Fibrinogen
von lateinisch: fibra - Faser; altgriechisch: γένεσις ("genesis") - Geburt, Ursprung
Synonyme: Plasma-Fibrinogen, Faktor I, Gerinnungsfaktor I
Englisch: fibrinogen, factor I
Definition
Fibrinogen ist ein Glykoprotein, das in der Leber produziert wird. Es spielt eine zentrale Rolle in der Blutgerinnung. Fibrinogen ist außerdem ein Blutprodukt, das in Form von Fibrinogenkonzentrat zur Substitution bei Gerinnungsstörungen verwendet werden kann.
Biochemie
Fibrinogen bildet einen hexamerischen Proteinkomplex, der aus je zwei α-, β- und γ-Untereinheiten besteht. Das Molekulargewicht beträgt ca. 340 kDa. Die Untereinheiten sind über Disulfidbrücken miteinander verbunden. Der N-Terminus aller Untereinheiten bildet das Zentrum des Komplexes, die sogenannte E-Domäne, von der die einzelnen Monomere als Coiled-Coil-Struktur wegführen. Die C-Termini an der Außenseite werden D-Domäne genannt. Die vereinfachte Schreibweise lautet "D-coil-E-coil-D".
Fibrinogen kann Heteropolymere mit Fibronectin bilden.
Physiologie
Pro Tag werden in der Leber ca. 1,5 bis 5 g Fibrinogen synthetisiert. Die Halbwertszeit beträgt 3 bis 5 Tage.
Fibrinogen wird unter dem Einfluss von Thrombin proteolytisch gespalten und damit zu Fibrin umgewandelt. Hierbei werden von den α-Ketten zwei Fibrinopeptid-A-Fragmente und von den β-Ketten zwei Fibrinopeptid-B-Fragmente abgespalten.
Aus den Fibrinfäden und den zellulären Elementen des Blutes bildet sich ein Thrombus (Blutpfropf). Hierbei lageren sich die Fibrin-Monomere zunächst zum löslichen Fibrin S (S = soluble) zusammen, durch Einwirkung des Faktor XIII wird dieses zu Fibrin I (I = insoluble) quervernetzt.
Analyse
Fibrinogen ist im Vergleich zu anderen Gerinnungsfaktoren relativ stabil; bei Raumtemperatur ca. 8 Stunden, gekühlt mehrere Tage.
Die Fibrinogenkonzentration im Plasma kann auf unterschiedliche Weise bestimmt werden. Am weitesten verbreitet ist die Methode nach Clauss. Hierbei wird das Patientenplasma verdünnt und mit Thrombin im Überschuss zur Gerinnung gebracht. Die Gerinnungszeit ist umgekehrt proportional zur Fibrinogenkonzentration. Das Reagenz enthält einen Heparin-Inhibitor, sodass auch unter Heparintherapie korrekte Werte erzielt werden.
Außerdem kann Fibrinogen mittels Immunassay bestimmt werden.
Referenzbereich
Der Normalwert von Fibrinogen im Plasma liegt zwischen 200 bis 400 mg/dl. Fibrinogen ist ein Akute-Phase-Protein und kann während der unspezifischen Immunreaktion sehr viel höhere Konzentrationen erreichen.
Aufgrund genetischer Polymorphismen ist der Fibrinogenspiegel beim Menschen individuell sehr unterschiedlich.
Klinik
Bei Fibrinogenkonzentrationen unter 100 mg/dl ist von einem erhöhten Blutungsrisiko auszugehen. Bei Operationen oder schweren Traumen werden deutlich höhere Fibrinogenkonzentrationen angestrebt.
Selten treten Varianten des Fibrinogens als kongenitale Erkrankungen auf. Abhängig von der jeweiligen Mutation können sowohl eine Blutungsneigung als auch ein erhöhtes Thromboserisiko resultieren.
Mit einem hereditären Faktor-I-Mangel assoziierte Krankheitsbilder sind die Hypofibrinogenämie (reduzierte Synthese), die Dysfibrinogenämie (abnorm strukturiertes Fibrinogen) und die Afibrinogenämie (genetisch bedingter Mangel).
Pharmakologie
Bei der medikamentösen Auflösung von Thromben (Thrombolyse) steigt die Konzentration an freiem Plasmin im Plasma. Da Plasmin eine relativ unspezifische Endopeptidase ist, spaltet es in höheren Konzentrationen nicht nur Fibrin, sondern auch dessen Vorgänger Fibrinogen. Dieser Effekt lässt sich beim Einsatz verschiedener Fibrinolytika beobachten, vor allem bei Streptokinase aber auch in abgeschwächter Form bei Urokinase oder Alteplase.
Quellen
Barthels M.: Das Gerinnungskompendium - Thieme Verlag 2013, 2. Auflage. ISBN: 9783131317520
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