MRT-Sellink
Synonym: MR-Enteroklysma
Definition
Die MRT-Sellink, kurz für Magnetresonanztomographie nach Sellink, bezeichnet eine spezielle Magnetresonanztomographie (MRT) des Dünndarms, die auf dem Konzept des klassischen Enteroklysma nach Sellink basiert. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des ursprünglich röntgenbasierten Verfahrens, bei dem der Dünndarm durch ein Kontrastmittel distendiert und anschließend bildlich dargestellt wird. In der MRT ermöglicht diese Technik eine hochauflösende, strahlungsfreie Darstellung des Dünndarms, einschließlich Wand, Lumen und umgebender Strukturen.
Technik
Vor der Untersuchung wird in der Regel ein neutrales orales Kontrastmittel – meist eine Mannitol- oder Polyethylenglykol-Lösung – in einem Volumen von etwa 1–1,5 Litern fraktioniert über 30–60 Minuten eingenommen, um eine gleichmäßige Distension des Dünndarms zu erreichen. Anschließend wird ein Spasmolytikum (z.B. Butylscopolamin) zur Reduktion der Peristaltik verabreicht. Die Bildgebung erfolgt in mehreren Sequenzen, typischerweise T2- und T1-gewichtete Serien vor und nach Gadolinium-Kontrastmittelgabe sowie Diffusionswichtung (DWI) und ggf. cine-Sequenzen zur Beurteilung der Motilität. Atemkommandos und ggf. Bauchlage verbessern die Darstellungsqualität.
Formen
Unterschieden werden die MRT-Enterographie (orale Einnahme des Kontrastmittels) und die MRT-Enteroklyse (direkte Kontrastmittelgabe in den Dünndarm über eine nasojejunale Sonde). Der Begriff „MRT-Sellink“ wird in der klinischen Praxis häufig synonym zur MRT-Enterographie verwendet, bezeichnet im engeren Sinne aber die sondengestützte Variante.
Anwendung
Die MRT-Sellink dient der detaillierten Beurteilung des Dünndarms in Fällen, in denen endoskopische Verfahren nicht ausreichen oder nicht zugänglich sind. Sie ermöglicht die Darstellung sowohl luminaler als auch extraluminaler Pathologien und ist besonders für entzündliche und neoplastische Veränderungen geeignet.
Indikation
Hauptanwendungsgebiet ist die Diagnostik und Verlaufsbeurteilung des Morbus Crohn. Mit der MRT-Sellink können aktive Entzündungen, die Ausdehnung der Erkrankung in der Darmwand, Stenosen, Fisteln und Abszesse sichtbar gemacht werden.
Weitere Indikationen sind Tumorverdacht im Dünndarm, unklare abdominelle Schmerzen, Dünndarmpathologien bei unklarer gastrointestinaler Blutung sowie postoperative Verlaufskontrollen.
Klinische Bedeutung
Die MRT-Sellink gilt heute als Standardverfahren zur nicht-invasiven Beurteilung des Dünndarms bei Morbus Crohn. Studien zeigen eine hohe Sensitivität und Spezifität (>80–90 %) für transmural-entzündliche Läsionen und Komplikationen wie Fisteln oder Abszesse. Sie ermöglicht zusätzlich die Beurteilung extramuraler Strukturen, des Mesenteriums und der Durchblutung. Im Gegensatz zu Endoskopie oder Kapselendoskopie können somit auch tieferliegende Wandveränderungen und umgebende Entzündungen erkannt werden.
Vorteile
Wesentliche Vorteile sind die fehlende Strahlenexposition, der hohe Weichteilkontrast, die multiplanare Darstellung sowie die Möglichkeit der funktionellen und extramuralen Beurteilung. Dadurch eignet sich die MRT-Sellink besonders für junge Patienten, für Verlaufsuntersuchungen und für komplexe entzündliche oder postoperative Situationen.
Nachteile
Nachteilig sind die längere Untersuchungsdauer, höhere Kosten und geringere Verfügbarkeit im Vergleich zu CT-basierten Verfahren. Zudem ist eine gute Mitarbeit des Patienten erforderlich (orale Flüssigkeitsaufnahme, Atemkommandos, Bewegungslosigkeit). Bei unzureichender Distension, starker Motilität oder Bewegungsartefakten kann die Bildqualität eingeschränkt sein.
Einschränkungen
Die Sensitivität ist reduziert, wenn die Schleimhaut nur oberflächlich betroffen ist oder die Distension unzureichend gelingt. Reine Mukosaläsionen können endoskopisch zuverlässiger beurteilt werden. Auch bei akuter, massiver gastrointestinaler Blutung ist die MRT-Sellink nicht das Mittel der ersten Wahl.
Risiken
Komplikationen sind selten. Geringfügige Beschwerden (Übelkeit, Völlegefühl) durch das Kontrastmittel sind möglich. Bei intravenöser Gadoliniumgabe sollte bei schwerer Niereninsuffizienz das Risiko einer nephrogenen systemischen Fibrose (NSF) berücksichtigt werden, wobei moderne Gruppe-II-Gadoliniumpräparate als sehr risikoarm gelten.
Kontraindikationen
Absolute Kontraindikationen entsprechen denen der MRT generell, z.B. das Vorhandensein ferromagnetischer Implantate, bestimmter Schrittmacher oder Defibrillatoren. Relative Kontraindikationen sind schwere Niereninsuffizienz bei geplanter Gadoliniumgabe, ausgeprägte Klaustrophobie sowie eingeschränkte Kooperationsfähigkeit.
Literatur
- Torkzad MR, Masselli G, Halligan S, et al. Indications and selection of MR enterography vs. MR enteroclysis with emphasis on patients who need small bowel MRI and general anaesthesia: results of a survey. Insights Imaging. 2015;6(3):339-346.
- Giles E, Barclay AR, Chippington S, et al. Systematic review: MRI enterography for assessment of small bowel involvement in paediatric Crohn's disease. 2013. In: Database of Abstracts of Reviews of Effects (DARE): Quality-assessed Reviews [Internet]. York (UK): Centre for Reviews and Dissemination (UK); 1995-.
- Magnetic resonance imaging in the management of Crohn’s disease: a systematic review and meta-analysis.” (2021). Insights into Imaging 12, Article number: 118.