Protonen-sezernierenden Tubuluszellen im spätdistalen Tubulus und Sammelrohr
- Relaxation der Widerstandsgefäße im systemischen Kreislauf durch Öffnung calciumaktivierter Kaliumkanäle der glatten Muskulatur
- Verminderung der GFR
Indikationen
- chronische Ödeme kardialer, renaler und hepatischer Genese
- arterielle Hypertonie
- renaler Diabetes insipidus: Thiazide vermindern die GFR und dadurch die Polyurie
- Sekundärprophylaxe calciumhaltiger Harnsteine: verminderte Hyperkalzurie
Nebenwirkungen
- Hyponatriämie und Hypochlorämie: häufigste medikamentöse Ursache einer Hyponatriämie, dosisabhängig, meist innerhalb ersten vier Wochen nach Therapiebeginn
- Hypokaliämie: Die Hemmung der Natriumresorption führt im distalen Tubulus durch die Aktivität der Natrium-Kalium-Pumpe zu einer erhöhten Kaliumausscheidung
- Hypomagnesiämie: vermutlich über funktionelle Kopplung zwischen Kalium- und Magnesium-Ausscheidung
- Hyperkalzämie bis hin zur Pankreatitis
- Chloridverlust bis hin zur hypochlorämischen Alkalose: durch gesteigerte Na- und K-Ausscheidung
- Neigung zur Hyperglykämie: Öffnung calciumaktivierter Kaliumkanäle in Betazellen des Pankreas mit Hemmung der Insulinfreisetzung
- Harnsäure-Retention: durch Verminderung des Volumens und Konkurrenz um den tubulären Carrier, Gefahr eines akuten Gichtanfalls bei Hyperurikämie
- Lipidstoffwechsel: dosisabhängige Erhöhung der Triglyceride und des LDL-Cholesterins
- allergische Reaktionen (v.a. bei Sulfonamidallergie)
- interstitielle Nephritis
- erektile Dysfunktion
Unter Hydrochlorothiazid besteht darüber hinaus ein erhöhtes Risiko für Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome.[2]
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen Sulfonamide
- schwere Leberfunktionsstörung
- Hypovolämie
- Hypokaliämie, Hyponatriämie, Hyperkalzämie
- schwere Nierenfunktionsstörung: Thiaziddiuretika (außer Xipamid) senken die GFR und Nierendurchblutung und sind bei einer GFR unter 30 ml/min bzw. bei einem Serumkreatinin über 2,0 mg/dl diuretisch unwirksam
- Schwangerschaft, Stillzeit
Schleifendiuretika
Schleifendiuretika sind die einzigen high-ceiling-Diuretika. Sie wirken von luminal und sind insbesondere für die Akuttherapie geeignet. Die Referenzsubstanz ist Furosemid (Lasix®). Weitere Präparate sind beispielsweise:
Etacrynsäure (Hydromedin®) unterscheidet sich in der Wirkungsweise von anderen Schleifendiuretika.
Wirkmechanismus
- reversible Hemmung des Na-K-2Cl-Cotransporters im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife und in der Macula densa
- Anstieg der renalen Calcium- und Magnesium-Ausscheidung: durch Bildung eines transepithelialen Potenzials im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife
- Anstieg der renalen Kalium- und Protonen-Ausscheidung: überhöhtes Angebot von Natrium an Kalium- und Protonen-sezernierenden Tubuluszellen in spätdistalem Tubulus und Sammelrohr sowie aufgrund der RAAS-Aktivierung
- gesteigerte Nierenperfusion durch Aktivierung der intrarenalen Prostaglandinsynthese
- Vorlast-Senkung: Venöse Vasodilatation tritt noch vor der diuretischen Wirkung ein und wird humoral über das aktivierte RAAS-System vermittelt; Effekt tritt daher z.B. nicht bei Behandlung mit ACE-Hemmern oder nephrektomierten Patienten ein
Der anfänglichen Phase einer extrem gesteigerten Natriumausscheidung folgt schnell eine Phase der kompensatorischen Natriumretention (postdiuretische Natriumretention, natriuretische Bremse).
Indikationen
- akute Ödeme kardialer, renaler und hepatischer Genese
- akute Herzinsuffizienz (v.a. beim Lungenödem)
- arterielle Hypertonie, hypertensive Krise (v.a. bei Linksherzinsuffizienz)
- akutes Nierenversagen (bei Restdiurese)
- chronische Niereninsuffizienz
- forcierte Diurese bei hyperkalzämischer Krise und selten bei Intoxikationen
- Nephroprotektion bei Rhabdomyolyse
- lebensbedrohliche Hyponatriämie (zusammen mit hypertoner Kochsalzlösung)
- lebensbedrohliche Hyperkaliämie (zusammen mit Glukoselösung, Natriumhydrogencarbonat, Calciumgluconat)
- Hirnödem (additiv)
Nebenwirkungen
Grundsätzlich ähnliche Nebenwirkungen wie bei Thiaziden:
- Hyponatriämie, Hypochlorämie: etwas seltener unter Schleifendiuretika
- Hypokaliämie
- Hypomagnesiämie
- Hypokalzämie: durch erhöhte tubuläre Ca-Exkretion
- Chloridverlust bis hin zur hypochlorämischen Alkalose
- Neigung zur Hyperglykämie
- Harnsäure-Retention, Hyperurikämie, akuter Gichtanfall
- Dehydratation durch überschießende Diurese (Schwindel, Schwäche, Orthostase-Syndrom)
- Hörschäden: Hemmung des Ionentransport in der Stria vascularis des Innenohrs, insbesondere bei schneller intravenöser Injektion, meist reversibel, bei Etacrynsäure auch irreversible Schäden
- Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö (v.a. bei Etacrynsäure)
- allergische Reaktionen
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen Sulfonamide (außer Etacrynsäure)
- Anurie (wirkungslos)
- schwere Leberfunktionsstörung
- schwere Hypokaliämie
- Hyponatriämie
- Hypovolämie
- Schwangerschaft (z.T. unter strenger Indikationsstellung), Stillzeit
Im Gegensatz zu Thiaziden sind Schleifendiuretika auch bei schwer gestörter Nierenfunktion anwendbar.
Kaliumsparende Diuretika
Zu den kaliumsparenden Diuretika zählen Amilorid und Triamteren. Sie stehen in Deutschland nur als Kombinationspräparate zur Verfügung, meist mit Thiaziden (z.B. Dytide®, Moduretik®). Hierbei können sie zur Reduktion der durch Thiazide hervorgerufenen Kaliumausscheidung führen.
Wirkmechanismus
Kaliumsparende Diuretika blockieren die Natriumkanäle im spätdistalen Tubulus und in den Sammelrohren. Dies führt zum Anstieg der Natriumausscheidung. Außerdem kommt es zur Hyperpolarisation der luminalen Zellmembran, sodass die tubuläre Kaliumsekretion absinkt. Das lumennegative transepitheliale Potenzial ist auch für die verminderte Ausscheidung von Protonen, Calcium und Magnesium verantwortlich.
Indikationen
- arterielle Hypertonie
- Ödeme kardialer, renaler und hepatischer Genese (wenn verminderte Kaliumausscheidung erwünscht ist)
- Lithium-induzierter renaler Diabetes insipidus
Nebenwirkungen
- Hyperkaliämie
- Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö
- metabolische Azidose
- Schwindel, Kopfschmerzen
- Muskelkrämpfe
- Überempfindlichkeitsreaktionen
- Folsäuremangel bzw. megaloblastäre Anämie (Triamteren)
Kontraindikationen
- schwere Leberfunktionsstörung
- Hypovolämie
- Hyponatriämie
- Hyperkaliämie
- Schwangerschaft, Stillzeit
- Vorsicht bei Niereninsuffizienz
Aldosteronantagonisten
Zu den Aldosteronantagonisten gehören insbesondere:
- Spironolacton (Aldactone®)
- Eplerenon (Inspra®).
Wirkmechanismus
Aldosteronantagonisten haben einen späten Wirkungsbeginn und binden kompetitiv an den Aldosteronrezeptoren von der Kapillarseite im distalen Tubulus und Sammelrohr. Dadurch kommt es zur Hemmung der Natriumresorption und Kaliumsekretion.
Indikationen
- Hyperaldosteronismus (Spironolacton)
- therapierefraktäre Ödeme kardialer, renaler oder hepatischer Genese (Spironolacton): Diuretikum der Wahl bei Leberzirrhose mit Aszites
- chronische Herzinsuffizienz (Eplerenon): additiver Effekt zur Standardtherapie aufgrund der neurohumoralen Suppression
Nebenwirkungen
- Hyperkaliämie
- endokrine Nebenwirkungen (nur bei Spironolacton)
- Männer: Gynäkomastie, Impotenz, erhöhte Stimme
- Frauen: Amenorrhö, Zwischenblutungen, Brustspannen, Hirsutismus
- Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö
- ulzerogen mit erhöhtem Risiko für gastrointestinale Blutungen
- allergische Reaktionen
- Vorsicht bei Niereninsuffizienz
Kontraindikationen
- Hyperkaliämie
- schwere Nierenfunktionsstörung (GFR unter 30 ml/min, bei Spironolacton zusätzlich Serumkreatinin über 1,8 mg/dl)
- Hyponatriämie
- Hypovolämie
- Schwangerschaft, Stillzeit
Osmodiuretika
Zu den Osmodiuretika gehören:
Osmodiuretika werden intravenös appliziert, anschließend glomerulär filtriert und nicht mehr rückresorbiert. Als hyperosmolare Lösungen binden sie freies Wasser, sodass ein isotoner Harn entsteht. Jedoch ist der absolute Verlust an Elektrolyten hoch. Da sie das intravasale Volumen erhöhen, kann es zur akuten Volumenbelastung des Kreislaufs kommen. Entsprechend sind sie kontraindiziert bei Herzinsuffizienz und kardialem Lungenödem, Dehydratation und intrakranieller Blutung.
Hauptanwendungen der Osmodiuretika sind:
- Hirnödem bzw. die Senkung des intrakraniellen Drucks (nach Ausschluss einer intrakraniellen Blutung) sowie
- akuter Glaukomanfall zur Senkung des Augeninnendrucks
- Prophylaxe eines akuten Nierenversagens (bei fehlender Hypovolämie)
- diagnostische Dünndarmdarstellung (MRT-Sellink)
Carboanhydrasehemmer
Zu den Carboanhydrasehemmern zählen u.a. Acetazolamid (Diamox®), Brinzolamid und Dorzolamid. Sie besitzen kaum Bedeutung als Diuretikum, werden jedoch als Augentropfen (Dorzolamid, Brinzolamid) zur Verminderung der Kammerwasserproduktion bei Glaukom eingesetzt. Off label wird Acetazolamid bei der Höhenkrankheit verwendet, da es der respiratorischen Alkalose entgegenwirken kann.
Wirkmechanismus
Das Enzym Carboanhydrase (CA) kommt membrangebunden und zytoplasmatisch vor und katalysiert folgende Reaktion in beide Richtungen: CO2 + 2 H2O ⇌ H2CO3 + H2O ⇌ H3O+ + HCO3-. Im proximalen Tubulus sezerniert ein Natrium-Protonen-Antiporter Protonen im Austausch gegen Natrium in das Tubuluslumen. Dort entsteht dann aus Bikarbonat und den Protonen CO2 und H2O. Kohlendioxid diffundiert zurück in die Tubuluszelle und wird intrazellulär wieder zu Protonen und Bikarbonat umgewandelt. Natrium sowie Bikarbonat werden durch eine Natriumpumpe bzw. passiv in das Gefäßsystem transportiert.
Acetazolamid blockiert die renale Carboanhydrase und reduziert damit die Protonensekretion und vermindert die Rückresorption von Bikarbonat. Dadurch entsteht ein alkalischer bikarbonatreicher Harn und eine metabolische Azidose. Über einen unbekannten Mechanismus steigern sie auch die renale Phosphatausscheidung.
Nebenwirkungen
- Hypokaliämie: gesteigerte Kaliumsekretion über Natrium-Kalium-Carrier im distalen Tubulus durch Hemmung der Natriumresorption
- Hyperglykämie: Hemmung der Insulinfreisetzung
- Hyperurikämie: Hemmung der Harnsäureausscheidung
- Weitere Nebenwirkungen: Blutdruckabfall, Hautausschläge, hämolytische Anämie, interstitielle Nephritis, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö
Kontraindikationen
- Niereninsuffizienz
- Leberzirrhose (Hemmung der Ammoniumaussscheidung)
- Hyponatriämie
- hyperchlorämische Azidose
- Sulfonamid-Allergie
- Schwangerschaft, Stillzeit
Abusus
Die Wirkung von Diuretika kann dazu verwendet werden, Dopingtests zu täuschen, da die Konzentration im Harn nachweisbarer Substanzen durch die Verdünnung des Harns sinkt.
Von Boxern werden Diuretika gelegentlich genutzt, um kurzfristig vor dem Wiegen ihr Kampfgewicht zu reduzieren. Bodybuilder nutzen Diuretika vor Wettkämpfen, um die Muskeln besser hervortreten zu lassen.
Der nicht bestimmungsgemäße Gebrauch von Diuretika durch Laien birgt ein erhebliches Risiko, da häufig mit falschen Dosierungen gearbeitet wird.
Quiz
Bildquelle
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: ©Robina Weermeijer / Unsplash
Literatur
- Graefe K. Diuretika. In: Graefe K, Lutz W, Bönisch H, Hrsg. Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2016
- Herold, G.: Innere Medizin 2019. Köln: Gerd Herold, 2018; S. 444–446
- Karow T., Lang-Roth R., Pharmakologie und Toxikologie 2019; Hrsg. 27, Puhlheim: Karow, Lang; 2018
Quellen
- ↑ Mullens W et al.: The use of diuretics in heart failure with congestion - a position statement from the Heart Failure Association of the European Society of Cardiology; European Journal of Heart Failure (2019), Volume21, Issue2, 137-155
- ↑ BfArM: Rote-Hand-Brief zu Hydrochlorothiazid (HCT): Risiko von nichtmelanozytärem Hautkrebs [Basalzellkarzinom (Basaliom); Plattenepithelkarzinom der Haut (Spinaliom)] 17.10.2018
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