Neuroblastom
Englisch: neuroblastoma
Definition
Das Neuroblastom ist ein hochmaligner embryonaler Tumor des Kindesalters, der vom Grenzstrang des Sympathikus, vom Nebennierenmark oder von sonstigem sympathischen Gewebe ausgeht.
Epidemiologie
Etwa jeder zehnte bösartige Tumor im Kindesalter ist ein Neuroblastom, die Inzidenz liegt bei ca. 1:7.000. Bei Diagnosestellung sind die betroffen Kinder durchschnittlich zwei Jahre alt, etwa ein Drittel aller Neuroblastome werden bereits im Säuglingsalter detektiert.
Ätiologie
Die Entartung des sympathischen Gewebes beginnt bereits pränatal. Das n-myc-Onkogen ist in einem Teil der Fälle amplifiziert und verschlechtert die Prognose deutlich. Häufig findet sich weiterhin ein Verlust der Heterozygotie (LOH) von Chromosom 1. Dabei besteht eine 1p-Deletion, d.h. ein Teil des Genmaterials auf dem kurzen Arm von Chromosom 1 ist verloren gegangen.
Pathologie
Neuroblastome kommen sowohl als unreife, sowie als ausgereifte Formen vor. Unreife Neuroblastome zeigen im lichtmikroskopischen Bild, charakteristische Pseudorosetten, die aus zusammengelagerten, kleinen, unreifen, basophilen Zellen bestehen. Im Elektronenmikroskop lassen sich Granula nachweisen, die Katecholamin enthalten.
Finden sich neben den unreifen auch ausdifferenzierte Zellen, spricht man von einem Ganglioneuroblastom. Besteht der Tumor nur aus reifen Zellen, handelt es sich um ein Ganglioneurom.
Man findet etwa vierzig mal häufiger kleine unreife Neuroblastome in den fetalen Nieren, als sie sich später manifestieren (Neuroblastoma in situ). Sie bilden sich spontan zurück.
Symptomatik
Die Klinik des Neuroblastoms ist stark von dessen Lokalisation abhängig. Etwa 70% der Tumoren sind im Abdomen zu finden, 37% im Bereich der Nebennieren, 13% im Brustkorb und 5% in der Halsregion.
Häufige, unspezifische Symptome sind:
- Bauchschmerzen
- Halsschmerzen
- Erbrechen und Diarrhoe
- Fieber
- Horner-Trias
Bei einer Tumorlokalisation im hinteren Mediastinum, leiden die betroffenen Kinder an Husten, Stridor und Dysphagie.
Eine Mitbeteiligung des Knochenmarks findet sich in 50% der Fälle. Bei 15% der Patienten lassen sich neurologische Ausfälle durch Rückenmarkskompression (Querschnittssyndrom) nachweisen.
Beim Neuoblastom kann es auch zu paraneoplastischen Syndromen kommen. Durch die gesteigerte Ausschüttung von Katecholaminen sieht man Flush und Hypertonie. Ebenso können bei 2-3% der Betroffenen Myoklonien und ein Opsoklonus vorkommen. Diese Symptome werden als Opsoklonus-Myoklonus-Syndrom zusammengefasst. Auch eine bilaterale Protrusio bulbi ist nicht selten.
Bei Metastasen in der Orbita finden sich bei den betroffenen Kindern ggf. Lidekchymosen.
Diagnostik
Folgende Befunde sind richtungsweisend:
- Anämie
- LDH und Ferritin erhöht
- Aktivität der neuronenspezifischen Enolase (NSE) ist im Serum stark erhöht
- Starke Erhöhung der Katecholamin-Abbauprodukte Vanillinmandelsäure und Homovanillinsäure im 24-h-Sammelurin
Bildgebung
- Sonographie des Abdomens
- Kernspintomographie des Abdomens und Spinalkanals
- MIBG-Scan (Metaiodobenzylguanidin-Szintigraphie)
Stadieneinteilung
- Stadium I: der Tumor ist durch eine Operation vollständig resezierbar
- Stadium II: der Tumor ist operabel, aber es ist noch ein Resttumor nachweisbar
- Stadium III: der Tumor ist nicht operabel
- Stadium IV: Fernmetastasen
- Stadium IVS: die Patienten sind entweder jünger als ein Jahr und befinden sich im Stadium I oder II, aber mit Leber- und Knochenmarksbefall ohne Knochenbefall.
Therapie
Da die meisten Patienten mit Neuroblastom im Rahmen von klinischen Studien behandelt werden, kommen viele verschiedene, studienspezifische Therapien und Stratifizierungsalgorithmen zur Anwendung.[1] Die Therapie ist unter anderem abhängig vom Alter des Patienten, vom Stadium und von der genetischen Typisierung des Tumors. Die Behandlung beinhaltet die chirurgische Resektion des Primärtumors und/oder gegebenenfalls eine Chemotherapie bzw. Strahlentherapie (z. B. Protonentherapie).[2]
Prognose
Der Krankheitsverlauf eines Neuroblastoms ist interindividuell sehr unterschiedlich. Die Prognose wird vor allem durch das Wachstumsverhalten des Tumors und seine Ausbreitung zum Zeitpunkt der Diagnose bestimmt. Die schlechteste Prognose hat das Stadium IV. Beim Stadium IVS kann es hingegen zu einer spontanen Tumorrückbildung kommen. Auch bei den Stadien I, II und III ist grundsätzlich eine Tumorregression möglich, sie ist jedoch weniger häufig als im Stadium IVS.
Literatur
- S1-Leitlinie Neuroblastom, Stand 06/2019
Quellen
- ↑ S1-Leitlinie Neuroblastom, Stand 06/2019, abgerufen am 16.9.2020
- ↑ Neuroblastome: Zwei Studien zur Durchführung der Strahlentherapie Universitätsklinik Essen, abgerufen am 16.9.2020
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