Perikarderguss
Synonym: Herzbeutelerguss
Englisch: pericardial effusion
Definition
Ein Perikarderguss ist eine pathologische Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel bzw. zwischen der Lamina parietalis und der Lamina visceralis (Epikard) des Perikards.
ICD10-Code
- I30.-: Akute Perikarditis incl. akuter Perikarderguss
- I31.3: Perikarderguss (nichtentzündlich) incl. Chyloperikard.
Ätiologie
Die Ursachen für einen Perikarderguss können vielfältig sein. In ca. 50 % der Fälle bleibt die Ursache unklar (idiopathisch). Die Ätiologie unterscheidet sich je nach Zusammensetzung des Perikardergusses:
Form | Ursachen |
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Blutiger Erguss (Hämatoperikard) |
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Seröses Exsudat |
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Seröses Transsudat | |
Lymphe (Chyloperikard) |
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Pathophysiologie
Die Volumenzunahme im Herzbeutel führt zu einer diastolischen Ventrikelkompression, insbesondere des rechten Herzens. Die zunehmende Reduktion des Herzminutenvolumens birgt das Risiko eines kardiogenen Schocks. Diese sogenannte Perikardtamponade stellt die wichtigste Komplikation des Perikardergusses dar. Je schneller sich der Erguss bildet, desto höher ist das Risiko einer Tamponierung. So können bei rascher Entwicklung schon kleinere Mengen ab ca. 150 ml zu hämodynamischen Auswirkungen führen.
Des Weiteren kann ein Perikarderguss zur Kompression der Koronararterien und somit zur Minderperfusion des Myokards führen. Da der physiologisch leicht erniedrigte diastolische Blutstrom zum Herzen während der Inspiration durch den beim Perikarderguss erhöhten intraperikardialen Druck zusätzlich reduziert wird, schwankt das Schlagvolumen atemabhängig stark. Dieses Phänomen wird in Form eines Pulsus paradoxus erkennbar.
Symptome
Kleinere Perikardergüsse bleiben häufig asymptomatisch. In anderen Fällen zeigen sich folgende Symptome:
- retrosternale Schmerzen bzw. Engegefühl (v.a. im Liegen und beim Einatmen)
- allgemeine Schwäche
- Oberbauchschmerzen bei Hepatomegalie und Stauungszirrhose (Cirrhose cardiaque)
- Aszites
- Tachypnoe, Dyspnoe
- Hypotonie
- Sinustachykardie, Palpitationen
- Dysphagie (Kompression des Ösophagus)
- Heiserkeit (Kompression des Nervus laryngeus recurrens)
- Schluckauf (Kompression des Nervus phrenicus)
- Husten (Kompression von Trachea bzw. Bronchien)
Je nach Ursache kommen z.B. weitere Symptome hinzu, z.B. Fieber bei infektiöser Perikarditis.
Bei einem akuten Erguss bzw. einer Herztamponade finden sich folgende Zeichen:
- Hypotonie
- Tachykardie
- obere Einflussstauung (z.B. Stauung der Jugularvenen)
- Blässe (periphere Vasokonstriktion)
- Dyspnoe, Tachypnoe
- kardiogener Schock
- Asystolie
- vegetative Begleitsymptomatik: Schwitzen, Unruhe
Diagnostik
Körperliche Untersuchung
Die Beck-Trias beschreibt die Kardinalsymptome der Perikardtamponade:
- arterielle Hypotension
- Erhöhung des zentralvenösen Drucks (ZVD): z.B. sichtbare Halsvenenstauung, dilatierte Zungengrundvenen
- abgeschwächte Herztöne bei der kardialen Auskultation
Eine vorbestehende Hypovolämie kann zu einer nur mäßigen ZVD-Erhöhung führen und die klassische Symptomatik verschleiern.
Elektrokardiogramm
Im Elektrokardiogramm (EKG) ist eine Niedervoltage erkennbar. Ein elektrischer Alternans bei Sinustachykardie ist ein typischer Befund des Perikardergusses. Bei starker Tamponierung finden sich Zeichen einer Myokardischämie (ST-Hebung, T-Negativierung).
Echokardiographie
Als diagnostische Methode der Wahl eignet sich die transthorakale Echokardiographie. Der Erguss stellt sich als echofreie Zone zwischen Perikard und Epikard dar. Bei Pyo- oder Hämatoperikard können Binnenechos sichtbar sein. Die Echokardiographie ermöglicht den Nachweis eines Perikardergusses bereits ab einem Ergussvolumen von 50 ml. In den meisten Fällen befindet sich der Erguss retrokardial, mit zunehmender Menge auch präkordial.
Die Echokardiographie ermöglicht außerdem die Beurteilung der hämodynamischen Relevanz:
- Kollaps des rechten Vorhofs in der späten Diastole (Frühzeichen der Tamponierung)
- Kollaps des rechten Ventrikels in der frühen Diastole (Spätzeichen)
- Swinging-Heart-Phänomen bei hoher Ergussmenge
- reduzierte Ejektionsfraktion
- verminderte und abnormale Wandbewegungen
- eingeschränkte Atemvariabilität der Vena cava inferior
Weitere bildgebende Verfahren
Im konventionellen Röntgen-Thorax finden sich typischerweise eine Verstreichung der Herztaille und eine verbreiterte Herzsilhouette bis hin zur Bocksbeutelform. Diese Methode erlaubt jedoch weder eine Differenzierung zwischen Erguss und Kardiomegalie, noch eine Beurteilung der hämodynamischen Relevanz.
In der Computertomographie (CT) können atypische Ergüsse leichter lokalisiert werden und ein hämorrhagischer von einem serösen Erguss unterschieden werden. Des Weiteren ermöglicht die CT eine Mitbeurteilung der umgebenden Strukturen (z.B. bei malignen Ergüssen).
Labordiagnostik
Die Labordiagnostik erbringt ggf. Hinweise auf die zugrundeliegende Ursache, z.B.:
- CRP-Erhöhung bei bakterieller Genese
- Erhöhte Nierenwerte bei Urämie
- Antikörperdiagnostik bei Verdacht auf eine autoimmune Perikarditis
Perikardpunktion
Eine primär diagnostische Perikardpunktion ist nur in Ausnahmefällen unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung indiziert. Wird jedoch eine therapeutische Punktion durchgeführt, sollte immer eine Materialasservierung zu Diagnostik erfolgen.
Die Analyse des Punktats schließt folgende Aspekte mit ein:
- Makroskopische Beurteilung: z.B. Blut, Exsudat, Lymphe
- Mikrobiologische Untersuchung (z.B. bakterielle Kultur)
- Molekularbiologische Untersuchung (z.B. PCR-Analyse bei viraler Perikarditis)
- Bestimmung der Zellzahl
- Untersuchung auf maligne Zellen
Therapie
Die kausale Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache. Eine therapeutische Perikardpunktion ist indiziert bei:
- Symptomen und fehlender Besserung durch konservative Therapie
- Perikardtamponade
Bei malignem Perikarderguss kann im Rahmen der Perikardpunktion auch Bleomycin instilliert werden. Eine Punktion darf nicht durchgeführt werden, wenn eine Ventrikelruptur nach Myokardinfarkt oder Aortendissektion vorliegt, außer im Falle einer Tamponade bzw. eines kardiogenen Schocks. Statt Punktion sollte eine notfallmäßige operative Blutstillung erfolgen.
Eine Perikardektomie ist v.a. bei konstriktiver Perikarditis zur Prävention einer Tamponade indiziert. Eine Perikardfensterung kann bei rezidivierenden malignen Ergüssen erwogen werden.
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