Gefäßwiderstand
Definition
Unter dem Gefäßwiderstand versteht man den physikalischen Widerstand einer Arterie, Vene oder Kapillare, welcher dem strömenden Blut entgegengesetzt wird. Der Widerstand ist in unterschiedlichen Gefäßabschnitten unterschiedlich hoch und wird vom Kreislaufsystem dynamisch gesteuert.
Physikalische Grundlagen
Ohm'sches Gesetz
Aus dem Ohm'schen Gesetz für Flüssigkeiten gilt der Zusammenhang:
- I = U / R
also Stromstärke = Spannung geteilt durch den Widerstand.
Diese Gesetzmässigkeit, kann ohne Weiteres auf laminare Flüssigkeiten übertragen werden, wobei sich die Größen nun so darstellen:
- U entspricht der Druckdifferenz ΔP in mmHg,
- R dem Strömungswiderstand in mmHg x min/l,
- I der Stromstärke in l/min
Diese Formel gibt auch die Erklärung des Bayliss-Effekts. Soll die Stromstärke I, bei steigendem Druck bzw. Blutdruck, konstant gehalten werden, muss sich der Gefäßwiderstand ebenfalls um den gleichen Faktor erhöhen (im Organismus durch eine Gefäßkontraktion der glatten Muskulatur).
Kontinuitätsgesetz
Nach dem Kontinuitätsgesetz ist die Stromstärke in jedem Bereich eines Gefäßsystems konstant hoch.
- I = Q x vm
wobei
- I die Stromstärke in l/min sei,
- Q der Gefäßquerschnitt des Gefäßes in m2,
- vm die mittlere Strömungsgeschwindigkeit in m/s ist.
Für das menschliche Kreislaufsystem ergibt sich, dass je größer der Gesamtquerschnitt in einem Gefäßabschnitt ist, desto langsamer wird die Strömungsgeschwindigkeit Vm, da I konstant bleiben muss.
Dies macht sich der Körper im Bereich der Kapillare zunutze, wo sehr viele Kapillaren einen sehr hohen Gesamtquerschnitt erzeugen und somit die Strömungsgeschwindigkeit stark abnimmt. Somit bleibt genug Zeit, um einen optimalen Stoffaustausch zu gewährleisten.
Gesetze nach Kirchhoff
- 1. Gesetz nach Kirchhoff
- Einzelwiderstände in einer Serienschaltung addieren sich zum Gesamtwiderstand
- je länger ein Gefäß, desto größer sein Gesamtwiderstand
- 2. Gesetz nach Kirchhoff
- Einzelwiderstände in einer Parallelschaltung addieren sich mit ihren reziproken Werten zum Gesamtwiderstand
- je mehr einzelne Gefäße man parallel schaltet, desto kleiner werden die Widerstände der einzelnen Gefäßabschnitte
Hagen-Poiseuille-Gesetz
Lässt man die Parameter des Hagen-Poiseuille-Gesetzes außer Acht, die im Kreislaufsystem als konstant gesehen werden können
- Viskosität,
- Gefäßlänge,
- π,
dann bleibt als entscheidende Aussage, dass sich der Widerstand eines Gefäßes umgekehrt proportional zur 4. Potenz des Gefäßradius r verhält.
- R = 1/r4
Der Gefäßradius wird unter physiologischen Bedingungen vom Spannungszustand der glatten Muskulatur, dem Gefäßtonus, bestimmt.
Physiologie
Der Gefäßwiderstand wird häufig auch auf der Ebene eines einzelnen Organs betrachtet. Man unterscheidet z.B. den
- koronaren Gefäßwiderstand (Herz)
- pulmonalen Gefäßwiderstand (Lunge)
- zerebralen Gefäßwiderstand (Gehirn)
Den Gesamtwiderstand aller Blutgefäße im Körper bezeichnet man als totalen peripheren Widerstand (TPR).
Klinik
Die oben angeführten physikalischen Zusammenhänge machen sich z.B. bei der Arteriosklerose bemerkbar, in Folge derer es zu einer pathologischen Gefäßverengung kommt. Eine Verengung auf 10% führt zu einer Verringerung der Stromstärke auf 0,01 % des ursprünglichen Wertes (Anwendung des Hagen-Poiseuille-Gesetzes und des Ohm'schen Gesetzes).
Bedrohlich wird dieser Zustand, wenn die Stenose die Koronargefäße erreicht hat. Nach Möglichkeit wird hier eine Erweiterung der Gefäße mithilfe eines Ballonkatheters durchgeführt.