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Disseminierte intravasale Koagulopathie

(Weitergeleitet von Verbrauchskoagulopathie)

Synonyme: Disseminierte intravasale Gerinnung, DIC–Syndrom, DIG, Defibrinationssyndrom
Englisch: disseminated intravascular coagulation(DIC)

1. Definition

Unter einer disseminierten intravasalen Koagulopathie, kurz DIC, versteht man eine Koagulopathie, die durch eine systemische intravasale Aktivierung der Blutgerinnung entsteht. Sie führt zu einem gesteigerten Verbrauch von plasmatischen Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten mit anschließendem Mangel dieser Komponenten. Deshalb wird die DIC auch als Verbrauchskoagulopathie bezeichnet.

2. Ätiologie

Die Entstehung einer disseminierten intravasalen Koagulopathie kann durch eine Vielzahl von schweren Grunderkrankungen begünstigt werden. Nach den zugrundeliegenden Pathomechanismen sind dabei grundsätzlich drei große Gruppen von Auslösemechanismen zu nennen:

Gängige Auslöser einer disseminierten intravasalen Koagulopathie sind in diesem Sinne:

Eine fulminant verlaufende disseminierte intravasale Koagulopathie ist am ehesten wahrscheinlich bei folgenden Auslösern:

  • Schlangengifte
  • gramnegative Sepsis
  • Schock jeder Art (z.B. Polytrauma)
  • ausgedehnte Nekrosen z.B. bei Pankreatitis und Verbrennung
  • massive Hämolysen
  • geburtshilfliche Komplikationen (Fruchtwasserembolie, Abort etc.)
  • Schwangerschaftskomplikationen (Präeklampsie und Eklampsie)

3. Diagnostik

Die Erkennung einer beginnenden disseminierten intravasalen Koagulopathie erfordert ein tägliches Monitoring der Gerinnungswerte bei Patienten mit Risiken. Nur so kann eine bedarfsgerechte stadienadaptierte Therapie rechtzeitig erfolgen.

Eine eintretende disseminierte intravasale Koagulopathie bewirkt zahlreiche labordiagnostisch verwertbare Veränderungen:

Ein sensitiver Nachweis einer intravasalen Gerinnung erfolgt durch die Bestimmung der Fibrinmonomere. Sind zusätzlich D-Dimere nachweisbar erhöht, besteht bereits eine reaktive Hyperfibrinolyse.

Das Ausmaß und somit den Schweregrad einer Verbrauchskoagulopathie kann man durch Bestimmungen und engmaschige Kontrollen von drei Laborparametern abschätzen:

  • Fibrinogen und Antithrombin III sinken stärker bei hohem Verbrauch
  • Ebenso sinken die Thrombozytenzahlen bei starkem Verbrauch auf mitunter sehr niedrige Werte

Ein Teil der oben genannten Laborparameter ist im DIC-Score zusammengefasst.

Zur Abgrenzung einer systemischen Hyperfibrinolyse eignen sich die Bestimmung von Antithrombin III und der Thrombozytenzahl. Bei Fibrinogenmangel, jedoch normalen Werten für Thrombozyten und Antithrombin III, ist eine Hyperfibrinolyse wahrscheinlich. Zudem sind bei einer systemischen Hyperfibrinolyse keine Fibrinmonomere als Ausdruck einer intravasalen Gerinnung nachweisbar.

4. Differenzialdiagnose

ITP TTP DIC
IgG-Antikörper gegen Thrombozyten Endotheldefekt Überschuss/Aktivierung von Thrombin
INR und PTT normal INR und PTT normal INR und PTT erhöht
Fibrinogen und D-Dimer normal Fibrinogen und D-Dimer normal Fibrinogen erniedrigt, D-Dimer erhöht
weniger symptomatisch stärker symptomatisch stärker symptomatisch

5. Therapie

Grundsätzlich muss die auslösende Ursache der DIC behandelt werden.

5.1. Risikopatienten

Bei Patienten mit Risikofaktoren für eine DIC erfolgt die Gabe von Heparin (z.B. 10.000 IE über Perfusor in 24 Stunden) zur Prophylaxe von Thrombembolien und der Verbrauchskoagulopathie. Die PTT sollte hierunter verlängert sein und kann zu Kontrollen herangezogen werden.

5.2. Manifeste frühe Verbrauchskoagulopathie

In frühen Verbrauchsphasen stehen durch Mikrozirkulationsstörung bedingte, meist reversible Funktionsstörungen der Organe (Leber, Lunge, Niere) im Vordergrund der klinischen Symptomatik. Man spricht auch vom thrombotischen Phänotyp. In dieser Phase erfolgt eine Gabe von Antikoagulanzien (z.B. Heparin, z.B. 800 IE/h, initial auch als Bolus 5.000 IE).

Bei einer bereits bedrohlich absinkenden Thrombozytenzahl muss zwischen dem Risiko einer weiteren Mikrozirkulationsstörung (Thrombosen) und der erhöhten Blutungsneigung (Hämorrhagische Diathese) abgewägt werden. Einige Autoren empfehlen daher, bei niedrigen Thrombozytenzahlen die Heparinisierung moderater zu gestalten, um das Blutungsrisiko durch die Therapie nicht übermäßig zu steigern.

5.3. Schwere Verbrauchskoagulopathie

Bei einem weiteren Abfall der Thrombozytenzahlen und fortschreitender intravasaler Gerinnung stellen sich Schocksymptome an empfindlichen Organen (Schocklunge, Akutes Nierenversagen, Hautnekrosen und Leberinsuffizienz) ein. Häufig kommt es zu einem Abfall der Hämoglobin-Konzentration (Blutbild) und Ausbildung von Fragmentozyten (Blutausstrich). Der Quick-Wert fällt weiter ab, die PTT verlängert sich. Es kann zu einem nahezu absoluten Fibrinogenmangel kommen.

Therapeutisch kommen folgende Maßnahmen zum Einsatz:

  • Therapie mit Antikoagulanzien beenden bei erhöhter Blutungsneigung
  • Gabe von gefrorenem Frischplasma (FFP) bei manifesten Blutungen
  • Gabe von PPSB bei Quick-Werten unterhalb 30 %
  • ggf. Gabe von Fibrinogenkonzentraten
  • Bluttransfusionen bei Anämie, eventuell auch Thrombozytenkonzentrate (bei Absinken der Thrombozyten < 20.000/μl)

Die Verabreichung von Heparin ist bei einer manifesten DIC aufgrund der deutlich erhöhten Blutungsneigung kontraindiziert.

Ein vielversprechender Therapieansatz schien rekombinantes aktiviertes Protein C (Xigris®) als Gerinnungsinhibitor zu sein. Das Präparat wurde aber wegen Blutungskomplikationen und nicht erwiesener Wirksamkeit wieder vom Markt genommen.

Der Einsatz von Antifibrinolytika wie Aprotinin, ε-Aminocapronsäure oder Tranexamsäure wird in einigen Ländern praktiziert, ist jedoch fachlich umstritten und von unbekanntem Nutzen.

6. Prognose

Die Prognose einer Verbrauchskoagulopathie richtet sich entscheidend nach der auslösenden Grunderkrankung und deren therapeutischer Beherrschung und der Überwindung der Komplikationen im Rahmen der Verbrauchskoagulopathie (Akutes Nierenversagen, ARDS etc.)

7. Podcast

FlexTalk - Die Blutgerinnung
FlexTalk - Die Blutgerinnung

8. Bildquelle

  • Bildquelle Podcast: © Midjourney

9. Weblink

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