Bayliss-Effekt
nach dem englischen Physiologen William Bayliss (1860-1924)
Synonym: myogene Autoregulation
Englisch: bayliss effect
Definition
Der Bayliss-Effekt ist ein physiologischer Mechanismus zur Aufrechterhaltung einer konstanten Organdurchblutung bei wechselnden Blutdruckwerten.
Ablauf
Steigt in einer kleinen Arterie oder Arteriole die Durchblutung infolge eines erhöhten Blutdrucks an, erfolgt reaktiv eine Vasokonstriktion. Dadurch wird der Strömungswiderstand erhöht und somit die Durchblutung im Versorgungsgebiet konstant gehalten. Bei Absinken des Blutdrucks und abnehmendem Durchblutungsangebot erfolgt eine Vasodilatation.
Der systolische Blutdruckbereich, in dem der Bayliss-Effekt relevant ist, wird in der Literatur unterschiedlich angegeben. Die Angaben schwanken zwischen 80 bis 180 mmHg und 120 bis 200 mmHg. Organspezifisch werden auch niedrigere Werte zitiert, z.B. ein mittlerer arterieller Blutdruck (MAP) von 50 bis 150 mmHg für das Gehirn.[1]
Molekularer Mechanismus
Arterien und Arteriolen, welche dem Bayliss-Effekt unterliegen, besitzen in ihrer Wand mechanosensible Kationenkanäle, bei deren Öffnung Calcium-Ionen in die glatten Muskelzellen strömen. Diese bilden einen Komplex mit dem Protein Calmodulin. Die Myosin-leichte-Kette-Kinase (MLC-K) wird durch diesen Komplex aktiviert. Eine Phosphorylierung (Interkonvertierung) des Motorproteins Myosin II durch die MLC-K führt zu dessen Aktivierung, was die Kontraktion der glatten Muskelzelle ermöglicht.
Organperfusion
Durch den Bayliss-Effekt kann die Durchblutung für Nieren, Gastrointestinaltrakt und Gehirn weitgehend autonom reguliert werden. So kann beispielsweise in den zuführenden Gefäßen des Glomerulums der Blutdruck relativ konstant um die 50 mmHg gehalten werden.
Das Gegenstück zum Bayliss-Effekt findet in der Lunge statt, die gewissermaßen eine Ausnahmestellung im Blutkreislauf einnimmt. Bei einem intravasalen Druckanstieg durch gesteigerte Perfusion reagieren die intrapulmonalen Widerstandsgefäße druckpassiv mit einer Dilatation. Das ist notwendig, um Druckanstiege in der Lunge zu verhindern. Griffe hier der Bayliss-Effekt, käme es zu einem Rückstau, der nicht - wie in allen anderen Organen - über parallele Wege entlastet werden könnte. Der Grund dafür ist, dass die Lunge seriell in den Kreislauf eingeschaltet ist - das komplette Herzzeitvolumen muss durch sie fließen und kann nur durch sie fließen. Im Gegensatz wird ein in der Niere entstehender Rückstau auf anderem Wege entlastet, nämlich einfach über die Aorta abdominalis distal der Arteria renalis.
Einflussfaktoren
Der Bayliss-Effekt bleibt auch erhalten, wenn die vegetativen Nervenfasern eines Gefäßes durchtrennt werden. Eine Blockade des Bayliss-Effektes ist nur durch Ausschaltung der glatten Muskulatur der Gefäße möglich, beispielsweise durch Papaverin.
Quellen
- ↑ Jurgen A. H. R. Claassen, Dick H. J. Thijssen, Ronney B. Panerai, Frank M. Faraci Regulation of cerebral blood flow in humans: physiology and clinical implications of autoregulation. Published Online:28 JUL 2021
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