Thrombozytopenie
von altgriechisch: θρόμβος ("thrómbos") - Klumpen, κύτος ("kýtos") - Gefäß, πενία ("penía") - Armut, Mangel
Synonym: Thrombopenie
Englisch: thrombocytopenia
Definition
Unter einer Thrombozytopenie versteht man eine verminderte Anzahl (<150.000/µl) von Blutplättchen (Thrombozyten) im Blut.
Das Gegenteil der Thrombozytopenie ist die Thrombozytose.
Ätiologie
Für Thrombozytopenien gibt es ein sehr weites Ursachenspektrum, das man nach verschiedenen Aspekten untergliedern kann. Grob betrachtet kann eine verminderte Bildung, ein vermehrter bzw. zu früher Abbau oder eine falsche Verteilung der Thrombozyten vorliegen.
Bildungsstörungen
- Angeborene Bildungsstörungen (Auswahl)[1]
- Erworbene Bildungsstörungen
- Maligne hämatologische Erkrankungen (z.B. Leukämien)
- Aplastische Anämie
- Knochenmarkschädigung
- Medikamentös bedingt (beispielsweise bei der Gabe von Zytostatika)
- Toxisch bedingt (beispielsweise Bleivergiftung)
- Physikalisch bedingt (beispielsweise Bestrahlung)
- Verdrängung durch Tumormasse
- Substrat- und Faktorenmangel
Verkürzte Lebensdauer
- Antikörperreaktionen
- Gerinnungsaktivierung
- Infektionskrankheiten
- Hypersplenismus
- Mechanische Schädigung der Thrombozyten
- Künstliche Herzklappen
- Verwendung der Herz-Lungen-Maschine
- Dialyse mit extrakorporalem Kreislauf
Verteilungsstörungen
Laborartefakt
Symptome
Mäßig erniedrigte Thrombozytenzahlen werden vom menschlichen Organismus ohne relevante klinische Ausfallserscheinungen toleriert. Erst Werte unter 80.000/µl sind klinisch bedeutsam, wenn keine zusätzliche Thrombozytopathie vorliegt. Bei den betroffenen Patienten kann es bei Verletzungen dann häufiger zu kleineren Hämatomen ("Blaue Flecken"), Nasen- oder Zahnfleischbluten kommen.
Bei Werten zwischen 30.000 und 50.000/µl ist bereits nach geringfügigen Traumen im Bereich der Haut sowie der Schleimhäute der Atemwege und des Gastrointestinaltrakts mit Blutungen zu rechnen. Bei Thrombozytenzahlen zwischen 15.000 und 30.000/µl kommt es zu einer manifesten hämorrhagischen Diathese mit Spontanblutungen in Form von Petechien, Ekchymosen, Hämatomen, Schleimhautblutungen und ungünstigenfalls Hirnblutungen.
Die klinischen Symptome hängen auch davon ab, ob die Thrombozytopenie schnell oder allmählich eingetreten ist.
Diagnostik
Die plasmatische Gerinnung (Suchtests: partielle Thromboplastinzeit (PTT), Quick-Wert) ist bei einer Thrombozytopenie nicht verändert. Die Blutungszeit ist dagegen in der Regel verlängert.
Einen Anhaltspunkt für die Ursache der Thrombozytopenie (verminderte Produktion oder erhöhter Verbrauch) liefern das mittlere Thrombozytenvolumen und der Anteil retikulierter Thrombozyten.
Bei einer unerwarteten oder symptomlosen Thrombzytopenie sollte immer zuerst eine EDTA-Pseudothrombozytopenie ausgeschlossen werden.
Therapie
Die Therapie der Thrombozytopenie richtet sich nach der auslösenden Ursache. Bei einer lebensbedrohenden Verminderung der Thrombozyten können Thrombozytenkonzentrate transfundiert werden (Thrombozytentransfusion). Bei Thrombozytopenie und Anämie sollte auch an die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten gedacht werden, da die Thrombozyten in den Blutgefäßen nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern durch die Erythrozyten an den Rand gedrängt werden. Eine Anhebung der Erythrozytenzahl verbessert daher gleichzeitig die thrombozytäre Blutstillung (primäre Hämostase).
Vor operativen Eingriffen sollte die Thrombozytenzahl auf mindestens 50.000/µl angehoben werden, abhängig von der Größe des Eingriffs auch auf höhere Werte.
Bei einer Thrombozytopenie dürfen keine i.m.-Injektionen vorgenommen werden (Hämatombildung).
Quellen
- ↑ Noris P, Pecci A: Hereditary thrombocytopenias: a growing list of disorders. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2017; 2017 (1): 385–399. Frei zugänglich, abgerufen am 22.10.2021