Medikamenteninduzierter Lupus erythematodes
Synonyme: Pseudo-Lupus-erythematodes-Syndrom, Arzneimittelinduzierter SLE
Englisch: drug induced lupus erythematosus(DIL, DILE)
Definition
Als Medikamenteninduzierter Lupus erythematodes, kurz DIL, bezeichnet man eine Autoimmunerkrankung, die von bestimmten Medikamenten ausgelöst werden kann und sich nach Absetzen des Präparates zurückbildet.
Einteilung
Ähnlich wie beim idiopathischen Lupus erythematodes kann der DIL in folgende Formen unterteilt werden:
- systemischer DIL (medikamenteninduzierter SLE)
- subakut-kutaner DIL (medikamenteninduzierter SCLE)
- chronischer-kutaner DIL (medikamenteninduzierter CCLE)
Epidemiologie
Der DRL tritt geschlechtsunabhängig, vor allem im höheren Lebensalter auf. Eine erhöhte Inzidenz besteht bei Patienten mit HLA-DR4 und Langsam-Acetylierern.
Ätiopathogenese
Viele verschiedene Medikamente, die in der Leber durch N-Acetylierung metabolisiert werden, können einen DIL verursachen. Dabei handelt es sich um eine idiosynkratische Reaktion, die meist erst Monate oder Jahre nach Medikamentenexposition entsteht und sich innerhalb von Wochen nach Absetzen zurückbildet.
Die genaue Pathogenese für die Entstehung des DIL ist ungeklärt. Die verursachenden Medikamente haben keine bestimmte pharmakologische Eigenschaft oder chemische Struktur gemeinsam, die man dafür verantwortlich machen könnte. Zu den wichtigsten Medikamenten zählen:[1]
Systemischer DIL
Auslöser
Bisher stehen über 80 Präparate in Zusammenhang mit dem systemischen DIL. Zu den wichtigsten auslösenden Medikamente gehören u.a.:
- Hydralazin
- Procainamid
- Isoniazid
- Methyldopa
- Chinidin
- Minocyclin
- Chlorpromazin
- Sulfadiazin
Klinik
Der systemische DIL ähnelt gewöhnlich einer milderen Form des systemischen Lupus erythematodes (SLE). Er ist gekennzeichnet durch Arthralgie, Myalgie, Fieber, Pleuritis und Perikarditis. Das zentrale Nervensystem und die Nieren sind i.d.R. nicht betroffen. Eine Hautbeteiligung ist weniger häufig und schwer im Vergleich zum SLE und äußert sich z.B. durch Photosensitivität, Purpura und Erythema nodosum. Weiterhin kann eine Urtikaria-Vaskulitis, eine Livedo reticularis sowie Ulzera auftreten.
Labor
Typische Laborbefunde umfassen:
- leichte Zytopenie
- erhöhte ESR
- ANA mit homogenem Muster
- Anti-Histon-Antikörper: Sensitivität 67 %, Spezifität 95 %
- selten Anti-dsDNA-Antikörper und ENA
Subakut-kutaner DIL
Auslöser
Der subakut-kutane DIL tritt meist nach Einnahme von folgenden Medikamenten auf:
- Thiaziddiuretika (z.B. Hydrochlorothiazid)
- Kalziumkanalblocker (z.B. Diltiazem, Verapamil, Nifedipin)
- Antimykotika: Terbinafin, Griseofulvin
- Betablocker: Acebutolol
- ACE-Hemmer
- Antihistaminika: z.B. Ranitidin
- Leflunomid
- Interferon-alpha
- Antiepileptika: z.B. Phenytoin
- Statine
- TNF-Hemmer
- Protonenpumpenhemmer
- Taxane: z.B. Paclitaxel, Docetaxel
- NSAR: Piroxicam, Naproxen
Klinik
Der subakut-kutane DIL ist die häufigste Form des DIL und ähnelt klinisch, histopathologisch und immunologisch dem idiopathischen subakut kutanen Lupus erythematodes (SCLE). Leitsymptom sind symmetrische, nicht vernarbende, ringförmige, polyzyklische oder papulosquamöse Herde an lichtexponierten Stellen.
Beim medikamenteninduzierten SCLE finden sich mehr begrenzte Hautläsionen, die Beine sind eher betroffen und zeigen vaskulitische Hautläsionen. Weiterhin sind Schmetterlingserythem, bullöse Läsionen und Erythema multiforme-ähnliche Veränderungen häufiger anzutreffen. Eine systemische Beteiligung ist sehr selten.
Labor
Typische Laborbefunde sind:
- ANA
- SSA(Ro)-Antikörper und/oder SSB(La)-Antikörper
- Anti-Histon-Antikörper
Chronisch-kutaner DIL
Der chronisch-kutane DIL kommt selten vor und ist meist auf 5-Fluoruracil und NSAR zurückzuführen. Einige Fälle durch Pantoprazol und TNF-Hemmer sind beschrieben. Die Patienten zeigen diskoide Hautläsionen in lichtempfindlichen Bereichen.
Beim Lupus erythematodes tumidus (LET) handelt es sich um eine seltene Sonderform mit einzelnen, z.T. multiplen erythematösen, verhärtenden, urtikariellen Plaques mit glatter, nicht schuppender Oberfläche. Seltene Fälle sind medikamenteninduziert, z.B. nach Einnahme von TNF-Hemmern (Infliximab, Adalimumab), ACE-Hemmern oder Bortezomib.
Differenzialdiagnostik
Differenzialdiagnostisch muss insbesondere ein idiopathischer SLE abgegrenzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Medikamente auch bei einem zugrundeliegendem SLE die Symptome verschlechtern können, jedoch meist mit nur kurzer Latenzzeit. Weiterhin persistieren bzw. rezidivieren die Symptome nach Absetzen des Präparats.
Therapie
Bei Patienten mit stärkeren Beschwerden sollten die entsprechenden Medikamente, insofern diese als Auslöser identifizierbar sind, abgesetzt werden. In schweren bzw. refraktären Fällen sind systemische Glukokortikoide zu erwägen. Einige Patienten benötigen außerdem eine immunsuppressive Therapie (z.B. mit Azathioprin, Cyclophosphamid, Methotrexat oder Mycophenolat).
Bei DIL unter TNF-Hemmer-Therapie muss das Medikament nicht abgesetzt werden, wenn das klinische Erscheinungsbild gering ausgeprägt ist und gut toleriert wird.
Prognose
Die Prognose ist gut. Wenn das entsprechende DIL-verursachende Medikament erkannt und abgesetzt wird, kommt es rasch zu einem vollständigen Rückgang der Symptome.
Quellen
- ↑ Vedove CD et al. Drug-induced lupus erythematosus with emphasis on skin manifestations and the role of anti-TNFα agents, J Dtsch Dermatol Ges. 2012 Dec; 10(12): 889–897, abgerufen am 26.08.2020