Gamma-Glutamyltransferase
Synonym: Gamma-Glutamyltranspeptidase, Gamma-GT, γ-GT, GGT
Englisch: γ-glutamyltransferase, γ-glutamyltranspeptidase
Definition
Genetik
Biochemie
Die höchste Expression der GGT findet sich in der Leber. Eine 25-fach höhere spezifische Aktivität findet sich jedoch in der Niere (im Bürstensaum der proximalen Tubuli), eine ca. zweifach höhere Aktivität im Pankreas. Weiterhin kommt die GGT in Gehirn, Lunge, Dünndarm, Milz, Mamma, Hoden und Prostata vor, nicht jedoch in Muskeln, Knochen und Erythrozyten.
Intrazellulär ist das Enzym zu einem kleineren Anteil im Zytosol lokalisiert, mit einer größeren Fraktion in die Zellmembran integriert. Dort dient es dem Transport von Aminosäuren und Peptiden durch die Zellmembran, indem es den Transfer der γ-Glutamylreste von Peptiden bzw. peptidähnlichen Verbindungen auf bestimmte Akzeptoren katalysiert. Akzeptoren sind Aminosäuren, Peptide oder Wasser.
Weiterhin spielt GGT eine Rolle in der Regulation des intrazellulären Glutathionspiegels: Es überträgt den Glutamylrest von Glutathion auf Akzeptoren, wodurch der Abbau von Glutathion eingeleitet wird. Somit kann das im Glutathion enthaltene Cystein in die Zelle transportiert und wiederverwertet werden. Außerdem dient GGT der Ausschleusung von Fremdstoffen, die in der Zelle von Glutathion gebunden wurden.
Die optimale Enzymaktivität entfaltet die GGT bei einem pH-Wert von etwa 8,2 und einer Temperatur von 37 °C. Die Plasmahalbwertszeit des Enzyms liegt zwischen 3 und 4 Tagen. Sie ist maßgeblich von Glykosylierungsvarianten und Subfraktionen, die unter anderem an Lipoproteine binden, abhängig.
Labormedizin
Die Gamma-Glutamyltransferase im Serum oder Plasma dient als sensitivste Kenngröße für alle Formen hepatobiliärer Erkrankungen, bei denen es in über 95 % d.F. zu einer Erhöhung der GGT-Aktivität kommt. Im Gegensatz zu den anderen Leberparametern ist die GGT membrangebunden und steigt bereits bei leichten Leberschäden im Serum an. Die höchsten GGT-Anstiege findet man bei intra- oder posthepatischen Gallengangsobstruktionen.
Weiterhin ist eine GGT-Erhöhung durch bestimmte Medikamente (Barbiturate, Phenytoin) und Alkohol induzierbar. Außerdem besteht eine Korrelation zwischen der Höhe der Serumaktivität von GGT und dem Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen. Sie beruht vermutlich auf GGT in atherosklerotischen Plaques und ihrer Rolle bei der Erzeugung reaktiver Sauerstoffspezies.
Präanalytik
Als Untersuchungsmaterial dient 0,5 ml Serum oder Heparin- bzw. EDTA-Plasma. Die Enzymaktivität ist im Serum bis zu 7 Tage bei Raumtemperatur, länger bei 4 °C und über Jahre bei –20 °C stabil. Die biologische Halbwertszeit liegt bei 3 bis 4 Tagen.
Citrat, Fluorid, Oxalat sowie Glutathion in hohen Konzentrationen und starke Hämolyse hemmen die Aktivität.
Analytik
Die Aktivitätsbestimmung erfolgt bei 37 °C und einem pH-Wert von 7,7 gemäß folgender Reaktion:
- L-γ-Glutamyl-3-carboxy-4-nitroanilid + Glycylglycin ↔ L-γ-Glutamyl-glycylglycin + 5-Amino-2-nitrobenzoat
Die pro Zeiteinheit freigesetzte Menge des gelben 5-Amino-2-nitrobenzoats wird anschließend photometrisch bei 405 nm gemessen. Dabei ist die Geschwindigkeit der Absorptionszunahme der Enzymaktivität direkt proportional.
Referenzbereich
Messung bei 37°C
Bei der Messung im Körpertemperaturbereich gelten folgende Referenzwerte:
- Erwachsene:
- Männer: 10-66 U/l
- Frauen: 5-39 U/l
- Jugendliche (13 bis 17 Jahre):
- männliche Jugendliche: < 52 U/l
- weibliche Jugendliche : < 38 U/l
- Kinder:
- von 7 bis 12 Jahren: < 19 U/l
- von 4 bis 6 Jahre: < 26 U/l
- von 1 bis 3 Jahre: < 20 U/l
- Säuglinge (7. bis 12. Lebensmonat): < 39 U/l
- 6. Lebenstag bis 6 Monate: < 231 U/l
- 2. bis 5. Lebenstag: < 210 U/l
- 1. Lebenstag: < 171 U/l
- Frühgeborene: < 292 U/l
Messung bei 25°C
In der Vergangenheit wurden Messungen bei 25°C durchgeführt. Die folgenden alten Referenzwerte gelten hierfür:
- Erwachsene:
- Frauen: 4-18 U/l
- Männer: 6-28 U/l
- Kinder:
- Schul- und Kleinkinder: bis 17 U/l
- 3 Monate bis 1. Lebensjahr: bis 50 U/l
- 3 Wochen bis 3 Monate: bis 83 U/l
- Neugeborene: bis 133 U/l
- Frühgeborene: bis 175 U/l
Die Angaben zum Referenzbereich können schwanken, da sie unter anderem von der Analysemethode abhängen. Im Zweifelsfall gilt der vom untersuchenden Labor angegebene Referenzwert.
Indikationen
Indikationen zur Bestimmung der GGT-Aktivität sind:
- Diagnose und Verlaufskontrolle bei hepatobiliären Erkrankungen, insbesondere bei Cholestase
- Diagnose und Abstinenzkontrolle bei chronischem Alkoholabusus (ggf. zusammen mit Bestimmung von CDT)
- Differenzierung zwischen hepatobiliären und ossären Ursachen einer erhöhten Aktivität der alkalischen Phosphatase (AP)
Interpretation
Der Test besitzt zwar eine hohe Sensitivität, aber nur eine geringe Spezifität, da GGT nicht exklusiv im Lebergewebe vorkommt. Eine isolierte Erhöhung der Gamma-Glutamyltransferase - d.h. mit anderen Leberenzymen im Normbereich - beweist keine Schädigung des Lebergewebes. Die häufigste Verdachtsdiagnose bei diesem Befund ist der Alkoholabusus. Bei chronischem Alkoholismus ist oft zusätzlich eine Erhöhung des MCV (Folsäure- und Cobalaminmangel) festzustellen.
Da das Enzym nicht im Knochen oder Muskel vorkommt, sind entsprechende Erkrankungen nicht von einem GGT-Anstieg begleitet. Bei Nierenerkrankungen bleibt die GGT ebenfalls im Normbereich.
Deutliche Erhöhung
Die deutlichsten Erhöhungen kommen bei einer Cholestase vor. Dabei findet sich gleichzeitig eine Erhöhung der AP. Im Vergleich zur AP beginnt der Anstieg früher und persistiert länger. Starke Erhöhungen (> 300 U/l) finden sich z.B. bei:
- Verschlussikterus
- cholestatischem Verlauf einer akuten Hepatitis
- Cholangitis
- Cholezystitis
- toxischem Leberschaden
Mäßige Erhöhung
Eine mäßige Erhöhung (< 300 U/l) findet man z.B. bei
- chronisch aktiver Hepatitis
- alkoholischer und nichtalkoholischer Steatohepatitis
- Leberzirrhosen (v.a. bei Alkoholabusus)
- primär biliärer Zirrhose
- Lebertumoren
- Lebermetastasen
- akuter und chronischer Pankreatitis
- Medikamentenintoxikationen und chronischer Einnahme von Antikonvulsiva und Sedativa (z.B. Phenobarbital, Phenytoin) sowie anderen Medikamenten (z.B. Thiazide, Anabolika, Thyreostatika, Phenylbutazon, Rifampicin, Marcumar, Cephalosporinen, oralen Kontrazeptiva)
- Exposition gegenüber Toxinen (u.a. Anilinderivate, Chlorkohlenwasserstoffe, Vinylchlorid)
Leichte Erhöhung
Weitere Ursachen einer meist leichten Erhöhung (< 120 U/l) sind:
- Fettleber
- unkomplizierte Virushepatitis
- chronischer Alkoholismus (verursacht Enzyminduktion)
- Leberstauung bei Rechtsherzinsuffizienz
- Mononukleose
- Schwangerschaft
- Verbrennungen
- Hirninfarkt
- Diabetes mellitus
- Schilddrüsenerkrankungen
- Prostatakarzinome
Eine geringe Erhöhung der Gamma-Glutamyltransferase kann auch durch eine genetische Enzymvariante verursacht werden.
GGT/AST-Quotient
Mit dem GGT/AST-Quotient kann man Lebererkrankungen weiter differenzieren:
- < 1: akute Virushepatitis
- < 2: toxischer Leberschaden
- < 2-3: chronische Hepatitis, Leberzirrhose, akute alkoholische Hepatitis
- > 3-6: alkoholische Zirrhose, akuter Gallengangsverschluss
- > 6: biliäre Zirrhose, chronischer Gallengangsveschluss
- > 12: Hepatozelluläres Karzinom, Lebermetastasen
Wenn die Leberwerte ansonsten im Referenzbereich liegen, ist ein erhöhter Quotient nicht aussagekräftig.
Quelle
- Laborlexikon.de, abgerufen am 16.02.2021
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