Bisoprolol
Synonym: Bisoprololum
Englisch: bisoprolol, selective type β1 adrenergic receptor blocker
Definition
Bisoprolol ist ein kardioselektiver Betablocker, der u.a. gegen Bluthochdruck, hyperkinetische Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz eingesetzt wird. Bisoprolol ist der am häufigsten verordnete Betablocker in Deutschland.
Chemie
Bisoprolol gehört zu den chemischen Gruppen der Phenolether, Aminoalkohole und Aromaten (enthält einen Benzolring). Der Wirkstoff ist chiral. Pharmazeutisch angewendet wird razemisches Bisoprolol (RS-Bisoprolol). Das pharmakologisch wirksame Enantiomer ist das linksdrehende S-Bisoprolol. Die chemische Bezeichnung (IUPAC-Name) für razemisches Bisoprolol ist (RS)-1-[4-(2-Isopropoxyethoxymethyl)phenoxy]-3-isopropylamino-2propanol.
Bisoprolol hat die Summenformel C18H31NO4 und eine molare Masse von 325,44 g/mol.
Wirkmechanismus
Bisoprolol wirkt als kardioselektiver Betablocker durch die kompetitive Hemmung der Beta-1-Adrenorezeptoren des Sympathikus. Dadurch wird die Bindung der Neurotransmitter Adrenalin und Noradrenalin an ihre Rezeptoren behindert. Bisprolol wirkt so am Herzen negativ inotrop und negativ chronotrop, was zu einer Verminderung des Herzzeitvolumens und infolgedessen zu einer Blutdrucksenkung führt.
Durch die Hemmung der noradrenergen Wirkung an den Herzmuskelzellen ergibt sich zudem eine Herabsetzung des myokardialen Sauerstoffbedarfs. Dieser Effekt spielt bei der Sekundärprophylaxe der koronaren Herzerkrankung und bei der Therapie der Herzinsuffizienz eine wichtige Rolle.
Bei gleichzeitiger Gabe von ACE-Hemmern oder Diuretika wird der Renin-Spiegel im Blut gesenkt, sodass der periphere Gefäßwiderstand abnimmt. So kann eine noch ausgeprägtere Blutdrucksenkung erzielt werden.
Die Affinität von Bisoprolol zu Beta-2-Rezeptoren ist geringer ausgeprägt.
Pharmakokinetik
Nach der Resorption hat Bisoprolol eine Bioverfügbarkeit von ca. 90 % und liegt zu 30 % gebunden an Plasmaproteine vor. Aufgrund einer Plasmahalbwertszeit von 10 bis 12 Stunden erreicht man mit einer Gabe pro Tag eine Wirkdauer von rund 24 Stunden.
Die Elimination des Wirkstoffes erfolgt je zur Hälfte über die Leber als metabolische Umwandlung und über die Niere per direkter Ausscheidung. Eine Dosisanpassung bei Leber- oder Niereninsuffizienz oder in Abhängigkeit vom Alter ist nicht notwendig.
Indikationen
Als Beta-Rezeptorenblocker wird Bisoprolol gegen folgende Beschwerden eingesetzt:
- arterielle Hypertonie
- Angina pectoris
- KHK
- hyperkinetisches Herzsyndrom
- Nachsorgetherapie bei Herzinfarkt und/oder Schlaganfall
- Herzinsuffizienz
- Tachykardien
Häufig wird im Rahmen der Behandlung mit Bisoprolol als begleitende Therapie ein Diuretikum eingesetzt, was die blutdrucksenkende Wirkung des Präparates verstärkt. Beispiele für geeignete Diuretika sind:
Darreichungsform
Der Wirkstoff ist als Bisoprololfumarat in Tablettenform für die orale Aufnahme verfügbar.
Dosierung
Aufgrund der langen Plasmahalbwertszeit ist eine Einmalgabe pro Tag ausreichend. Um morgendliche Blutdruckspitzen zu umgehen, empfiehlt sich die frühe Einnahme. Die Dosierung liegt im Bereich von 1,25 mg bis maximal 10 mg pro Tag. Da die maximale blutdrucksenkende Wirkung erst nach einigen Tagen bzw. Wochen (in der Regel nach 14 Tagen) erreicht wird, sollte die Dosis zunächst nur langsam gesteigert werden.
Wie bei allen anderen Betablockern reagiert der Körper auf die Betablockade mit der Erhöhung der Rezeptordichte von Beta-1-Adrenorezeptoren. Aus diesem Grund muss eine Therapie mit Bisoprolol, sofern sie beendet werden soll, langsam ausgeschlichen werden. Ein abruptes Therapieende führt durch die vermehrten Rezeptoren zu einer plötzlichen Wirkungssteigerung der Katecholamine, was zu lebensgefährlichen Blutdruckspitzen führen kann.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Als unerwünschte Nebenwirkungen kommen in Betracht:
- Schwindel
- sehr starker Blutdruckabfall
- Bradykardie (Puls unter 60 Schläge pro Minute)
- Kopfschmerzen
- periphere Durchblutungsstörungen mit Kälte- oder Taubheitsgefühl
- Müdigkeit
- Schlafstörungen
- Konzentrationsprobleme
- Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Obstipation
- Schuppenflechte (Psoriasis)
- Depressionen (prinzipiell bei Betarezeptorenblockern besteht eine gewisse Gefahr von depressiven Verstimmungen; bei Bisoprolol allerdings nicht so sehr wie bei Metoprolol)
- Erektionsstörungen
- Hyperhidrose
- trockene und brennende Augen
- Halluzinationen
- Verwirrtheit
- Atembeschwerden
- Bronchospasmus
- zunächst verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, da die Wirkung des Sympathikus (Blutdrucksteigerung, Bronchodilatation) herabgesetzt ist
Wechselwirkungen
Die gleichzeitige Anwendung mit folgenden Medikamenten sollte vermieden werden:
Die Kombination mit diesen Präparaten ist nur unter Vorsicht durchzuführen:
- Calciumantagonisten mit negativ inotroper Wirkung (Dihydropyridin-Derivate)
- Klasse-III-Antiarrhythmika (Amiodaron)
- Sympathomimetika (Noradrenalin, Adrenalin, Dobutamin)
- Topische Betablocker (Augentropfen bei Glaukom)
- Digitalisglykoside
- Parasympathomimetika
- Insulin, orale Antidiabetika
- Narkotika
- NSAR
Zudem sind Wechselwirkungen bekannt mit:
- Monoaminooxidase-Hemmern (außer MAO-B-Hemmer)
- Mefloquin
- Ergotamin
- Rifampicin
Kontraindikationen
Eine Therapie mit Bisoprolol sollte vermieden werden bei:
- Asthma bronchiale
- sonstigen Lungenerkrankungen wie z. B. der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung
- langsamen Herzrhythmusstörungen (zu Bradykardie neigend)
- Neigung zu vasovagalen Synkopen (Einsatz eines Betablockers ist sorgfältig abzuwägen)
- Hypotonie
- schwerer Herzinsuffizienz, akut dekompensierter Herzinsuffizienz mit erforderlicher inotroper Therapie
- beginnendem kardiogenen Schock
- metabolischer Azidose
- Diabetes mellitus (cave: Verschleierung einer Hypoglykämie)
Schwangerschaft und Stillzeit
In der Schwangerschaft besteht eine strenge Indikationsstellung, da Beta-Rezeptorantagonisten die Durchblutung der Plazenta herabsetzen, was zu fetalen Komplikationen führen kann. Das Stillen während der Bisoprololanwendung ist nicht empfohlen, da keine aussagekräftigen Daten zum Übergang in die Muttermilch vorliegen.
Pharmakoökonomie
Mit 844,6 Millionen DDD zulasten der GKV war Bisoprolol im Jahr 2021 der am häufigsten verordnete Betablocker in Deutschland (als Monopräparat). Dies entspricht einem Anstieg von 0,5 % gegenüber dem Vorjahr.[1]
Quellen
- ↑ Wolf-Dieter Ludwig, Bernd Mühlbauer, Roland Seifert (2023): Arzneiverordnungs-Report 2022, Springer-Verlag GmbH, Berlin
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