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Systemischer Lupus erythematodes

Synonyme: Lupus erythematodes disseminatus, LED
Englisch: systemic lupus erythematosus

1. Definition

Beim systemischen Lupus erythematodes, kurz SLE, handelt es sich um eine Systemerkrankung, bei der Haut und Gefäßbindegewebe der Organe durch Vaskulitiden und Ablagerungen von Immunkomplexen betroffen sind. Der SLE zählt zur Gruppe der Kollagenosen.

siehe auch: Lupus erythematodes

2. Abgrenzung

Die systemische Form des Lupus erythematodes ist besonders durch die Organbeteiligung gekennzeichnet. Sie wird abgegrenzt von den verschiedenen Formen des kutanen Lupus erythematodes (CLE), die nur einen Befall der Haut aufweisen und daher eine bessere Prognose haben. Die Schwäche dieser Abgrenzung ist, dass sie rein deskriptiv auf dem klinischem Bild basiert, nicht auf "harten" pathogenetischen Parametern. Die Übergänge zwischen der kutanen und der systemischen Form sind fließend. So konnte im Verlauf von 8 Jahren bei 17 % der CLE-Patienten ein Übergang von der kutanen zur systemischen Form beobachtet werden.[1]

Eine weitere Form des Lupus erythematodes ist der medikamentös induzierte Lupus (DIL), der durch eine Vielzahl von Medikamenten ausgelöst werden kann. Die Symptomatik kann dem SLE sehr ähnlich sein. Ein Auftreten antinukleärer Antikörper (ANA) ist typisch. Im Gegensatz zum SLE finden sich hier jedoch keine dsDNS-Antikörper.

3. Epidemiologie

Die Angaben zur Prävalenz des SLE schwanken zwischen 36 und 50 pro 100.000 Einwohnern. Die jährliche Inzidenz liegt bei 5 bis 10 Erkrankungen auf 100.000 Einwohner. Frauen sind 10- bis 15-fach häufiger betroffen als Männer.

4. Ätiologie

Die Ursachen für den SLE sind bislang (2024) nicht geklärt. Man vermutet derzeit, dass die Erkrankung bei Menschen mit genetischer Prädisposition durch bestimmte Umweltfaktoren ausgelöst wird. Epigenetische Modifikationen vermitteln dabei die immunologische Reaktion auf diese Faktoren. Die Erblichkeit wird auf etwa 44 % geschätzt und beschreibt den Anteil von phänotypischen Varianzen, die durch genetische Faktoren erklärt werden können.

Ein erhöhtes Risiko besteht bei der Exposition mit Zigarettenrauch, oralen Kontrazeptiva und Hormonersatztherapien. Noch unzureichend geklärt ist der Einfluss von z.B. Pestiziden, Schwermetallen, UV-Licht, Infektionen und Übergewicht.

5. Symptome

Die Klinik des SLE ist interindividuell sehr variabel und kann verschiedene Organsysteme betreffen, wobei es zu unterschiedlichen Befallsmustern kommt. Die Erkrankung verläuft meist schubweise, permanent aktive Verläufe sind seltener. Die Symptome lassen sich in allgemeine und spezifische Symptome einteilen.

5.1. Allgemeinsymptome

Ungefähr 95 % aller Betroffenen leiden unter folgendem, allgemeinem Beschwerdebild:

5.2. Spezifische Symptome

Typische Symptome eines systemischen Lupus erythematodes

6. Diagnostik

Die Diagnose wird neben dem klinischen Erscheinungsbild vor allem durch die Labordiagnostik gestellt:

6.1. Entzündungszeichen

6.2. Immunologisches Labor

6.3. ACR/EULAR-Klassifikation

Die ACR/EULAR-Klassifikationskriterien des SLE (Stand 2019) sind in der folgenden Tabelle aufgeführt. Die Diagnose kann bei einer Punktzahl von ≥ 10 Punkten gestellt werden. Dabei sind folgende Voraussetzungen und allgemeine Prinzipien zu beachten:

  • ANA (HEp2-IFT) ≥ 1:80 (einmaliger Nachweis ist ausreichend)
  • Ein Kriterium wird nicht gewertet, wenn eine andere, wahrscheinlichere Ursache zugrunde liegt (z.B. Infektion, Neoplasie, Medikamenten oder andere Erkrankung)
  • Ein Kriterium ist erfüllt, wenn es einmalig vorgekommen und dokumentiert ist
  • Kriterien müssen nicht gleichzeitig vorliegen
  • Es muss jedoch mindestens ein Kriterium aktuell vorhanden sein
  • Innerhalb jeder Domäne geht nur der höchste Score in den Gesamtscore ein
Klinische Domäne und Kriterien Punkte
Konstitutionelle Symptome  Fieber 2
Haut nicht vernarbende Alopezie
orale Ulzera
subakut-kutaner (SCLE) oder diskoider LE (DLE)
akuter kutaner LE (ACLE)
2
2
4
6
Arthritis Synovitis in ≥ 2 Gelenken oder Druckschmerz in ≥ 2 Gelenken + Morgensteifigkeit ≥ 30 min. 6
Neurologie Delirium
Psychose
Krampfanfälle
2
3
5
Serositis Pleura- oder Perikarderguss
Akute Perikarditis
5
6
Hämatologie Leukopenie
Thrombopenie
Autoimmunhämolyse
3
4
4
Nieren Proteinurie > 0,5 g/24h
Lupusnephritis (histologisch) Typ II, V
Lupunephritis (histologisch) Typ III, IV
4
8
10
Immunologische Domänen und Kriterien:
Antiphospholipid-Antikörper Anticardiolipin-Antikörper (aCL): > 40 GPL oder
Beta-2-Glykoprotein I (aβ2-GPI): > 40 GPL oder
Lupus-Antikoagulans (LA): +
2
Komplement C3 ODER C4 vermindert
C3 UND C4 vermindert
3
4
Hochspezifische Auto-Ak anti-ds-DNA-AK oder
anti-Sm-AK
6

7. Therapie

Generell gilt es eine UV-Exposition zu vermeiden und auf einen adäquaten Lichtschutz zu achten. Je nach Stadium und Begleiterscheinung wird die Therapie des SLE darüber hinaus angepasst.

7.1. Leichte Form ohne viszeralen Befall

Die Therapie erfolgt mit NSAR und Hydroxychloroquin. Bei entzündlichen Schüben kommen zudem zeitlich begrenzt Kortikosteroide zum Einsatz. Alternativ können Immunsuppressiva eingesetzt werden.

Zudem ist der monoklonale Antikörper Belimumab als Begleitmedikation für den SLE mit Krankheitsaktivität unter Standardtherapie zugelassen. Bis zum Wirkeintritt zeigt sich allerdings eine gewisse Latenz von ≥ 3 Monaten. Belimumab ist somit nur bedingt für die Akuttherapie geeignet.

7.2. Schwere Form mit Organbeteiligung

Die Therapie erfolgt mit einer hochdosierten Prednisolon-Stoßtherapie und/oder Immunsuppressiva. In mittelschweren Fällen kommen MTX, Azathioprin oder Ciclosporin A, in schweren Fällen Cyclophosphamid zum Einsatz. Mycophenolat-Mofetil kann darüber hinaus bei Versagen der zuvor genannten Therapeutika oder bei entsprechenden Kontraindikationen indiziert sein. Darüber hinaus wird bei frustranen Verläufen auch Rituximab off-label als mögliche Therapie diskutiert. In therapierefraktären Fällen kommt darüber hinaus die Anwendung einer CAR-T-Zell-Therapie in Betracht.

7.3. Weiteres

Zur Vermeidung von Komorbiditäten wird die Behandlung z.B. mit Antihypertensiva, Lipidsenkern, Antikoagulanzien und knochenschützenden Medikamenten empfohlen.

8. Merkhilfe

Um sich das klinische Spektrum des SLE merken zu können, kann das Akronym SOAP-BRAIN-MD hilfreich sein.

  • S: Serositis (Pleuritis, Perikarditis)
  • O: Orale Ulzera
  • A: Arthritis
  • P: Photosensibilität
  • B: Blut (Erniedrigung aller Parameter, d.h. Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie)
  • R: Renal (Proteinurie)
  • A: ANA
  • I: Immunologische Störung (anti-ds-DNA-AK, anti-Sm-AK)
  • N: Neurologische Störung (Krampfanfälle, Psychose, Delirium)
  • M: Malar rash (Schmetterlingserythem)
  • D: Discoid rash (Diskoides Erythem)

9. Literatur

10. Quellen

Stichworte: GK2, Kollagenose, M32, Rheuma

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