Cardenolid
Englisch: cardenolide
Definition
Cardenolide sind organische Verbindungen aus der Klasse der kardiotonen Steroide. Ihre Glykoside entfalten eine kardiale Wirkung und werden deshalb zu den Herzglykosiden gerechnet.
Chemie
Die Aglyca der Cardenolide sind C-23-Steroide mit Methylgruppen an C-10 und C-13 und einem fünfgliedrigen, ungesättigten Lactonring (γ-Lacton) mit einer Doppelbindung (-enolid). Sie sind glykosidisch an ein bis vier Desoxyzucker (z.B. Digitoxose) gebunden.
Wirkmechanismus
Cardenolide wirken am Herzen positiv inotrop und bathmotrop sowie negativ chronotrop und dromotrop. Diese Wirkung beruht, wie bei allen Herzglykosiden, auf der Hemmung der membranständigen Natrium-Kalium-ATPase des Herzmuskels und des Na-K-2Cl-Cotransportersystems. Die Bindung erfolgt über extrazelluläre alpha-Untereinheiten der Natrium-Kalium-ATPase. Durch die Hemmung der Natrium-Kalium-ATPase bleibt mehr Natrium in der Zelle, so dass die intra- und extrazelluläre Natriumkonzentration sich annähert. Die veränderte Natriumkonzentration führt zu einer indirekten Hemmung des Na-K-2Cl-Cotransportersystems, sodass mehr Calcium in der Zelle verbleibt.
Das überschüssige Calcium wird ins sarkoplasmatische Retikulum (SR) der Myozyten gepumpt. In der folgenden Herzaktion kann vermehrt Calcium aus dem SR freigesetzt werden, was die Kontraktionskraft (Inotropie) der Muskelzelle steigert. Dies führt zur Erhöhung der Konzentration freier Ca2+-Ionen in den Herzmuskelzellen und damit zur Verstärkung der Kontraktionskraft.
Weiterhin wirken Cardenolide antiarrhythmisch, indem sie die Vaguskerne aktivieren. Dies führt zu einer verlängerten AV-Überleitung bzw. zur Bradykardie.
Cardenolide besitzen wie andere Herzlykoside eine sehr enge therapeutische Breite, daher sollte der Blutspiegel engmaschig kontrolliert werden.
Vorkommen
Cardenolide sind in zahlreichen Pflanzen zu finden, unter anderem in:
- Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) u.a. Digitoxin
- Wolliger Fingerhut (Digitalis lanata) u.a. Digoxin
- Maiglöckchen (Convallaria majalis) u.a. Convallatoxin
- Oleander (Nerium oleander) u.a. Oleandrin
- Strophanthus-Arten u.a. Quabain
- Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis) und Sommer-Adonisröschen (Adonis aestivalis) u.a. Adonitoxin
- Zerberusbaum (Cerbera odollam) u.a. Cerberin
- Acokanthera-Arten u.a. Quabain
- Doldiger Milchstern (Ornithogalum umbellatum) u.a. Convallatoxin
Der Mensch synthetisiert geringe Mengen der Steroide in der Nebennierenrinde, aber auch im Hypothalamus.[1]
Quellen
- ↑ Rassow et al., Duale Reihe Biochemie, Georg Thieme Verlag Stuttgart, 4. Auflage, Seite 613