Pseudothrombozytopenie
Synonyme: PTP, EDTA-Pseudothrombozytopenie
Definition
Unter einer Pseudothrombozytopenie versteht man eine lediglich im Laborbefund, nicht jedoch beim Patienten verminderte Anzahl von Thrombozyten im Blut.
Ursache
Zur Pseudothrombozytopenie kommt es, wenn nach Blutentnahme die im Hämatologie-Probenröhrchen (EDTA-Blut) vorhandenen Thrombozyten verklumpen. Dies ist ein nicht-immunologischer Prozess, dessen Ätiologie nicht vollständig geklärt ist. Da automatische Zellzähl-Geräte (Hämatologie-Geräte) die Partikel nach Größe sortieren, werden die Thrombozyten nicht korrekt erfasst. Meist werden die Thrombozyten-Aggregate als Leukozyten klassifiziert, so dass die Patienten evtl. eine falsch hohe Leukozytenzahl haben.
Trotz physiologischer Thrombozytenzahl im Blut wird so fälschlicherweise eine Thrombozytopenie diagnostiziert. Der Verdacht auf eine Pseudothrombozytopenie besteht, wenn der Patient keine entsprechenden Symptome oder eine mögliche Grunderkrankung hat. Verdächtig sind auch in kurzem Abstand stark schwankende Thrombozytenzahlen. Da die Aggregation der Thrombozyten in EDTA zeitabhängig ist, sind die Werte um so niedriger, je größer der Abstand zwischen Blutentnahme und Messung ist.
Epidemiologie
Die Häufigkeit der EDTA-Pseudothrombozytopenie in der Allgemeinbevölkerung wird auf 1-3 pro 1.000 geschätzt. In einer großen Studie an über 600.000 ambulanten Patienten wurde bei 12,5% aller Fälle mit einer Thrombozytopenie <100 G/L eine Pseudothrombozytopenie festgestellt ([1]).
Verifizierung
Um den Verdacht einer EDTA-Pseudothrombozytopenie zu erhärten, gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Man nimmt den Patienten mit in das Labor, entnimmt eine EDTA-Blutprobe und analysiert sie sofort. Wenn die Thrombozytenzahl dann normal ist, hat sich der Verdacht bestätigt. Zur weiteren Absicherung kann man eine weitere Messung derselben Blutprobe nach 1 oder 2 Stunden durchführen. Wenn die Thrombozytenzahl dann abgefallen ist, kann man die EDTA-Pseudothrombozytopenie als gesichert betrachten.
- Wenn kein Labor in erreichbarer Nähe ist, kann man eine Thrombozytenzählung in speziellen Probenröhrchen veranlassen. Diese enthalten Antikoagulantien und Stabilisatoren, bei denen keine Aggregation der Thrombozyten auftritt (z. B. "Thromboexact", Fa. Sarstedt, "Blutentnahme PTP", Fa. Kabe Labortechnik). Hier würden bei einer EDTA-Pseudothrombozytopenie höhere Werte als in EDTA-Blut gemessen. Falls diese Probenröhrchen nicht verfügbar sind, kann hilfsweise Citratblut (Gerinnungsröhrchen) verwendet werden. Die Methode ist nicht so sicher, weil auch in Citratblut Thrombozytenaggregate auftreten können. Außerdem muss die Verdünnung der Blutprobe mit Citrat (9:1) berücksichtigt werden.
- Die Thrombozytenaggregate lassen sich auch durch Mikroskopieren eines Blutausstriches nachweisen. Dann hat man allerdings immer noch keine verlässliche Thrombozytenzahl.
Verlauf
Die EDTA-Pseudothrombozytopenie ist ein intraindividuelles Phänomen. Wenn sie bei einem Patienten festgestellt wurde, sind Thrombozytenzählungen bei diesem Patienten grundsätzlich unzuverlässig. Wenn eine EDTA-Pseudothrombozytopenie ausgeschlossen wurde, d.h. es liegt tatsächlich eine Thrombozytopenie vor, muss bei weiteren Messungen kein besonderes Probenmaterial verwendet werden.
Bei Feststellung einer EDTA-Pseudothrombozytopenie ist es wichtig, den Patienten vor nicht indizierten therapeutischen Maßnahmen zu schützen, z.B. durch sorgfältige Aufklärung oder Ausstellung eines Notfallausweises.
Quellen
- ↑ Froom P, Barak M: Prevalence and course of pseudothrombocytopenia in outpatients. Clin Chem Lab Med 2011;49(1):111–114
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